Franz Bonaventura Adalbert Maria Herzog von Bayern[1] (* 14. Juli1933 in München) ist ein deutscher Unternehmer und Kunstsammler. Seit 1996 ist der Diplomkaufmann das Oberhaupt des Hauses Wittelsbach, der früheren Herrscherfamilie des Königreichs Bayern. Er hieß bis 1996 Franz Prinz von Bayern und änderte mit dem Tode seines Vaters seinen Familiennamen in Herzog von Bayern,[1] wie sich sein Vater Albrecht von Bayern auch genannt hat.[2]
Zusammen mit seinen Schwestern, den Zwillingen Marie Gabriele und Marie Charlotte (* 1931), und seinem jüngeren Bruder Max Emanuel (* 1937) wuchs er zunächst in Wildbad Kreuth auf, doch bereits im Juli 1934 emigrierte die Familie nach Ungarn, da sein Großvater Rupprecht sich öffentlich gegen den Nationalsozialismus stellte. Von 1935 bis 1939 kehrte die Familie nach Bayern zurück, doch der ehemalige Kronprinz emigrierte 1939 nach Italien und Albrecht wich mit seiner Familie erneut nach Budapest aus, wo sie in einer Mietwohnung im Burgviertel unterkamen. Ein Besuch der Deutschen Schule scheiterte nach wenigen Wochen, da diese von Nazi-Anhängern geprägt war. Die Kinder wurden dann durch Privatlehrer unterrichtet. Häufig besuchten sie die ungarische und kroatische Verwandtschaft der Mutter auf dem Land. Franz lernte die ungarische Sprache.[3]
Nach dem Krieg besuchte Franz von Bayern das Humanistische Gymnasium im Benediktinerkloster Ettal (1952) und studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten München und Zürich. Mit einem Abschluss als Diplomkaufmann machte er daraufhin eine kaufmännische Ausbildung in einer Eisenhandlung in Hamburg. 1954 und 1956 nahm er mit seinem Vater und einer Schwester an der „Kreuzfahrt der Könige“ teil, zu der König Paul und Königin Friederike von Griechenland alle europäischen Königshäuser eingeladen hatten.[6]
Familienoberhaupt
Seit dem Tod seines Vaters im Juli 1996 ist Franz von Bayern das Familienoberhaupt der Wittelsbacher, die von 1180 bis 1918 Bayern regiert und das Land entsprechend geprägt haben. Noch heute übt das Haus Wittelsbach im kulturellen Bereich institutionellen Einfluss aus. Der jeweilige Chef des Hauses Wittelsbach ernennt die Verwaltungsräte der Stiftung Wittelsbacher Ausgleichsfonds, in welche 1923 die meisten Besitztümer aus dem ehemaligen Hausgut-Fideikommiss der Wittelsbacher eingebracht wurden, darunter Kunstschätze und -sammlungen (insbesondere die Kunstsammlung von König Ludwig I., größtenteils in der Alten und Neuen Pinakothek und in der Glyptothek in München zu sehen), das Geheime Hausarchiv (heute eine Abteilung des bayerischen Hauptstaatsarchivs) und die Schlösser Berg, Hohenschwangau (samt dem Museum der bayerischen Könige), Berchtesgaden und Grünau. Er ernennt auch einen der Verwaltungsräte der Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft, in die im Jahre 1923 die vor 1800 erworbenen Kunstschätze der Wittelsbacher eingebracht wurden. Dazu zählen etwa 13.500 Objekte, während dem Ausgleichsfonds ca. 43.000 Stück gehören.[7] Die Familie von Bayern erhält jährlich rund 14 Millionen Euro Zahlungen aus den Erträgen des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. Der jeweilige Familienchef entscheidet über deren Verwendung.[8]
Den von seiner Mutter anlässlich des Ungarischen Volksaufstandes ins Leben gerufenen Hilfsverein Nymphenburg e. V. unterstützt Franz von Bayern bei seiner karitativen Tätigkeit u. a. in Rumänien und Albanien, wo Waisenhäusern, Altenheimen, Schulen und Kindergärten geholfen wird. Er besichtigte die Projekte oft vor Ort. Hilfsprojekte in afrikanischen Ländern betreut sein Neffe Ludwig Prinz von Bayern.[11]
Dem „Chef des Hauses“ fallen darüber hinaus viele repräsentative Aufgaben im Lande zu.[12] In seinen Memoiren geht Franz von Bayern auf die Rolle des Familienoberhaupts der Wittelsbacher in der Öffentlichkeit ein:[13] „Die Anwesenheit von Vertretern der Familie bei so vielen Veranstaltungen entwickelte sich anfangs aus historischen Gewohnheiten, die nach 1945 wieder aufgenommen wurden. Es blieb immer eine Selbstverständlichkeit und war wohl auch von staatlicher Seite so gewünscht. Ich glaube, wir waren ein bisschen Teil des Bildes von Bayern, wie es auch die offizielle Seite gerne zeigen wollte...“ Er trenne an sich die eigene Privatperson von Auftritten in der Rolle als Vertreter der Familie, in der er sich anders positionieren müsse. Die Anwesenheit von Familienmitgliedern bei vielen öffentlichen Gelegenheiten demonstriere aber auch, dass das Haus Wittelsbach hinter der jeweiligen Sache stehe und diese unterstütze. Daher müsse er dann Wert auf Sichtbarkeit und Platzierung sowie auf Begrüßung in der richtigen Form und an der richtigen Stelle legen: „Dann muss ich gesehen werden, sonst brauche ich gar nicht hingehen.“ Die Stellung als Familienchef biete viele Möglichkeiten der indirekten Einflussnahme. Der Draht zur Landesregierung sei stets eng gewesen – unabhängig davon, welche Partei regierte. Die Ministerpräsidenten hätten stets den persönlichen Kontakt gesucht, beginnend mit der engen Freundschaft[14] des Kronprinzen Rupprecht mit dem Sozialdemokraten Wilhelm Hoegner, die beide als erklärte Gegner des Nationalsozialismus ins Exil gegangen waren. Zumeist ergebe sich bei Veranstaltungen die Gelegenheit zum informellen Gespräch, in besonderen Fällen könne er auch mal um eine kurze Unterredung mit dem Ministerpräsidenten, Mitgliedern der Landesregierung oder anderen Politikern bitten. Dort könne er Stellung nehmen, eigene Gedanken einbringen, auf Dinge hinweisen oder zur Vorsicht mahnen. Er sehe es als Teil seiner Aufgabe, gegebenenfalls die Interessen des Landes auch gegenüber der Politik zu vertreten, etwa wenn es um den Föderalismus gehe: „Mein Standpunkt dazu war immer, dass wir uns trotz der Internationalisierung nicht von anderen vorschreiben lassen sollten, was wir zu denken haben.“[15]
Viele Menschen versuchten, ihn für ihre Ideen zu begeistern, damit er ihnen Türen öffne oder ihre Projekte befürworte. „Für eine überzeugende Idee setze ich mich gern ein und schreibe wem auch immer einen Brief, dass ich das gehört habe und gut finde. Sehr oft hilft das. Ich muss mir aber gründlich überlegen, wofür ich eintrete, wie oft, wie viel und an welcher Stelle, um den Bonus, den ich habe, nicht zu verspielen.“[16] Ein Engagement sei in vielen Bereichen möglich, für kulturelle, soziale oder politische Interessen, solange es nicht Parteipolitik sei.
Aufgrund seiner guten Vernetzung in der New Yorker Kunstszene, seines Kunstverständnisses und seines Werdegangs wurde Franz von Bayern als erster Deutscher in den International Council des Museum of Modern Art in New York gewählt. Anschließend wurden auch weitere Deutsche in das Beratungsgremium gewählt, darunter Peter Ludwig, Gabriele Henkel und Eleonore Stoffel. Schließlich wurde er für 16 Jahre Vorsitzender des International Council und arbeitete in den 1980er Jahren beim Ausbau der Sammlung eng mit der Präsidentin des Museums, Blanchette Rockefeller, zusammen.[18] Trotz seiner Freundschaft mit amerikanischen Künstlern wie Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Andy Warhol, Dan Flavin sammelte er selbst überwiegend zeitgenössische deutsche Kunst: „Meinen finanziellen Möglichkeiten war die amerikanische Kunst immer einen Schritt voraus.“[19] 2003 erhielt er für seine jahrzehntelange Förderarbeit als erster Europäer den Duncan Phillips Award des Washingtoner Kunstmuseums Phillips Collection, der seit 1999 an Sammler und Spender vergeben wird, die Museen unterstützen.
Da Franz Herzog von Bayern keine Kinder hat, soll seine Nachfolge als Chef des Hauses Wittelsbach auf seinen Bruder Max Emanuel Herzog in Bayern übergehen; da auch dieser keine männlichen Nachkommen hat, sollen diesem die Nachkommen des dritten Sohnes von König Ludwig III. folgen: Luitpold Prinz von Bayern, diesem wiederum sein erstgeborener Sohn Ludwig Prinz von Bayern (* 1982).[23]
Traditionelle Namen und Prädikate
Der Titel „Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben, Pfalzgraf bei Rhein“[24] wird für das Familienoberhaupt noch traditionell verwendet, entspricht jedoch nicht dem amtlichen Namen. Das dem Namen vorangestellte Prädikat „Königliche Hoheit (K.H.)“ bzw. „Seine Königliche Hoheit (S.K.H.)“ wird ebenfalls noch im gesellschaftlichen Umfeld verwendet, ist jedoch ebenso eine reine Höflichkeitsform ohne rechtliche Relevanz.
Thronfolge der Jakobiten
Franz von Bayern ist ein entfernter Nachfahre der Stuarts. Die Jakobiten, welche die Absetzung Jakobs II. und die anschließende Änderung des Thronfolgerechts durch die Glorious Revolution von 1689 nicht anerkennen, betrachten Franz von Bayern seit dem Tod seines Vaters Albrecht von Bayern als Prätendenten für den britischen Thron und bezeichnen ihn als „Francis II., König von England, Schottland, Irland und Frankreich“. Er hat diesen Titel jedoch selbst niemals öffentlich beansprucht[25] und nennt die Erbfolge in seinen Memoiren „ein charmantes historisches Kuriosum“.[26] Der damalige Prinz Charles, anlässlich eines Besuchs bei Franz von Bayern in Nymphenburg 1987 von Reportern auf dessen Thronanspruch angesprochen, antwortete scherzend, dieser Anspruch sei wahrscheinlich besser als sein eigener. Aufgrund seiner Kinderlosigkeit ist sein Bruder Max Emanuel auch sein Nachfolger in der jakobitischen Thronfolgeliste. Danach ginge die Stuart-Erbfolge aber an Max Emanuels älteste Tochter Sophie über, die in das Haus Liechtenstein eingeheiratet hat.
Das jagdliche Vermächtnis des Herzogs Albrecht von Bayern. Anleitung zur Führung großer und kleiner Jagdreviere. 1997, ISBN 3-89715-540-0 (mit einer Einleitung von Franz Herzog von Bayern)
Bayern, Prinz von, Franz. In: Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 62.
↑Auf die Frage: „Seit 1955 gibt es aber wieder den Namen ‚Herzog von Bayern‘. Das ist alles doch ein wenig kompliziert, denn es gibt ja auch einen Herzog in Bayern. Sie selbst waren darüber hinaus auch mal ein Prinz von Bayern. Wie ist diese Nomenklatur eigentlich zu verstehen?“ in einem Interview in der Sendung Alpha Forum des Bayerischen Rundfunks am 9. April 2001 (Transkript als PDF; 45 KB) (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive), in dem er als Herzog Franz von Bayern bzw. Herzog Franz vorgestellt und als Seine Königliche Hoheit Herzog Franz von Bayern angesprochen wurde, erklärte Franz Herzog von Bayern: „Er [sein Vater Albrecht] hat sich dann dazu entschlossen, dass er den ältesten und im Grunde genommen auch vornehmsten Titel der Familie, nämlich den Titel ‚Herzog von Bayern‘, als seinen Namen benützt. In seiner Nachfolge habe ich [Franz von Bayern] das dann auch getan.“ Es war dies also in den Jahren 1955 und 1996 für den Chef des Hauses Wittelsbach jeweils möglich, obwohl Artikel 109 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom 11. August 1919 bestimmt, dass die öffentlich-rechtlichen Privilegien der Geburt oder des Standes aufzuheben waren und dass Adelsbezeichnungen nicht mehr verliehen werden dürfen. Gleichzeitig damit wurden die bisherigen Adelsbezeichnungen zu Bestandteilen des amtlichen Familiennamens erklärt. Im Fall der Hauptlinie des Hauses Wittelsbach tragen seit 1919 alle zu dieser Familie gehörenden Mitglieder den amtlichen Familiennamen Prinz von Bayern bzw. Prinzessin von Bayern. Nur die Mitglieder der Familie, die vor 1919 bereits einen herausgehobenen Primogenitur-Titel bis zur Aufhebung der Adelsvorrechte führten, durften diesen noch als amtlichen Namen behalten, konnten ihn aber ab 1919 nicht mehr an ihre Nachkommen weitervererben.
↑Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, 2023, S. 5–10
↑Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, 2023, S. 5–28
↑Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, 2023, S. 128–132. Siehe auch: Cruise of the Kings
↑Tagesschau (ARD): Die Wittelsbacher und ihre heutige Rolle: "Ehrgeiz für Bayern", 20.05.2023. Die ersteren, darunter zahlreiche Kunstwerke von Weltrang, haben aber den weitaus höheren Wert, geschätzt 80:20 zugunsten der Landesstiftung gegenüber den Vermögenswerten des Ausgleichsfonds (Franz von Bayern: Erinnerungen, S. 194)
↑Franz von Bayern (mit Marita Krauss): Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, S. 149–164, Zitate S. 161, 158.
↑Siehe dazu: Franz von Bayern (mit Marita Krauss): Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, S. 34–36. C. H. Beck, 2023
↑Diese Haltung der Wittelsbacher hat Tradition bis in die Zeit der Reichsgründung. Auch als Hitler nach seiner Machtergreifung 1933 Reichsstatthalter in den Ländern einsetzte, protestierte der ehemalige Kronprinz Rupprecht bei Reichspräsident Hindenburg durch ein Schreiben, das Franz von Bayerns Vater Albrecht von Bayern diesem übergab. Dieser Einsatz für eine föderalistische Verfassung im Sinne Bismarcks war letztlich der Auslöser für Exil und KZ-Haft der Wittelsbacher, einschließlich Franz von Bayerns selbst.
↑Franz von Bayern (mit Marita Krauss): Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, S. 159–161.
↑Genealogisches Handbuch des Adels, Band 50, Fürstliche Häuser, Band IX, Limburg an der Lahn 1971, S. 7
↑Im Unterschied etwa zu dem spanischen Prinzen Louis Alphonse de Bourbon bezüglich der – ähnlich theoretischen – französischen „legitimistischen“ Thronansprüche.
↑Zuschauer in der ersten Reihe: Erinnerungen, 2023, S. 125–128