1913 wurde die Festhalle nach Plänen des Stadtbaumeisters Eugen Frielingsdorf fertiggestellt. Der Fabrikant Josef Kaiser, dessen Unternehmen Kaiser’s Kaffeegeschäft seinen Sitz in Viersen hatte, trug aus Anlass seiner Ernennung zum Kommerzienrat mit einer Spende von 130.000 Mark wesentlich zur Realisierung bei. Bis 1925 wurde das Gebäude gleichzeitig als Turnhalle genutzt. Eine 1939/1940 erfolgte Umgestaltung nach Plänen von Carl Staudt sollte zudem Möglichkeiten für politische Veranstaltungen der NSDAP geben. Das Gebäude wurde im Krieg nur gering beschädigt und bald nach Kriegsende wieder genutzt. Es wurde im Laufe seiner Geschichte mehrmals renoviert und umgebaut.
1997 wurde die Festhalle, ermöglicht durch die Unterstützung des Festhallen-Fördervereins, umfangreich renoviert und saniert (inneres und äußeres Erscheinungsbild, neue Bestuhlung und Technik).[1]
Am 7. Dezember 2013 feierte sie ihr einhundertjähriges Bestehen.[2]
Gebäude
Die Fassade hat klassizistische Formelemente (Säulen, Dreiecksgiebel und Pilaster).
Der große Saal der Festhalle hat ungefähr 1.000 Sitzplätze. Die Bestuhlung im Parterre des Saales kann demontiert werden; dann fasst er 1200 Besucher.[3]
1955 suchte die Zeitschrift „Baukunst und Werkform“ in einer Umfrage unter 20 bekannten Dirigenten nach den akustisch besten Konzertsälen der Welt; bei den Ergebnissen wurde für Deutschland neben Bremens Konzerthaus Die Glocke nur noch die „Viersener Festhalle“ genannt.
Orgel
Im Jahre 1915 errichtete das Unternehmen Johannes Klais Orgelbau (Bonn) eine große Konzertorgel in der Festhalle, die von der Bankiersfamilie Lüps gestiftet wurde. Sie hatte 50 Register auf drei Manualwerken und Pedal. Zwei der Manualwerke waren schwellbar angelegt; drei Register waren Hochdruck-Register. Der königliche Musikdirektor Hans Gelbke stellte in seinem Abnahmebericht über das fertiggestellte Instrument fest: „Viersen besitzt in dieser herrlichen Konzertorgel ein die verwöhntesten Ansprüche erfüllendes Werk, das als selten gut gelungen gelten darf und das eine Hauptzierde im Musikleben bilden wird.“[4] Das Instrument wurde 1978 entfernt.[5]
Disposition der Klais-Orgel von 1915
I Hauptwerk C–a3
1.
Bordun
16′
2.
Principal
8′
3.
Doppelgedackt
8′
4.
Konzertflöte
8′
5.
Viola di Gamba
8′
6.
Dulciana
8′
7.
Octave
4′
8.
Rohrflöte
4′
9.
Superoktave
2′
10.
Mixtur IV–V
11.
Cornett IV
12.
Trompete
8′
II Schwellwerk I C–a3
13.
Salicional
16′
14.
Horn-Principal
8′
15.
Gedackt
8′
16.
Flauto Dolce
8′
17.
Violine (HD)
8′
18.
Tibia (HD)
8′
19.
Praestant
4′
20.
Flauto traverso
4′
21.
Flautino
2′
22.
Sesquialter II
23.
Cymbel III–IV
24.
Fagott
16′
25.
Oboe
8′
26.
Tuba mirabilis (HD)
8′
27.
Clairon
4′
III Schwellwerk II C–a3
28.
Liebl. Gedackt
16′
29.
Flöten-Principal
8′
30.
Harmonieflöte
8′
31.
Quintatön
8′
32.
Aeoline
8′
33.
Vox coelestis
8′
34.
Octavflöte
4′
35.
Cremona
4′
36.
Piccolo harm.
2′
37.
Echo-Mixtur III
38.
Harmonia ätherea IV
39.
Klarinette
8′
Pedal C–f1
40.
Principal
16′
41.
Violon
16′
42.
Salicet
16′
43.
Subbass
16′
44.
Echobass
16′
45.
Quinte
102⁄3′
46.
Principal
8′
47.
Bassflöte
8′
48.
Violoncello
8′
49.
Bassoctave
4′
50.
Posaune
16′
Koppeln: II/I (auch als Sub- und Superoktavkoppeln), III/I (auch als Sub- und Superoktavkoppeln), III/II, I/P, II/P (auch als Superoktavkoppel), III/P; Generalkoppel
Spielhilfen: Leerlauf I. Manual, Leerlauf Pedal; Freie Kombination I und II; Autom. Pedal I, II und III; Feste Kombination Piano, Mezzoforte, Forte Tutti; Registerschweller; Absteller für Registerschweller, Zungen; Auslöser für Koppeln aus Registerschweller.
Die Festhalle kann für Veranstaltungen in Selbstorganisation angemietet werden.[3]
Literatur
Fritz Winckel: Die besten Konzertsäle der Welt. In: Baukunst und Werkform, Monatsschrift für alle Gebiete der Gestaltung, 8. Jahrgang 1955, Heft 12, S. 750–753.
Albert Pauly: Die Viersener Festhalle. In: Viersen. Beiträge zu einer Stadt. Band 6. Viersen 1984, S. 4–13.
Gustav René Hocke: Europa am Niederrhein. In: Heimatbuch des Kreises Viersen. Band 39. Viersen 1988, S. 21–35.
Arie Nabrings: Die Festhalle 1913–1988. (= Viersen, Beiträge zu einer Stadt, Band 14.) Viersen 1988.
Hans Herbert Jöris: Musik und Theater in Viersen 1848 bis 1945. Redaktionelle Bearbeitung Jutta Pitzen. Hrsg. Verein für Heimatpflege Viersen, Arbeitskreis für Stadtgeschichtliche Publikationen. Eckers, Viersen 2006, ISBN 3-9808779-3-0 (Viersen, Beiträge zu einer Stadt. 30).
Gert Holtmeyer: Viersen schrieb Kulturgeschichte: Europäische Musik- und Theaterprominenz nach 1945 in der Festhalle. Verein für Heimatpflege 2011, ISBN 978-3981346329.
↑Hans Herbert Jöris (Red.), Jutta Pitzen (Bearb.): Musik und Theater in Viersen von 1848 bis 1945. (= Viersen, Beiträge zu einer Stadt, Band 30.) Viersen 2006, ISBN 3-9808779-3-0.