Karl Jakob Hirsch war der Sohn des in Hannover praktizierenden Arztes und Sanitätsrates Salomon Hirsch (1866–1916), Enkel des Schriftstellers Isaak Hirsch[2] und der Ur-Enkel des Rabbiners Samson Raphael Hirsch.
Werdegang
Karl Jakob Hirsch wurde in der Gründerzeit des Deutschen Kaiserreichs in Hannover als Kind einer jüdischen Familie geboren.[1] Der Sohn des stadtbekannten Hals-Nasen-Ohren-Arztes wuchs zunächst in der Herschelstraße auf, bevor die Familie 1896 in die Stiftstraße, 1905 dann in die Königstraße zog. Das verwöhnte, ständig „kränkelnde“ Kind, das seine Mutter mitunter „Lieschen“ nannte,[3] besuchte das hannoversche Lyzeum II,[1] wo er vor allem durch „häufiges Schwätzen“ auffiel. Nachdem der mit dem sogenannten „November-Phlegma“ bezeichnete ständig Unpässliche mittels zahlreicher Atteste seines Vaters häufig der ungeliebten Einrichtung entfliehen konnte,[3] verließ er diese schließlich ohne Abschluss.[1]
Seine schon in früher Jugend ausgeprägt musische Neigung hatten die Eltern unterdessen mit Klavierunterricht unterstützt, der erstaunliche Erfolge zeigte. Eine mögliche musikalische Karriere endete dann allerdings jäh durch eine Teilamputation des rechten Zeigefingers.[3]
1911 kehrte Hirsch zunächst in seine Heimatstadt zurück, siedelte dann nach Worpswede in der dortige Künstlerkolonie über. 1912 und 1913 hielt er sich Paris auf.[1]
Mitten im Ersten Weltkrieg zog Hirsch gemeinsam mit der Ärztin Auguste Lotz[4], genannt Gulo (1889–1947), nach Berlin, wo die beiden 1916 heirateten. Dort freundete sich Hirsch mit Franz Pfemfert an, für dessen Zeitschrift Die Aktion er Druckgrafiken wie Holz- und Linolschnitte sowie Zeichnungen anfertigte.[1]
Seinen Militärdienst versah Karl Jakob Hirsch in einer Verwaltungsstelle nahe Berlin,[1] in der er von 1916 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teilnahm.
Bis Mitte der 1920er Jahre schuf Hirsch neben grafischen Arbeiten eine große Anzahl heute verschollener Gemälde, die ihn als Vertreter der expressionistischen Bewegung auswiesen. Er entwarf Bühnenbilder und Kostüme für die Berliner „Volksbühne“ und schuf die Bauten für eine Reihe von deutschen Filmen.
1929 heiratete Karl Jakob Hirsch seine zweite Ehefrau Wera Carus.[1]
Mit seinem noch zur Zeit der Weimarer Republik 1931 im S. Fischer Verlag in Berlin erschienenen Hauptwerk, dem RomanKaiserwetter,[1] der auf brillante Weise die Atmosphäre des späten Kaiserreichs in einer Provinzstadt schildert, erzielte er einen großen Erfolg; die bereits geschriebene Fortsetzung konnte jedoch nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten nicht mehr erscheinen und ging verloren.
Der Schwarze Turm – Acht unveröffentlichte Originalholzschnitte vom Stock gedruckt und ein Nachwort. November-Verlag 1918, Kiel 1919. Nachdruck: Ed. Joseph Hierling, München 1990, ISBN 3-925435-10-7.
Revolutionäre Kunst. Die Aktion, Berlin-Wilmersdorf 1919.
Acht Radierungen zu Liedern Gustav Mahlers. Dresdner Verlag H. Schilling, Klotzsche bei Dresden 1921.
Das druckgraphische Werk. Worpsweder Verlag, Lilienthal 1994, ISBN 3-89299-175-8.
Karl Jakob Hirsch – die Plakate. PlakatKonzepte, Hannover 1998.
Manhattan-Serenade. Lang, Bern u. a. 2001, ISBN 3-906766-22-5 (=Reihe Exil-Dokumente, Bd. 4).
Karl Jakob Hirschs letzter Roman „Einer muss es ja tun“. Ein Manuskript aus der Nachkriegszeit. Hrsg.: Helmut Stelljes. VDG, Weimar 2003, ISBN 3-89739-375-1.
Walter Huder und Ilse Brauer: Karl Jakob Hirsch: 1892–1952. Akademie der Künste u. a., Berlin u. a. 1967 (Katalog zur Ausstellung anlässlich der Eröffnung des Karl-Jakob-Hirsch-Archivs bei der Akademie der Künste, Berlin).
Judith Bendel: Die Heimkehr des Karl Jakob Hirsch. Zur Situation eines Exilautors im Nachkriegsdeutschland. München, Univ., Magisterarbeit, 1990 Nachweis im Deutschen Exilarchiv.
Herzliche Glückwünsche Karl Jakob Hirsch zum 100. Geburtstag. Eine Ausstellung der Universitätsbibliothek München. Universitäts-Bibliothek, München 1992.
Anne Mahn (Hrsg.): Karl Jakob Hirsch. Expressionistische Grafik. Stationen im Leben eines deutsch-jüdischen Künstlers. Altonaer Museum, Hamburg 2002, ISBN 3-927637-43-2 (zur Ausstellung vom 3. Oktober bis 1. Dezember 2002 im Heine Haus, Außenstelle des Altonaer Museums).
Wolfgang Maier-Preusker: Buch- und Mappenwerke mit Grafik des Deutschen Expressionismus. Maier-Preusker, Wien 2006, ISBN 978-3-900208-37-0 (=Begleitkatalog zur Ausstellung in der Hansestadt Wismar 2006).
Armin Strohmeyr: Verlorene Generation. Dreißig vergessene Dichterinnen und Dichter des „Anderen Deutschland“. Atrium, Zürich 2008, ISBN 978-3-85535-721-5, S. 64–76
Anne Mahn: Karl Jakob Hirsch (1892–1952): „Beinahe wäre etwas aus mir geworden …“. Leben und Werk des Schriftstellers und bildenden Künstlers VDG, Weimar 2011, ISBN 978-3-89739-693-7.
Gerhard Müller: Trauer um die verlorene Zeit. Karl Jakob Hirsch: „Quintessenz meines Lebens“. www.muellers-lesezelt.de/rezensionen/hirsch-quintessenz.pdf
Helmut F. Pfanner: Hirsch, Karl Jakob. In: Andreas B. Kilcher (Hrsg.): Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02457-2, S. 230–232.
Helmut F. Pfanner: Karl Jakob Hirsch, in: John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt, Sandra H. Hawrylchak (Hrsg.): Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Band 3. USA : Teil 1. Bern : K. G. Saur, 2000, ISBN 3-908255-16-3, S. 203–214
Hirsch, Karl Jakob, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945. Band 2,1. München : Saur, 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 515