Der spätere Herzog von Lerma war ein Enkel des JesuitengeneralsFrancisco de Borja. Seine Eltern waren Francisco Gómez de Sandoval y Zúñiga, Markgraf von Denia, und Isabel de Borja y Castro, Tochter des Herzogs von Gandía.
Politisches Wirken
Innenpolitik
Soweit man weiß, hatte der Herzog von Lerma als königlicher Siegelbewahrer bei allen wichtigen innenpolitischen Entscheidungen seine Hände im Spiel – so war er auch die treibende Kraft beim Umzug und bei der Rückkehr des spanischen Hofes nach bzw. von Valladolid (1601/1606). Im Vorfeld des Umzugs hatte er dort Grundstücke und Immobilien erworben, die er gewinnbringend weiterverkaufen konnte. In den Jahren 1609–1615 betrieb er – nach Attentatsspekulationen gegen den König – die endgültige Vertreibung der Nachkommen der Mauren (moriscos), die im Süden Spaniens, aber auch in Aragón immer noch einen großen Bevölkerungsanteil (ca. 15–20 %) ausmachten.
Außenpolitik
Mit dem „Erzfeind“ England schloss der Herzog im Jahr 1604 einen Friedensvertrag. Drei Jahre später wurde die Einstellung aller Kriegshandlungen in den spanisch besetzten Niederlanden verfügt, die im Jahre 1609 in einen offiziellen – allerdings von vornherein auf 12 Jahre begrenzten – Waffenstillstand mündete. Regional begrenzte Kriege oder Konflikte gab es allerdings in Italien sowie gegen das Osmanische Reich und in Marokko.
Kardinalserhebungen
Lerma hatte wesentlichen Einfluss darauf, wen der König als Kronkardinal nominierte. Bis auf eine Ausnahme waren alle in dieser Zeit ernannten spanische Kardinäle mit dem Duque de Lerma entweder verwandt oder auf andere Weise eng verbunden. Der erste Kardinal, der seine Ernennung dem Wirken des Herzogs von Lerma verdankte, war Bernardo de Sandoval y Rojas. Er erhielt sein Kardinalat am 3. März 1599 und betrachtete sich während seines gesamten Lebens mehr als Funktionsträger der spanischen Krone denn als Diener des Papstes – Rom besuchte er nie. Der nächste Geistliche, der Lerma seinen Kardinalshut verdankte, war Antonio Zapata y Cisneros. Ihnen folgten die Erhebung von Gaspar de Borja y Velasco und Gabriel Trejo Paniagua. Letzterer war ein Verwandter von Rodrigo Calderón, wiederum ein Günstling von Francisco Gómez de Sandoval y Rojas. Der Duque de Lerma setzte sich außerdem dafür ein, dass der Dominikaner und Beichtvater des spanischen Königs Jerónimo Xavierre den Kardinalshut erhielt. Der sechste Kardinal, der seine Ernennung dem Duque de Lerma verdankte, war Baltasar de Moscoso y Sandoval. Die Verleihung des Kardinalshutes an Kardinalinfant Ferdinand war dagegen ein Schachzug der Gegner des Duque de Lerma. Sie wollten damit verhindern, dass der Herzog das reiche Erzbistum Toledo erhalten würde, wenn er eine Ernennung zum Kardinal durchsetzen konnte.
Ende des Einflusses
Je größer die Machtfülle wurde, die er in seiner Person vereinigte (z. B. erwarb er im März 1608 von der spanischen Krone zum Preis von 5,48 Millionen Maravedis die Grundherrschaft(señorio) über mehr als 300 Orte in der Umgebung von Lerma), desto größer wurde auch die Zahl seiner Feinde. Deren wichtigster war Gaspar de Guzmán, Graf von Olivares, später Herzog von Sanlúcar, der als „Herzog von Olivares“ in die spanisch-europäische Geschichte eingehen sollte. Seit 1613, als seine Position am spanischen Königshof bereits geschwächt war, versuchte der Herzog von Lerma selber den Kardinalspurpur zu erringen; er war jedoch erst im Jahr 1618 erfolgreich und wurde zum Kardinalpriester der Titelkirche San Sisto ernannt. Damit einher ging sein Rückzug aus der Politik. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er zurückgezogen in Valladolid, jedoch nicht ohne Zwistigkeiten mit Olivares und König Philipp IV.
Grabmäler
Der Herzog von Lerma und seine bereits im Jahr 1603 verstorbene Gemahlin Doña Catalina de la Cerda Manuel sind in der Kirche San Pablo in Valladolid beigesetzt – hier finden sich auch Marmorkopien der in den Jahren 1601–1607 von Pompeo Leoni (um 1530–1608) und Lesmes Fernández del Moral angefertigten Bronze-Grabmäler. Diese wurden im Rahmen der Desamortisation der Kirchengüter in Spanien im Jahre 1835 in das Colegio de San Gregorio verbracht; beide Grabmäler gehören heute zum Bestand des Museo Nacional de Escultura.
Literatur
Alfredo Alvar Ezquerra: El Duque de Lerma – Corrupción y Desmoralización en la España del siglo XVII. La Esfera de los Libros, Madrid 2010, ISBN 978-84-9734-990-1.
Juan Matas, José María Micó und Jesús Ponce (Hrsg.): El duque de Lerma – Poder y Literatura en el Siglo de Oro. Centro de Estudios Europa Hispánica, Madrid 2011, ISBN 978-84-936776-7-1.
Antonio Feros: El duque de Lerma – Realeza y Privanza en la España de Felipe III. Marcial Pons Historia, Madrid 2002. ISBN 978-84-95379-39-9.
Patrick Williams: "El Gran Valido – el Duque de Lerma, la Corte y el Gobierno de Felipe III, 1598 - 1621." Junta de Castilla y León, Valladolid 2010, ISBN 978-84-9718-601-8.
Hillard von Thiessen: Familienbande und Kreaturenlohn. Der (Kardinal-)Herzog von Lerma und die Kronkardinäle Philipps III. von Spanien. In: Arne Karsten (Hrsg.): Die Jagd nach dem roten Hut. Kardinalskarrieren im barocken Rom. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-36277-3, S. 105 ff.