Es besitzt heute noch eine installierte elektrische Leistung von 830 MW. Neben Strom produziert der Standort Fernwärme und Dampf für Industrie und Haushalte. Die bereitgestellte elektrische Energie wird in benachbarte Betriebe sowie ins Netz von Amprion eingespeist.
Im Vollbetrieb war das Kraftwerk mit einer Gesamtleistung von 3.406 MW neben dem Kraftwerk Boxberg das leistungsstärkste deutsche Kraftwerk und galt als eines der leistungsstärksten Steinkohlekraftwerke Europas. Es bestand aus 5 Steinkohleblöcken, einem Steinkohlebefeuerten Fernwärmekraftwerk sowie zwei mit schwerem Heizöl befeuerten Kraftwerksblöcken. Die beiden ölbefeuerten Blöcke wurden 2001 und 2003 stillgelegt und sind mittlerweile zurückgebaut. Drei Steinkohleblöcke (D, E und F) wurden 2014 stillgelegt.[1]
Die verbliebenen Blöcke B, C, Fernwärmekraftwerk und Dampfwerk emittierten 2022 3,1 Millionen Tonnen CO2.[2]
2023 wurde das Fernwärmekraftwerk stillgelegt.
Die Stilllegung von Scholven B wurde am 20. Mai 2022 von der Bundesnetzagentur für den 30. November 2024 angeordnet[3], was im Widerspruch zur Feststellung der Systemrelevanz steht. Die Blöcke B und C wurden auf Antrag des Übertragungsnetzbetreibers Amprion GmbH bis 31. März 2031 als systemrelevant ausgewiesen.[4] Als Folge daraus darf der Betreiber das Kraftwerk nicht mehr kommerziell einsetzen. Ein Einsatz erfolgt nur auf Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers wenn dies für einen stabilen Netzbetrieb notwendig ist.[5] Die Anzahl der Betriebsstunden wird daher wesentlich geringer sein als zu Zeiten des kommerziellen Betriebs.
Zukünftig soll das Kraftwerk von Kohle auf Erdgas umgestellt werden, wobei als erstes ein in Kraft-Wärme-Kopplung betriebener GuD-Kraftwerksblock gebaut und 2024 in Betrieb genommen wurde. Diese GuD-Anlage mit der Bezeichnung Scholven 1 hat eine Kapazität von 140 MWel und 3× 100 t/h Frischdampf. Es können bis zu 170 MWth Fernwärme ausgekoppelt werden. Sie besteht aus zwei Gasturbinen mit Abhitzedapmfkessel, einer Dampfturbine.[6]
Die 302 Meter hohen Schornsteine, die zu den höchsten in Deutschland gehören, bilden zusammen mit den fünf noch existierenden Kühltürmen eine beeindruckende Industriekulisse. Daher wurde das Kraftwerksgelände und die benachbarte Halde Oberscholven Schauplatz im Tatort Die Kugel im Leib von 1979.
Früher verfügte das Kraftwerk über insgesamt fünf Schornsteine, davon war einer baugleich zum südlichen Schornstein; ein weiterer, von geringerer Höhe als die noch existierenden drei, war allein dem Block F zugeordnet. Diese wurden 1992/93 aufgrund der Umstrukturierung der Rauchgasentschwefelungsanlagen zurückgebaut und die Turmstümpfe, die auf aktuellen Luftbildern noch erkennbar sind, umgenutzt.
Die zwei nördlich stehenden Kühltürme wurden am 10. August 2008 gesprengt, da sie nach der Außerdienststellung der ölgefeuerten Blöcke G und H nicht weiter genutzt werden konnten.
Das 67 m hohe und 43 m breite Kesselhaus im Block G wurde am 17. Januar 2010 gesprengt.[7] Damit ist der Rückbau der Blöcke G und H weitgehend abgeschlossen.
Eine Besonderheit ist, dass der nördlichere der beiden Schornsteine auch als Hochspannungsmast dient.
Geschichte
Hervorgegangen ist das Kraftwerk aus einem Betrieb zur Deckung des Eigenbedarfes an Strom und Dampf der Zeche Scholven. Daraus entwickelte sich ein leistungsstarkes Großkraftwerk. In den Jahren 1968 bis 1971 gingen die nahezu baugleichen Steinkohlekraftwerk-Blöcke B–E in Betrieb, 1974 und 1975 folgten die baugleichen Ölkraftwerk-Blöcke G und H (50 % Anteil RWE Power), 1979 der Block F und Ende 1985 das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK). Der Block G wurde im Sommer 2001, der Block H im Sommer 2003 endgültig stillgelegt. Der Rückbau der beiden Blöcke hatte Ende 2007 begonnen. Die Sprengung der beiden Kühltürme fand am 10. August 2008 um 12:17 Uhr statt.
Die Blöcke D bis F wurden Ende Dezember 2014 stillgelegt; die verbliebenen drei Blöcke B, C und FWK sollten ursprünglich Ende 2022 vom Netz gehen.[8] Das FWK ist mittlerweile stillgelegt, die Blöcke B und C sind bis 31. März 2031 als systemrelevant eingestuft und dürfen daher nicht stillgelegt werden, sondern müssen für den Übertragungsnetzbetreiber zur Verfügung gehalten werden.[9]
Das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK) mit einer elektrischen Leistung von 70 Megawatt wurde am 30. März 2023 auf Grundlage des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes abgeschaltet.[10]
Am 6. April 2024 blockierten 100 Menschen in einer Aktion von Ende Gelände die Zufahrten zum Kraftwerk. Sie protestierten damit gegen die Kohleverstromung und den Import von Steinkohle, insbesondere aus Kolumbien. Die Polizei löste die Blockade bis zum Abend auf.[11][12]
Der Anschluss ans Übertragungsnetz von Amprion erfolgt bei den Blöcken B–E auf der 220-kV-Höchstspannungsebene, wobei der Kamin Scholven B als Träger der vom Block D abgehenden Leitung dient und beim Block F auf der 380-kV-Ebene.[10]
Übersicht über die vom Kraftwerk Scholven abgehenden Hochspannungsleitungen, erstellt mit Daten von Openstreetmap
Startpunkt
Spannung
Leitertyp
Endpunkt
Bemerkungen
Kraftwerk Scholven, Block B
380 kV
Viererbündel
Kusenhorst
gemeinsame Verlegung mit Leitung von D und E bis Polsum, ab Polsum gemeinsame Verlegung mit Leitung von Block F
Kraftwerk Scholven, Block C
220 kV
Zweierbündel
Bellendorf
durchgängig eigene Trasse
Kraftwerk Scholven, Block D
220 kV
Vierer-/Zweierbündel
Kusenhorst
Nutzung des Kamins für die Blöcke B,C,D und E als Abspannmst, gemeinsame Verlegung mit Leitung von B und E bis Polsum
Kraftwerk Scholven, Block E
220 kV
Zweierbündel
Bergmannsglück
gemeinsame Verlegung mit Leitung von B und D bis Polsum
Kraftwerk Scholven, Block F
380 kV
Viererbündel
Kusenhorst
eigene Trasse mit ungenutzten Stromkreis bis Polsum, ab Polsum gemeinsame Verlegung mit Leitung von Block B
Außerdem stehen angesichts des Klimawandels die CO2-Emissionen des Kraftwerkes in der Kritik von Umweltverbänden.[19][20]
Die Europäische Umweltagentur hat 2011 die Kosten der Umwelt- und Gesundheitsschäden der 28.000 größten Industrieanlagen in Europa anhand der im PRTR gemeldeten Emissionsdaten mit den wissenschaftlichen Methoden der Europäischen Kommission abgeschätzt.[21] Danach liegt das Kraftwerk Scholven auf Rang 56 der Schadenskosten aller europäischen Industrieanlagen.[22]
Seitdem sind die Emissionen durch geringeren Einsatz und Stilllegungen stark gesunken. So war 2022 der Kohkendioxidaustoss nur noch ca. ein Viertel so hoch wie 2007.
Das Kraftwerk Scholven meldete folgende Emissionen im europäischen Schadstoffregister PRTR:
↑Cost Benefit Analysis for air pollution policies. Kosten-Nutzen-Analyse zur Luftreinhaltepolitik. In: ec.europa.eu. Clean Air for Europe (CAFE) Programm, Europäische Kommission. Abgerufen am 13. Juni 2023.