Die Cunard Line ist eine ehemalige 1839 gegründete britische Reederei, die heute als Marke des britisch-amerikanischen Kreuzfahrtunternehmens Carnival Corporation & plc für Kreuzfahrten auf dem englischsprachigen europäischen Markt fortgeführt wird.
Das Unternehmen wurde 1839 als British and North American Royal Mail Steam-Packet Company gegründet und betrieb zunächst einen Liniendienst von Liverpool nach Boston und Halifax. Als führender Wettbewerber um das Blaue Band erlangte sie mit ihren technisch fortschrittlichen Dampfern eine große Bekanntheit und hohes Ansehen. Ab 1879 unter dem Namen Cunard Steamship Company, Ltd. wuchs sie zu einer der größten transatlantischen Reedereien. Auf Drängen der britischen Regierung verschmolz sie mit der bis dahin konkurrierenden White Star Line zur Cunard-White Star, Ltd., kehrte aber 1950 wieder zum alten Namen zurück. Mit Zunahme des Flugverkehrs wurde der Liniendienst mit Schiffen in den 1960er Jahren zunehmend unrentabel. Das 1962 auf Cunard Line Ltd. umfirmierte Unternehmen wurde 1971 durch den Mischkonzern Trafalgar House übernommen, der nach schweren Verlusten in den 1990er Jahren im Jahr 1996 schließlich von der norwegischen Kværner aufgekauft und zerschlagen wurde. Das Kreuzfahrtgeschäft ging mit dem Namen Cunard Line zwei Jahre später an die Carnival Corporation.
Im Mai 1839 gründete der kanadische Geschäftsmann Samuel Cunard zusammen mit einer Gruppe kapitalkräftiger Reeder und Kaufleute, wie George Burns, David McIver, Charles MacIver und James Donaldson die British & North American Royal Mail Steam Packet Company, allgemein bekannt wurde die Gesellschaft unter dem Namen Cunard Line. Die junge Gesellschaft hatte von der britischen Admiralität einen Vertrag zur Postbeförderung nach Übersee erhalten. Cunard verpflichtete sich zu 14-täglichen Fahrten in den Sommermonaten und 4-wöchentlichen Fahrten im Winter zwischen Liverpool und Boston, Halifax und Québec, dafür bekam Cunard 81.000 Pfund jährlich. Die Schiffe der Cunard-Reederei waren an einem roten Schornstein mit schwarzer Kappe zu erkennen, 1850 kamen noch zwei schmale schwarze Ringe hinzu, dies hat sich, obwohl dieses Muster bei den späteren Passagierschiffen teilweise variiert wurde, bis heute nicht geändert.
1840 liefen die ersten Schiffe der Linie von Stapel, die Britannia, Acadia, Caledonia und Columbia, bis auf das letztere nahmen alle noch im selben Jahr den Betrieb auf. Konstruiert wurden sie von Robert Napier, der in erster Linie die Schiffsmaschinen baute und der wichtigste Berater des gesamten Projektes. Dies war der Beginn der weltweiten Passagier- und Frachtschifffahrt mit Dampfschiffen in großem Umfang. Britannia und Caledonia waren auch die ersten Schiffe der Reederei, die das Blaue Band für die schnellste Überquerung des Atlantiks eroberten. 1843 strandete die Columbia bei Cape Sable (Nova Scotia), ein schwerer Verlust für die Reederei. Noch im selben Jahr stellte die neu in Dienst gestellte Hibernia einen weiteren Rekord auf, 1845 folgte das Schwesterschiff Cambria. Bis 1850 folgten sechs weitere Neubauten und neue Rekorde, die Cunard Line beherrschte den Nordatlantik.
1850 verlor man das Blaue Band an die US-Reederei Collins Line. Cunard versuchte mitzuhalten, was jedoch nicht gelang. Grund war, dass die Cunard Line immer noch hölzerne Schiffe bauen musste, während die Konkurrenz auf Eisen setzte. Erst 1855 änderte die britische Admiralität, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Krimkrieges und extrem geschrumpfter Wälder auf den britischen Inseln mit einer daraus resultierenden Holzverknappung, ihre Ansichten gegenüber dem Eisenschiff. 1856 eroberte Cunards erster Eisendampfer Persia das Blaue Band zurück. 1863 stellte die neue Scotia, Cunards letzter Raddampfer, einen weiteren Rekord auf.
1869 holte sich die City of Brussels der Inman Line das Blaue Band, 1870 folgten die ersten Rekordschiffe der neuen White Star Line, auch die erfolgreiche National Line machte der Cunard Line das Leben schwer, man war wieder ins Hintertreffen geraten. Dem Gründer Samuel Cunard, der für seine Verdienste geadelt wurde, blieb der Niedergang erspart, er starb bereits 1865. Die britische Admiralität kürzte die Subventionen auf 70.000 Pfund jährlich und übertrug zugleich den kanadischen Posttransport an die Inman Line, im Auswanderertransport war ebenfalls die Konkurrenz erfolgreicher.
Cunard Steamship Company Ltd. (1879–1934)
1879 erfolgte der finanzielle Zusammenbruch und die Reederei wurde als Cunard Steamship Company Ltd. in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Cunard stellte mehrere neue Schiffe in Dienst, so 1874 und 1875 die Bothnia und Scythia (je 4557 BRT), wie auch 1879, 1881 und 1882 die Gallia (4809 BRT), Servia (7392 BRT, erster Stahldampfer der Reederei) und die Aurania (7629 BRT). Alle waren als Rekordbrecher geplant, doch keines konnte das Blaue Band für Cunard zurückholen. 1884 kaufte Cunard dann die Oregon der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Guion Line, damit hatte Cunard nach 20 Jahren wieder einen Blaues-Band-Renner, 1885 folgten mit Etruria und Umbria (je 7718 BRT) weitere Rekordschiffe.
Zwischen 1888 und 1892 folgte ein kurzes Intermezzo mit Inman Line und White Star Line, doch 1893 eroberten die neuen Liner Campania und Lucania das Blaue Band wieder zurück. Beide waren mit 12.950 BRT die damals größten Passagierschiffe der Welt und ein Inbegriff für Luxus und Komfort. Cunards Spitzenposition schien unangefochten, Inman, Guion und National waren geschlagen und White Star wollte nicht Paroli bieten. Völlig unerwartet erschienen mit den deutschen Reedereien Norddeutscher Lloyd und der Hapag/HAL neue Konkurrenten mit auf deutschen Werften gebauten Rekordschiffen. Zum Leidwesen der Briten dominierten die Deutschen zehn Jahre lang das Geschehen auf dem Nordatlantik.
1901 begann der amerikanische Bankier John Pierpont Morgan sehr viele Reedereien aufzukaufen und er probierte auch die Cunard Line aufzukaufen. Doch die Briten dachten gar nicht daran sich aufkaufen zu lassen. Cunard übte Druck auf das Parlament aus und bekam ein Darlehen von 11,7 Mio. $ genehmigt sowie jährliche Subventionen in Höhe von 732.000 $ für den Bau neuer Schiffe. Krönung dieses Bauprogramms waren die beiden Schwesterschiffe Lusitania und Mauretania, die 1907 den Betrieb aufnahmen. Mit 31.938 BRT waren diese die damals größten Schiffe der Welt und mit mehr als 26 Knoten auch die Schnellsten; die Deutschen waren geschlagen. Die Mauretania hielt die nächsten 22 Jahre das Blaue Band, auch ein Rekord bis heute.
1911 kaufte die Cunard Line einige britische Reedereien auf, die Anchor Line, Brocklebank Line und den Passagierservice der Thomson Line, 1916 folgte noch die Port Line. Cunard war zu einem der weltweit größten Schifffahrtskonzernen aufgestiegen mit Liniendiensten nach Nordamerika (Cunard/Anchor), Indien (Brocklebank/Anchor) und Australien (Port Line).
Der 1914 ausgebrochene Erste Weltkrieg forderte auch bei der Cunard Line schwere Verluste an Mannschaften und Schiffen, darunter war die Torpedierung der Lusitania durch ein deutsches U-Boot der Tragischste. Die Lusitania-Katastrophe forderte 1198 Todesopfer, darunter viele Amerikaner, was die USA letztlich zum Kriegseintritt bewog. Nach dem Krieg begann sofort der Wiederaufbau und Mitte der 1920er Jahre hatte man wieder eine Spitzenposition. 1928 verlor die Mauretania das Blaue Band an den Liner Bremen des Norddeutschen Lloyd. Cunard konterte und gab sofort einen neuen Rekordbrecher in Auftrag, doch die einbrechende Weltwirtschaftskrise stellte das Projekt in Frage. Der Reederei ging das Geld aus und der Bau schritt nur langsam voran. Das britische Schatzamt sprang ein und stützte das Projekt mit 4,5 Mio. Pfund Sterling unter der Bedingung, dass Cunard und White Star fusionieren.
1934 wurde die Fusion vollzogen, und Cunard-White Star entstand. 1936 wurde der neue Liner in Dienst gestellt, die Queen Mary, mit 80.774 BRT das damals größte Schiff der Welt. Die Queen Mary stellte dann auch einen neuen Rekord auf und errang das Blaue Band. 1940 folgte mit der Queen Elizabeth ein noch etwas größeres Schiff; mit 83.673 BRT blieb sie bis 1996 das größte Passagierschiff der Welt.
Im Zweiten Weltkrieg verlor die Reederei vier Passagierschiffe und mehrere Frachter, mit den beiden Passagierschiffen Lancastria und Laconia verloren allerdings jeweils mehr als 2000 Menschen ihr Leben. Die beiden 80.000-Tonner Queen Mary und Queen Elizabeth, die als Truppentransporter eingesetzt wurden, überstanden den Krieg jedoch unversehrt, und ab 1948 waren die zwei Schiffe wieder im wöchentlichen Liniendienst über den Atlantik unterwegs. Es folgten auch weitere Neubauten, mit der 1949 in Dienst gestellten Caronia gar das erste Schiff der Reederei, das vorwiegend für Kreuzfahrten geplant war. 1947 kaufte Cunard die restlichen White Star-Aktien auf und benannte sich 1949 wieder in Cunard Steamship Company Ltd. um.
Nachkriegsjahre und aufkommender Luftverkehr (1949–1971)
1952 verlor die Queen Mary das Blaue Band an die United States der United States Lines, doch Cunard konterte nicht mehr. Die Situation auf dem Nordatlantik begann sich grundlegend zu ändern. Das Flugzeug machte sich mehr und mehr unangenehm bemerkbar. Um am transatlantischen Luftverkehr teilzunehmen, übernahm das Unternehmen im Jahr 1960 die britische Eagle Airways, die daraufhin zur Cunard Eagle Airways umfirmiert wurde. Zudem wurde in Kooperation mit der staatlichen British Overseas Airways Corporation zwei Jahre später die FluggesellschaftBOAC-Cunard gegründet.
In den 1960er Jahren begann der Abstieg von Cunards Transatlantik-Diensten, weil das Flugzeug immer mehr die Oberhand im Personen- und Postverkehr über dem Atlantik gewann. Die beiden Queens fuhren nur noch Verluste ein und mussten aus dem Verkehr gezogen werden, 1967 die Queen Mary und 1968 die Queen Elizabeth. Die 1968 in Dienst gestellte Queen Elizabeth 2, das letzte Cunard-Schiff von einer britischen Werft, kündete schon von neuen Zeiten. Die QE2, wie sie liebevoll genannt wird, war nicht nur für den Liniendienst, sondern auch für Kreuzfahrten vorgesehen, sowie von der Tonnage so gehalten, dass sie den Panama- und den Sueskanal passieren konnte. Die Reederei suchte ihr Heil im Kreuzfahrtgeschäft, nachdem die Liniendienste zu Beginn der 1970er Jahre eingestellt wurden.
Trafalgar House Investments (1971–1998)
1971 wurde die Cunard Line Ltd., wie die Reederei ab 1962 offiziell hieß, durch den britischen Industriekonzern Trafalgar House Investments aufgekauft. 1987 wurde die Frachtsparte der Cunard Line an die ebenfalls zum Trafalgar House-Konzern gehörenden Ellerman Lines übertragen.
Es folgten Ankäufe verschiedener Kreuzfahrtlinien für Cunard durch Trafalgar House, so 1983 die Norske Amerikalinje AS (NAL), 1986 die Norske Cruise AS und 1994 die Royal Viking Line AS (RVL). Anfang der 1990er Jahre bot die Cunard-Flotte einen bunt zusammengewürfelten Eindruck.
Carnival Corporation (seit 1998)
1998 wurde Trafalgar House durch den norwegischen Kværner-Konzern aufgekauft und zerschlagen. Cunard kam im gleichen Jahr, 97 Jahre nach der versuchten Übernahme durch J.P. Morgan, nun doch noch unter das Dach einer US-Firma. Neuer Eigentümer wurde die Carnival Corporation. Mit dem Kaufpreis von 425 Mio. US-Dollar für das bereits 1998 erworbene Aktienpaket (über 68 % an Cunard) und weiteren 205 Mio. US-Dollar im folgenden Jahr für die vollständige Übernahme[1] zeigte sich Carnival aber unzufrieden und erhob Klage gegen Kværner mit dem Vorwurf, der Zustand der übergebenen Schiffe sei wesentlich schlechter, als bei Vertragsschluss angegeben. Die Konzerne verständigten sich schließlich auf eine 50 Mio. US-Dollar Rückzahlung an Carnival.
Im Jahr 2003 bildete die amerikanische Carnival Corporation mit der aus der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company hervorgegangenen P&O Princess Cruises den Weltmarktführer Carnival Corporation & plc und ordnete seine Töchter und Kreuzfahrtmarken neu. Die Marke Cunard liegt seither in der Verantwortung des britischen Unternehmensteils Carnival plc. Mit der 2004 in Dienst gegangenen Queen Mary 2, dem ersten Neubau unter dem Namen Cunard seit 28 Jahren, nahm Cunard im Carnival-Konzern den Platz einer Premium-Marke ein. Es folgten 2007 die Queen Victoria und 2010 die Queen Elizabeth.
Seit Ende 2011 sind die drei Schiffe der Marke nicht mehr in Southampton, sondern in Hamilton registriert und wurden dementsprechend von Großbritannien auf das ÜberseegebietBermuda umgeflaggt.[2] Im Herbst 2017 wurde ein viertes Schiff bei Fincantieri bestellt. Das Queen Anne getaufte Schiff ging im Mai 2024 in Dienst.[3][4][5]
Vertrieb und Marketing von Cunard in den Märkten Deutschland, Österreich und Schweiz werden von der Cunard-Niederlassung in Hamburg geleitet.[6]
Schiffe
Passagierschiffe (Transatlantik- und Kreuzfahrtdienst)
1977 Cunard Princess / 1998 an Royal Olympic Cruise Line S.A. verkauft, 1995 an MSC verkauft, Rhapsody, ab 2009 Golden Iris bei Mano Maritime, 2022 in Aliağa verschrottet
1988 für RVL / 1993 an Cunard / 1998 an Seabourn Cruises / 2002 an Holland-America Line, umbenannt in Prinsendam / 2019 an Phoenix Reisen, umbenannt in Amera
Größtes Passagierschiff (bis 2006) (Queen Mary 2, 2004)
Literatur
Ingo Thiel: 175 Jahre Cunard Line. Die Geschichte der renommiertesten Passagierreederei der Welt. Koehler Verlag, Hamburg 2015, ISBN 978-3-7822-1224-3.