Das Kleine Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus) ist ein Schmetterling (Tagfalter) aus der Familie der Edelfalter (Nymphalidae) und wird auch als Kleiner Heufalter bezeichnet.
Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 23 bis 33 Millimetern. Sie haben bräunliche, ockerfarbene oder leicht ins Orange gehende Flügeloberseiten mit einem nicht scharf abgegrenzten, grauen Rand und einem verwaschenen, dunklen Punkt nahe der Spitze des Vorderflügels. Die Hinterflügelunterseiten von Coenonympha pamphilus sind variabel, weißgelb, grau oder gräulich gefärbt und haben eine angedeutete helle Querbinde. Die Unterseiten der Vorderflügel sind kräftiger orange gefärbt und haben einen weiß gekernten und hell umrandeten schwarzen Augenfleck nahe der Flügelspitze, der manchmal fehlt oder reduziert sein kann.[1]
Coenonympha pamphilus ♂
Coenonympha pamphilus ♂ △
Die Eier sind zunächst grün, später braun gesprenkelt.[2] Die Raupen werden etwa 18 Millimeter lang.[1] Sie sind hellgrün, inklusive der Kopfkapsel, und tragen am Rücken eine dunkle, hell gesäumte Längslinie. Je auf den Seiten haben sie eine weitere, gut erkennbare, gelb-weiße Linie. Am Hinterleibsende ragen zwei kleine Zipfel hervor.[2] Die hellgrüne Stürzpuppe ist stark untersetzt und trägt auf den Flügelscheiden einen oder zwei dunkle Streifen, die breit hell gesäumt sind.[1]
Das Kleine Wiesenvögelchen ist in fast ganz Europa weit verbreitet und häufig, es fehlt jedoch auf Orkney, Shetland, Nordnorwegen, Kreta, wo es durch Coenonympha thyrsis ersetzt wird, und den Inseln der südöstlichen Ägäis. Es wird auf der Iberischen Halbinsel mit Ausnahme des nördlichen Teils, auf den Balearen, Sardinien und im westlichen Nordafrika durch Coenonympha lyllus ersetzt. Außerdem kommt es in Nordafrika, der Türkei und dem Mittleren Osten bis in die Mongolei vor. Die nördliche Verbreitung reicht bis zum Polarkreis. In der vertikalen Verbreitung erreichen die Falter 2000 Meter Höhe (Alpen), in Nordafrika sogar 2700 Meter.[3][4]
Lebensweise
Das Kleine Wiesenvögelchen ist gut an die hohen Temperaturen des Offenlandes angepasst und lebt auf Wiesen, Weiden, Magerrasen mit Lücken oder Fahrspuren und an anderen grasigen Stellen auf Böschungen, Weg- und Feldrändern, Sand- und Kiesgruben oder Ruderalflächen.[4]
Besonders bei niedrigen Temperaturen zeigen die größeren Männchen Territorialverhalten. Diese Territorien werden von unverpaarten Weibchen aktiv zur Balz aufgesucht und von schon verpaarten gemieden. Kleinere Männchen mit geringerer Paarungswahrscheinlichkeit halten sich außerhalb dieser Territorien auf.[4]
Die Weibchen legen ihre Eier einzeln an trockenen Stängeln nahe am Boden in niederwüchsigen Grasbeständen ab. Die Raupen entwickeln sich unterschiedlich schnell. Die Raupen können in jedem der Raupenstadien überwintern und vorher noch eine Sommerpause einlegen[4]. Die Tiere verpuppen sich nahe dem Boden an Pflanzen.[1]
Flugzeit
Die Falter fliegen meistens in zwei oder drei Generationen (multivoltin) von Februar bis November. In klimatisch ungünstigen Regionen wie im nördlichen Skandinavien, in Schottland und den Hochlagen der Alpen entwickelt sich nur eine Generation im Sommer. Das Erscheinen der ersten Generation und ihrer Individuenzahl ist dabei sehr stark vom Klima des Lebensraums abhängig.[3][4]
Das Kleine Wiesenvögelchen wurde von Carl von Linné 1758 in der 10. Auflage der Systema Naturae als Papilio pamphilus erstbeschrieben. Der Typenfundort ist Schweden.
Es wurden sehr viele Unterarten beschrieben, deren Status aber unklar ist. Von vielen Autoren wird auch Coenonympha lyllus als Unterart betrachtet. Allerdings unterscheidet sich die Raupe auf der Iberischen Halbinsel durch eine schwarze statt einer grünen Kopfkapsel vom Kleinen Wiesenvögelchen und die Falter durch eine Silberlinie am Außenrand der Flügelunterseite. Entlang der Kontaktzone in Nordspanien sind keine sympatrischen Vorkommen der beiden Taxa bekannt. Die Verhältnissen im Mittleren Osten sind ungeklärt und die Präimaginalstadien bisher unbeschrieben.[4][5]
Hans-Josef Weidemann: Tagfalter. Beobachten, bestimmen. Naturbuch, Augsburg 1995, ISBN 3-89440-115-X.
Günter Ebert, Erwin Rennwald: Tagfalter II (= Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Bd. 2). Ulmer, Stuttgart 1993, ISBN 3-8001-3459-4.
Einzelnachweise
↑ abcdeHeiko Bellmann: Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer. Schmetterlinge, Raupen und Futterpflanzen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2003, ISBN 3-440-09330-1, S. 198.
↑ abW. Düring: Das Kleine Wiesenvögelchen. In: Tagfalter in Rheinland-Pfalz. BUND RLP, 5. Dezember 2020, abgerufen am 25. Februar 2023.
↑ ab
Tom Tolman, Richard Lewington: Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1998, ISBN 3-440-07573-7, S. 238.
↑ abcdefg
Martin Wiemers: Die Gattung Coenonympha HÜBNER, 1819, in Europa: Systematik, Ökologie und Schutz (Lepidoptera: Papilionoidea: Nymphalidae: Satyrinae). In: Gesellschaft für Schmetterlingsschutz (Hrsg.): Oedippus. Nr.25. Pensoft, 30. Juni 2007, S.1–42 (european-butterflies.ufz.de [PDF; abgerufen am 23. Juni 2012]).