Anfang des 15. Jahrhunderts fassten die Brüder Konrad und Hans Kuchler, Inhaber der Herrschaften Friedburg und Mattighofen, den Entschluss, beim Aussterben des Kuchler'schen Mannesstammes bei ihrer Familiengrablege in Mattighofen ein Kollegiatstift mit einem Dechant und zunächst vier Chorherren zu errichten. Die erste Gottesdienststiftung erfolgte 1432, doch verstarb Konrad Kuchler wenig später.[1] Da keine Erben vorhanden waren, wurde der Plan von seinem Bruder Hans und dessen Frau Katharina von Kraig in die Tat umgesetzt.
Am 29. November 1438 unterzeichnete der Bischof von Passau, Leonhard von Laiming, den Stiftungsbrief. Das Kollegium bestand aus acht weltlichen Chorherren, allesamt Priester, die unter der Leitung eines Dechanten standen. Zum ersten Dechanten Mattighofens wurde Friedrich Peterlechner (1439–1457) ernannt, der damalige Kanonikus von Mattsee und Pfarrer von Pischelsdorf. Für die Ordnung und Besetzung des Kollegiums war anfänglich das Kollegiatstift Spital am Phyrn verantwortlich. Diese Stiftung in Mattighofen wurde unter anderem von den Päpsten Nikolaus V. und Pius II. bestätigt. Nach dem Aussterben der Kuchler ging die weltliche Oberaufsicht über das Kollegium in Mattighofen an die Wittelsbacher als Herzöge von Niederbayern in Landshut.
Reformationszeit
Durch zum Teil unfähige Leitung kam es jedoch bald zu einem Niedergang des Kollegiatstifts Mattighofen und Besitzungen, die man von den Gründern geerbt hatte, mussten veräußert werden. In der Reformationszeit wurden für das Kollegiatstift Mattighofen überhaupt keine neuen Kanoniker mehr ernannt und die Anlage sollte in ein Jesuitenkonvent umgewandelt werden.
Kurfürst Maximilian Emanuel von Bayern, unter dessen Oberaufsicht das Stift stand, holte sich daraufhin von Papst Innozenz XI. und dem Fürstbischof von Passau, Johann Philipp von Lamberg, die Genehmigung, das Stift zu einer Propstei umzuwandeln. Im Jahre 1685 wurde mit Johann Friedrich Ignaz Graf von Preysing der erste Stiftspropst mit Ring und Kapitelkreuz am Bande feierlich investiert.
Propstei ab 1685
Nach der Ernennung des ersten Stiftspropstes von Mattighofen im Jahre 1685 gab es in Mattighofen zwar wieder Säkularkanoniker, doch konnte auch die neue Organisationsform nicht dauerhaft den Bestand einer Priestergemeinschaft in Mattighofen sichern.
Durch den Frieden von Teschen im Jahre 1779 kamen das Kollegiatstift und der Markt Mattighofen als Teil des Innviertels zu Österreich, 1784 wurde das Gebiet vom Fürstbistum Passau getrennt und der Diözese Linz unterstellt.
Im Jahre 1864 verlieh Papst Pius IX. den Stiftspröpsten das Recht zum Gebrauch der Pontifikalien, doch unterschied sich das tägliche Leben der meisten Pröpste von Mattighofen auch in der Folgezeit – eben mangels einer größeren vor Ort ansässigen geistlichen Gemeinschaft – kaum von der Tätigkeit eines Pfarrers in einer normalen Pfarre.
1983 wurde Walter Plettenbauer zum Pfarrer von Mattighofen und Stiftspropst ernannt, doch lebte auch er allein in den Stiftsgebäuden und das Kollegiatstift bestand zu dieser Zeit nur mehr kirchenrechtlich.
Erneuerung 2008
2008 erhielt das Kollegiatstift Mattighofen durch den Bischof von LinzLudwig Schwarz ein neues Statut. Dem Stiftskapitel gehören jetzt 10 Kanoniker an: der Propst, fünf Kapitularkanoniker und vier Ehrenkanoniker.
Am 31. Oktober 2008 fand unter der Leitung von Bischof Ludwig Schwarz ein Pontifikalamt statt, in dem zusätzlich zu Stiftspropst Walter Plettenbauer die ersten beiden neuen Kapitularkanoniker und Walter Brugger, der seine Dissertation über das Stift geschrieben hatte, zum ersten neuen Ehrenkanonikus ernannt wurden.
Bauliche Anlage
Die baulichen Anlagen des Kollegiatstifts Mattighofen entstanden zwischen 1440 und 1450.[2] Sie umfassen die Stifts- und Propsteipfarrkirche einerseits sowie das Propsteigebäude mit dem heutigen Pfarrhof andererseits, die westlich an die Kirche angebaut sind und heute die Hausnummern Stadtplatz 2 und Römerstraße 12 tragen. Als Verbindungsglied zwischen der Kirche und der Behausung der Stiftsbewohner diente ursprünglich ein Kreuzgang.[3] Die erwähnten beiden Gebäude westlich der Kirche sind durch einen zweistöckigen Übergang miteinander verbunden, welcher die Römerstraße überspannt. Die Bauten des Kollegiatstifts stehen unter Denkmalschutz.
Unter dem Propsteigebäude ist ein Raum aus der Gründungszeit des Stiftes erhalten, welcher durch sein schönes gotisches Gewölbe besticht und im Volksmund „Krypta“ genannt wird.
Der ursprüngliche Verwendungszweck dieses Gewölbes ist unbekannt, es wird aber davon ausgegangen, dass es sich entweder um ein Dormitorium oder Refektorium der Kanoniker gehandelt hat. Auch eine Verwendung als Vorratslager ist nicht auszuschließen. Vor der Oberösterreichischen Landesausstellung 2012 wurde er renoviert und dient nun als Veranstaltungsstätte.
Angehörige des Stifts
Nach dem Statut von 2008 hat das Stiftskapitel von Mattighofen zehn Kanoniker zu umfassen: den Propst, fünf Kapitularkanoniker sowie vier Ehrenkanoniker.
Die Mitglieder des Stiftskapitels tragen das Kapitelkreuz am blauen, weißgeränderten Band, eine schwarze Soutane mit violetten Knöpfen und Nähten sowie als Kopfbedeckung ein violettes Birett.
Pröpste von Mattighofen
1772–1777: Karl Freiherr von Vöhlin
1777–1787: Franz Xaver von Mutschelle
1891–1892: August Heilmann
1905–1920: Ernest Lanninger († 1920)
1920–1957: Engelbert Baischer († 1957)
1957–1960: Johann Lohninger († 1960)
1960–1982: Berthold Peßl († 2001)
1983–2024: Walter Plettenbauer (* 1950)
Seit 2024: Leon Sireisky (* 1952)
Stiftskapitel (Stand 2024)
Propst: Leon Sireisky, GR, Pfarrer von Mattighofen, Pfarradministrator von Pischelsdorf[4]
Propst emeritus: Monsignore Walter Plettenbauer, Kurat im Dekanat Mattighofen[5]
Kapitularkanoniker:
Johann Enichlmayr, KsR, emeritierter Dechant, Herausgeber der Zeitschrift „Neuevangelisierung“
Karl Wanka (1933–2014), GR, Seelsorger in St. Marienkirchen bei Schärding, Obertraun, Freinberg und Mattighofen. Er wohnte seit 1989 im Kollegiatstift Mattighofen, 2008 zum Kapitularkanonikus bestellt.[6]
Walter Heinzl (1941–2018), KsR, emeritierter Superior der Militärdiözese, Pfarradministrator von Niederneukirchen und Kurat in Enns-St. Laurenz, Ehrenkanonikus des Kollegiatstiftes Mattighofen seit 2009, Kapitularkanonikus des Kollegiatstiftes Mattighofen seit 2015.[7]
Literatur
Walter Brugger: Mattighofen. Stifts- und Propsteipfarrkirche Mariä Himmelfahrt (Peda-Kunstführer Nr. 938/2014), Passau 2014, ISBN 978-3-89643-938-3.
Franz Sonntag: Bildchronik Mattighofen. Ried 1997.
Walter Brugger: Die Gründung des Kollegiatstiftes Mattighofen. In: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs. Band 13, Linz 1981, S. 5–106, ooegeschichte.at [PDF], Bilder (ooegeschichte.at [PDF]).
Mattighofen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt. S. 193–194. In: Die Kunstdenkmäler Österreichs. Dehio Oberösterreich. Von Erwin Hainisch, Neubearbeitet von Kurt Woisetschläger, Vorworte zur 3. Auflage (1958) und 4. Auflage (1960) von Walter Frodl, Sechste Auflage, Verlag Anton Schroll & Co., Wien 1977.