Jacques Vergès wurde als Sohn der vietnamesischen Schullehrerin Pham Thi Khang und des französischen Arztes Raymond Vergès geboren. Offiziell wurde sein Geburtsdatum, wie das seines Bruders Paul Vergès, mit dem 5. März 1925 angegeben, als der Vater Konsul in Ubon Ratchathani war. Tatsächlich war er aber knapp ein Jahr älter.[1][2] Nach dem Tod der Mutter wuchsen beide Jungen in der Heimat ihres Vaters, der Insel Réunion im Indischen Ozean, auf. Auf dem Lycée in Saint-Denis war er ein Klassenkamerad des späteren Premierministers Raymond Barre.
1957 verließ Vergès die PCF, weil ihm die Haltung der Partei in der Algerienfrage zu halbherzig war.[9] Während des Algerienkriegs verteidigte Vergès eine Reihe von algerischen Kämpfern der Nationalen Befreiungsfront (FLN). Darunter war Djamila Bouhired, die 1957 zum Tode verurteilt und später begnadigt wurde, und die Vergès 1965 heiratete. Nach der Unabhängigkeit Algeriens 1962 leitete er die Abteilung für afrikanische Beziehungen im algerischen Außenministerium und gab mit Bouhired die Zeitschrift Révolution africaine heraus. Er nahm die algerische Staatsbürgerschaft an, konvertierte zum Islam und nahm den Vornamen Mansour an. Aufgrund des chinesisch-sowjetischen Konflikts zerstritt er sich jedoch mit dem algerischen Präsidenten Ahmed Ben Bella (dieser neigte Moskau zu, Vergès hingegen Peking) und musste Algerien wieder verlassen.[7] Mit Djamila Bouhired bekam er zwei Töchter.[10]
1970 verließ er seine Familie und tauchte erst 1978 wieder auf. Bis zu seinem Tod weigerte er sich, über diese Zeit, die er seinen „großen Urlaub“ nannte, Auskunft zu geben. Zu seinem Verbleib gab und gibt es unterschiedliche Theorien verschiedener Biographen und Zeitzeugen. Aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit hatte er Kontakte zu verschiedenen politischen Untergrundorganisationen in Asien, Nordafrika und dem Nahen Osten, weshalb eine Vermutung darin besteht, dass er sich einer dieser Gruppen angeschlossen habe. Mitarbeiter des französischen Geheimdienstes und seine französischen Freunde tippen auf Kambodscha als Ort seiner langen Auszeit. Sie glauben, dass sich der Anwalt zumindest die meiste Zeit im fernöstlichen Dschungel bei den Roten Khmer aufgehalten hat.[11] Andere vermuten, dass Vergès für verschiedene Geheimdienste, eventuell sogar als Doppelagent tätig war. Barbet Schroeder stellte in seiner preisgekrönten Vergès-Dokumentation L’avocat de la terreur unabhängig von seinem Aufenthaltsort zu dieser Zeit die These auf, er sei aufgrund massiver finanzieller Probleme vor seinen Gläubigern geflohen.
Vergès starb im Alter von 88 Jahren an einem Herzinfarkt.[5]
Die Boulevardpresse verpasste ihm aufgrund dieser Mandanten den Beinamen „Anwalt des Teufels“. Der französische Filmregisseur Barbet Schroeder drehte 2006 eine Dokumentation über das Leben von Vergès mit dem Titel L’Avocat de la Terreur (dt. DVD-Titel „Im Auftrag des Terrors“), der u. a. bei den Filmfestspielen in Cannes 2007 aufgeführt wurde. Der Film wurde 2008 in Paris mit dem César ausgezeichnet und am 13. Oktober 2010 von arte unter dem Titel Der Anwalt des Terrors ausgestrahlt.
In den Prozessen vor dem Rote-Khmer-Tribunal gegen führende Rote Khmer übernahm er die Verteidigung von Khieu Samphan, mit dem er seit über 55 Jahren gut bekannt war. Vergès wagte die Prognose, dass speziell dieser Prozess noch im Vorfeld scheitern würde. Er war der Auffassung, dass Khieu Samphan unschuldig sei, weil es in Kambodscha gar keinen Völkermord gegeben habe.[12]
Zitat
Bei Barbies Prozess 1987 in Lyon stand ich ganz allein 39 Anwälten der Gegenseite und dem Richter gegenüber. Das war schon Grund genug, Barbies Verteidigung zu übernehmen.[13]
Literatur
Erich Follath: Die Kinder der Killing Fields. Kambodschas Weg vom Terrorland zum Touristenparadies. Deutsche Verlags-Anstalt u. a., Stuttgart u. a. 2009, ISBN 978-3-421-04387-0.
Autobiografie: Le Salaud lumineux (verschiedene Ausgaben, u. a. als Taschenbuch 1990, Lafon Edition N°1, ISBN 978-2863914083) Der Titel lautet übersetzt sinngemäß: Der brillante Schuft
↑Erich Follath: Die Kinder der Killing Fields. Kambodschas Weg vom Terrorland zum Touristenparadies. Deutsche Verlags-Anstalt u. a., Stuttgart u. a. 2009, ISBN 978-3-421-04387-0.
↑Interview, 10.2008, Erich Follath, S. 262 in Die Kinder der Killing Fields. Kambodschas Weg vom Terrorland zum Touristenparadies