Karl Schneider (* 19. Juli1916 in Berlin; † 18. Dezember1996 in Daun/Eifel) war ein deutscherFilmarchitekt, Szenenbildner und Maler. Karl Schneider war als Filmarchitekt bzw. Szenenbildner für zahlreiche Filme seit den späten 1940er Jahren und Fernsehproduktionen seit den 1960er Jahren sowie als Bühnenbildner für mehrere Theater tätig. Er gilt, so 1988 die Begründung zur Verleihung des Filmbandes in Gold, „als einer der wichtigsten Filmarchitekten des deutschen Nachkriegsfilms“.[1]
1948 begann er, obwohl mit seiner Familie in West-Berlin wohnend, seine Tätigkeit bei der neu gegründeten DEFA in Babelsberg. In der Folgezeit entwarf er die Bauten zu zahlreichen Filmen. Seine Spezialität war die stimmige, nie aufdringliche Ausstattung von Filmen, für die er Räume entwarf, die vielfältige Spielmöglichkeiten eröffneten und zugleich die Dramaturgie bildlich verdichteten. Dafür stehen in besonderer Weise die Filme „Der Untertan“ (Regie: Wolfgang Staudte) und „Die Elenden“ (Regie: Jean-Paul Le Chanois). Um die phantasievoll-experimentelle Ausstattung des Märchenfilms „Das tapfere Schneiderlein“ (Regie: Helmut Spieß) kam es im Rahmen des auslaufenden „Formalismusstreits“ in der DDR zu Kontroversen, die dem Kinoerfolg des Films jedoch keinen Abbruch taten. Als Teil dieser Kontroverse (und an Unstimmigkeiten zwischen dem in Aussicht genommenen Regisseur Wolfgang Staudte und Bertolt Brecht) scheiterte das Projekt, Brechts Theaterstück „Mutter Courage“ zu verfilmen.[2] Und der Film „Sonnensucher“ (Regie: Konrad Wolf) wurde zunächst aus politischen Gründen verboten und konnte erst 1972 im DDR-Fernsehen gezeigt werden.[3] Bei der DEFA arbeitete Karl Schneider bis 1958 nicht nur mit den erwähnten Regisseuren, sondern u. a. auch mit Herbert Ballmann, Erich Engel, Falk Harnack, Otto Meyer und Arthur Pohl zusammen.
Parallel war er immer wieder auch als Bühnenbildner tätig, u. a. für Theateraufführungen in Baden-Baden („Suzy Wong“, „Die Diebin von London“, „Der König stirbt“, „Menschen und Mäuse“; Regie: Hannes Tannert) und in Wien („Die Polizei“, „Audienz“ und „Vernissage“; Regie: Vojtěch Jasný).
1985 zog er sich aus dem aktiven Berufsleben zurück und widmete sich – zusammen mit seiner Frau Traute Schneider – ganz der Malerei, die er nie hatte ruhen lassen.
1988 wurde er „für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film“ mit dem Filmband in Gold (Deutscher Filmpreis, gestiftet vom Bundesminister des Innern) ausgezeichnet.[4] Ende der 1980er Jahre übernahm das Filmmuseum Düsseldorf den gesamten Nachlass aus seiner Berufstätigkeit und öffnete 1993 seine Tore mit einer Sonder-Ausstellung „Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut“.[5] Karl Schneider starb 1996 im Alter von 80 Jahren in seiner Wahlheimat Daun/Eifel.
Filmografie
In Klammern: Die Namen derjenigen, die gemeinsam mit Karl Schneider für die Bauten verantwortlich zeichneten.
Bundesminister des Innern (Hrsg.): Deutscher Filmpreis 1988. Verkündung des Deutschen Filmpreises 1988 am 10. Juni 1988 im Theater des Westens, Berlin 1988
Filmmuseum Düsseldorf (Hrsg.): Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut. Katalog, Düsseldorf 1993; auch: www.duesseldorf.de/en/filmmuseum/ausstellungen/publikationen.html* Unzählige Male gesehen und doch kaum bekannt, in: Dauner Zeitung Nr. 191, 19. August 1993
Ein Maler, der Bilder baut, in: Trierischer Volksfreund Nr. 244, 20. Oktober 1993
Dorett Molitor: Zur Entstehung und zum Bestand der Szenographie-Sammlung des Filmmuseums Potsdam. Einblick in die Produktion und das Szenenbild des gescheiterten Filmprojekts „Mutter Courage und ihre Kinder“ (1955) von Wolfgang Staudte, in: kunsttexte.de, Nr. 1, 2014 (14 Seiten, PDF)
Anett Werner: Zeige mir, wie Du wohnst und ich will Dir sagen, wer Du bist. Wohnräume in den DEFA-Filmen Der Untertan und Corinna Schmidt, in: kunsttexte.de, Nr. 1, 2014 (15 Seiten, PDF)
Anett Werner: Orte der Klassik. Szenographie in Literaturverfilmungen der DEFA, Weimar 2017
Anet Werner-Burgmann: Die "echte Fontaneluft" mit neuer Heldin. Aus Frau Jenny Treibel wird CORINNA SCHMIDT (1951), in: Filmblatt, 24. Jg., Nr. 69, Herbst 2019, S. 2–21
Anet Werner-Burgmann: Macht Märchenfilme! Das Tapfere Schneiderlein (DDR 1956) und der Formalismus-Verdacht, in: Filmblatt, 26. Jg., Nr. 76/77, Herbst 2021, S. 10–27
↑Siehe Bundesminister des Innern (Hrsg.), Deutscher Filmpreis 1988, Berlin 1988, S. 13. Zur Biographie siehe Filmmuseum Düsseldorf (Hrsg.), Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut. Katalog, Düsseldorf 1993, S. 19.
↑Siehe dazu Dorett Molitor, Zur Entstehung und zum Bestand der Szenographie-Sammlung des Filmmuseums Potsdam. Einblick in die Produktion und das Szenenbild des gescheiterten Filmprojekts Mutter Courage und ihre Kinder (1955) von Wolfgang Staudte, in: kunsttexte.de, Nr. 1, 2014 (edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/2014-1/molitor-dorett-3/PDF/molitor.pdf).
↑Siehe Heidi Draheim, Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut, in: Filmmuseum Düsseldorf (Hrsg.), Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut, S. 4–8, hier S. 7.
↑Siehe Bundesminister des Innern (Hrsg.), Deutscher Filmpreis 1988, Berlin 1988, S. 13.
↑Filmmuseum Düsseldorf (Hrsg.), Karl Schneider. Ein Maler, der Bilder baut. Katalog, Düsseldorf 1993.