Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe K.d.ö.R. ist ein Zusammenschluss von jüdischen Gemeinden in den Landesteilen Westfalen und Lippe des Landes Nordrhein-Westfalen und zählt ca. 5965 Mitglieder (Stand: 2021). Die größte Gemeinde ist die in Dortmund. Aus dieser kommt der Vorsitzende des Landesverbandes, Zwi Rappoport.
Eine Übersicht über die einzelnen Gemeinden gibt die Navigationsleiste Jüdische Gemeinden im Landesverband Westfalen-Lippe in der Fußzeile dieses Artikels.
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe ist – gemeinsam und gleichberechtigt mit der Synagogen-Gemeinde Köln und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein – Vertragspartner des Staatsvertrags vom 8. Juni 1993 zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen.[2] Nach diesem Vertrag erhält der Landesverband 25 Prozent der vertraglich festgelegten staatlichen Zahlungen; er muss diese Gelder auch an andere jüdische Gemeinden in seinem Verbandsgebiet weiterreichen.
Geschichte
Laut Siegfried Heimberg[3] wurden nach dem Zweiten Weltkrieg alle jüdische Personen in Westfalen in Gemeinden erfasst. 1945 gab es noch 18 jüdische Gemeinden. Nach der Zusammenlegung kleinerer Gemeinden verblieben noch zehn Gemeinden, die alle zum Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen gehörten. Im Januar 1946 bildeten die jüdischen Gemeinden in Bielefeld, Bochum-Herne-Hattingen, Dortmund, Gelsenkirchen, Hagen, Herford-Detmold, Minden, Münster, Paderborn und Recklinghausen einen Landesverband, mit Siegfried Heimberg, Max Rosenbaum und Kurt Neuwald aus Gelsenkirchen als Vorstandsmitgliedern. Nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 und einem neuen amerikanischen Einwanderungsgesetz im Juni 1948 wanderten bis 1949 viele aus dem „Land der Täter“ aus. Selbst viele derjenigen, die letztlich in Deutschland blieben, rechtfertigten ihr Bleiben als vermeintlich vorläufig und sprachen von einem „Leben auf gepackten Koffern“.[4]
1989 gehörten den Gemeinden des Landesverbands Westfalen-Lippe lediglich 745 Personen an. Aufgrund des Zuzugs von Juden aus den GUS-Staaten nach dem Zerfall der Sowjetunion gab es 1997 fast 5000 Mitglieder in den neun jüdischen Gemeinden Westfalens. Besonders großen Zuwachs verzeichneten die Gemeinden in Recklinghausen und in Dortmund. So wuchs die jüdische Gemeinde Dortmund von 1989 bis 1997 von 300 auf 2763 Mitglieder. Die jüdische Gemeinde Recklinghausen wuchs im selben Zeitraum von kaum 100 auf über 1000 Mitglieder, so dass die Bochumer Gemeinde sich verselbständigte.[5]
Jüdische Gemeinden und Institutionen in Westfalen 1962 – Landesverband der jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen:[6]
Siegfried Heimberg Dr. Fritz Klestadt Gustav Steinweg Sally Studzinski
Dortmund, Prinz-Friedrich-Karl-Str. 9
Jüdische Kultusgemeinde Gelsenkirchen
113
Kurt Neuwald Louis Salomon Sally Braun Adolf Isenberg Siegfried Josef
Gelsenkirchen, Von-der-Recke-Straße 9
Jüdische Kultusgemeinde Hagen
84
Richard Hirschfeld Max Blecher
Hagen, Potthofstr. 16
Jüdische Kultusgemeinde Herford
26
Herbert Heinemann Jakob Butter
Herford, Hansastr. 57
Jüdische Kultusgemeinde Minden
44
Emil Samuel Max Ingberg
Minden, Kampstr. 6
Jüdische Kultusgemeinde Münster
141
Siegfried Goldenberg Hugo Spiegel Hermann Flath Rabb. Dr. Bernhard Brilling Siegbert Lewin Siegmund Spiegel Josef Rybak
Münster, Klosterstr. 8/9
Jüdische Kultusgemeinde Paderborn
55
Fritz Goldstein
Paderborn, Theodorstr. 27
Zahl der Juden in Westfalen im Jahre 1962
1.161
Zahl der Juden in Westfalen im Jahre 1932
21.595
Gemeinde
1821
1989
1991
1997
2008
2013
Bielefeld
184
23
26
31
282
284
Dortmund
371
337
412
2.763
3.238
3.026
Gelsenkirchen
79
80
282
410
378
Hagen
132
38
53
217
311
288
Herford
112
23
23
68
106
104
Minden
278
43
45
64
81
81
Münster
81
101
126
396
790
722
Paderborn
270
35
36
51
63
52
Recklinghausen
121
66
84
1.126
606
571
Bochum
1.168
1.077
Gesamt
11.142
745
885
4.998
7.055
6.583
Jahre
Regierungsbezirk Münster
Regierungsbezirk Minden
Regierungsbezirk Arnsberg
Provinz Westfalen
1825
2 611
4 667
3 864
11 142
1925
4 315
3 890
13 380
21 595
Die Kreise Westfalens mit ihrer jüdische Bevölkerung im Jahr 1821[7]
Regierungsbezirk Münster
Gesamtbevölkerung
Jüdische Bevölkerung 1821
Ahaus
35 237
225
Beckum
30 813
330
Borken
36 647
386
Coesfeld
37 233
297
Lüdinghausen
31 300
236
Münster-Land
30 346
120
Münster-Stadt
16 287
81
Recklinghausen
39 645
121
Steinfurt
36 839
350
Tecklenburg
37 853
198
Warendorf
32 204
131
Regierungsbezirk Minden
Gesamtbevölkerung
Jüdische Bevölkerung 1821
Bielefeld
31 443
184
Brakel
21 138
437
Bünde
36 730
166
Büren
28 587
414
Halle
26 825
205
Herford
23 719
112
Höxter
21 231
533
Minden
43 759
278
Paderborn
28 184
270
Rahden
32 399
217
Warburg
28 315
1.125
Wiedenbrück
31 833
374
Regierungsbezirk Arnsberg
Gesamtbevölkerung
Jüdische Bevölkerung 1821
Altena
27 492
126
Arnsberg
20 360
140
Bochum
29 642
228
Brilon
29 970
650
Dortmund
31 947
371
Hagen
44 446
132
Hamm
32 228
164
Iserlohn
25 727
344
Lippstadt
25 758
534
Meschede
22 634
205
Olpe
24 010
33
Siegen
34 676
14
Soest
34 541
349
Wittgenstein
16 931
281
Literatur
Arno Herzig: Judentum und Emanzipation in Westfalen (Veröffentlichungen des Provinzialinstituts für westfälische Landes- und Völkerkunde, herausgegeben Alfred Hartlieb von Wallthor, Reihe 1: Wirtschafts- und verkehrswissenschaftliche Arbeiten, Heft 17). Aschendorff, Münster 1973, ISBN 3-402-05874-X.
Kirsten Menneken, Andrea Zupancic (Hrsg.): Jüdisches Leben in Westfalen. Klartext, Essen 1998, ISBN 3-88474-689-8.