Brigitta Malche studierte von 1956 bis 1963 in der Meisterklasse von Sergius Pauser an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ergänzend besuchte sie 1957 die Internationale Sommerakademie für Bildende KunstSalzburg als Schülerin von Oskar Kokoschka. Im Laufe ihres Studiums erhielt sie insgesamt fünf Auszeichnungen (Meisterschulpreis für Malerei, 1957; Goldene Fügermedaille für Malerei, 1960; Klassenpreis für Kunsterziehung, 1960 und 1963; Silberne Fügermedaille für Malerei, 1962). Mit ihrem Studienabschluss erlangte sie 1963 das Diplom für Malerei und den Abschluss für das Lehramt für bildnerische Erziehung für höhere Schulen. Bis 1970 wirkte sie als Lehrerin am Musisch-pädagogischen Gymnasium in Linz und Wien. Seither konnte sie sich vollständig ihrer Kunst widmen.
Brigitta Malche lebt mit ihrem Ehemann Yves Schumacher in Zürich.
Werksparten
Malerei (Phasen)
Konstruktivismus: Die nach 1977 entstandenen Bilder (Japan-Serie), die zunächst wie Ausschnitte von Architekturen, von klar gegliederten Fassadenteilen wirken, bezeugen, wie relativ hermetische, konstruktivistische Prinzipien, eine "schwierige Rektangularität" in System umgewandelt werden können.[3] Die Historikerin Hertha Schober sprach von einem "beseeelten Konstruktivismus": "Geschlossene Flächen, geöffnete Balkenreihen, blauer Himmel – verschlossen, ausgesperrt sein, sich öffnen, Bereitschaft zur Kommunikation […]."[4]
Meditation: Paradigmenwechsel in China: keine Chinoiserien, keine Arbeiten über China, sondern Arbeiten aus China. Malche lässt sich unter anderem von der traditionellen Fensterornamentik mit eingespanntem Reispapier inspirieren und entgrenzt in ihren Bildern die Rektangularität durch fliessendes, verhaltenes Licht. In einem Bilderzyklus beseelt sie die Hexagramme des chinesischen OrakelsYijing mit zarten Weisstönen, wonach Wechsel und Wandel von Erscheinungen der polaren Kräfte zum Ausdruck kommen. Darin zeigt sich die Anlage für ihre späteren Lichtinstallationen und Meditationsbilder.
Naturerkundung: Die Bildserie aus dem Jahr 2001 handelt von Pflanzen und vom eingefalteten Licht, das sie zum Wachsen bringt. Als Werkstoff diente ihr Graphit und Blattsilber. Die Reflexionsqualitäten dieser Materialien stehen für das Licht, das die Materie gefangen hält. Malche fokussiert zunehmend auf die Natur und ihre Strukturen. Sie verdichtete in collageartiger Manier Motive aus verschiedensten Bereichen der Zoologie und Botanik. So werden beispielsweise die Gehäuse von Schnecken oder Meeresmuscheln mit dem molekularen Raster ihres Bauplanes verflochten oder sie entfaltet zum Beispiel Schicht für Schicht den Bauplan eines Kristalls. Die Künstlerin verbindet Muster aus dem Mikro- und Makrokosmos, der Abstraktion und der Figuration, der Gestik und der geometrischenOrnamentik.[5]
Blaue Orte
Kaurischnecke
Kunst am Bau (Beispiele)
1978: Überbauung „Am Schöpfwerk“, Wien. Für diese 1552 Wohnungen umfassende Grossanlage des Architekten Viktor Hufnagl schuf Brigitta Malche mit ihrer Fassadenmalerei ein farbliches Leitsystem, das den Bewohnern eine Orientierungshilfe bietet.[6] «Die Arbeit an der Gestaltung von mehr als 1000 zu gliedernden Quadratmetern ging unmittelbar voraus, was sie in Architekturbildern ihrer 1977/79 entstandenen ‹Japan-Reihe› entwickelt hat»,[7] schrieb dazu der Wiener Kunstkritiker Kristian Sotriffer.
Im Jahr 1996 konzipierte und kuratierte Brigitta Malche unter dem Titel „Fragile – Handle with Care“ eine Ausstellung in der Gemäldesammlung der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie lud 14 Kolleginnen und Kollegen ein, sich mit einem Altmeisterbild aus der Sammlung auseinanderzusetzen. In ihrem eigenen Ausstellungsbeitrag setzte sie die barocke Opulenz in Nicola MalinconicosProduktstillleben in immaterielle Sinnlichkeit um, indem sie das Motiv der Wassermelone in eine kosmisch explodierende Farb-Licht-Installation verwandelte.[9]
Stil und Technik
Im Laufe ihres Studiums wurde Brigitta Malche mitunter in die niederländische Altmeistertechnik eingeführt. Nachdem sie für ihre ersten Ausstellungen konstruktive Bilder mit Acryl auf Leinwand schuf, besann sie sich später auf traditionelle Maltechniken mit Gouache und Ölfarben. Heute malt sie vorwiegend mit selbstgefertigter Eitempera und erzielt damit vielschichtige, lasierende Bilder.
Von 1971 bis 1980 stellte die Künstlerin in Genf, Zürich und Wien aus. Dass sie der Zürcher Tradition der konkreten Kunst entgegenkam, zeigte sich schon in ihrer ersten Ausstellung in der „Galerie Palette“ in Zürich. Ihre Arbeiten in den Primärfarben Rot, Blau und Gelb waren von Piet Mondrians Kunstauffassung der „reinen Beziehung von reinen Linien und Farben“ beeinflusst.[10] Dennoch verstand sich die Künstlerin nie als konkrete Malerin, zumal sie ihre vertikal-horizontalen Bildkonstruktionen mit Rundungen und Schatten emotionalisierte. Die Kunstkritikerin und Museumsdirektorin Erika Billeter[11] meinte: «Wollte man Brigitta Malche in die moderne Kunst einreihen, so muss man zurück zu Léger und Mondrian. Hier liegen ihre Wurzeln. Die konstruktive Grundlage ist angefüllt mit Abbreviaturen von Architekturteilen verschiedener Kulturen. Man erkennt Säulenfragmente, Voluten, Architrave. Die Kompositionen aber bilden Architekturfragmente nicht ab, sondern greifen sie reflektierend auf.»[12]
Richard Paul Lohse, einer der Hauptvertreter der konkreten und konstruktiven Kunst, meinte 1978 im Vorwort von Malches Katalog zur Ausstellung in der Galerie Schlégl Zürich: «Eine konsequente Haltung charakterisiert die gegenwärtige Periode rektangulärer Balkengitterungen. Formulierungen in der Tradition des Architektur- und Maschinenvokabulars des Kubismus kennzeichneten noch die Bilder der jüngsten Vergangenheit. […] Umso beachtenswerter ist ihr gegenwärtiges Vorhaben, den erprobten Weg der Formenvielfalt aufzugeben und den schwierigen der Rektangularität zu gehen, auf dem die Phantasie vieles offeriert und die Realisation alles reduziert.»[13]
Ein zweijähriger Aufenthalt in Beijing (1980–1982), wo sie als Dozentin an der Pekinger Kunstakademie wirkte und Kontakte zur chinesischen Künstlergruppe Xingxing pflegte, schlug sich in ihrer Kunst nieder. Der von ihr gepflegte Konstruktivismus wich einer meditativen Malerei, die sich unter anderem durch ein sensibles Chiaroscuro auszeichnet. Da dem Licht in der Malerei physikalische Grenzen gesetzt sind, erweiterte Malche ihr Schaffen mit Licht-Ton-Installationen. Aufsehen erregte unter anderem ihre Installation „Vier Elemente“ im Kunsthaus Zürich, die im Spätsommer 1991 in der Wiener Sezession präsentiert wurde und dort einen Besucherrekord von über 17'000 Personen erzielte.[14] Die Installation wurde ebenfalls im Xántus János Múzeum in der ungarischen Stadt Győr der Öffentlichkeit vorgeführt.
Seit mehreren Jahren erforscht die Künstlerin die Zusammenhänge zwischen der äusseren Erscheinung von Naturalien und ihren im Inneren verborgenen Kräften. So abstrahiert sie in ihren Bildern Kristalle, Meeresschnecken, Schildkrötenpanzer oder Schmetterlingspuppen und verbindet sie mit ihrem jeweiligen Innenleben. Indem sie die Vernetzung von Oberfläche und Tiefe malerisch erkundet, verbindet sie die Ästhetik des Sichtbaren mit den biologischen Realitäten des Unsichtbaren und schafft damit eine Synthese von konkreten Gegenstandsbezügen und geometrischen Bauplänen der Natur.
alphabetisch nach Nachnamen, dann in chronologischer Folge
Silvie Aigner: Künstlerinnen – Positionen 1945 bis heute, Krems 2003.
Anonym: Archivarische Materialien über Malche, Brigitta, Detroit Institute of Arts Research Library & Archives, Detroit o.J (OCLC925412752)
Peter Assmann: Näher nach Utopia, Oberösterreichischer Kunstverein Linz, Linz 1996.
Peter Assmann: Wie fragile ist die Kunst-(Geschichte), wie ‚sorgfältig’ gehen Künstler mit ihr um? In: Ausstellungskatalog Fragile – Handle with Care, Akademie der bildenden Künste Wien, Wien 1996.
Brigitta Malche, John Matheson, Renate Trnek, Martina Fleischer et al.: Fragile – Handle with Care, eine österreichisch-schweizerische Gemeinschaftsausstellung: Jan Anüll, Balthasar Burkhard, Cristina Fessler, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien, 19. April bis 30. Juni 1996, Ausstellungskatalog Akademie der bildenden Künste (Wien), Edition Nomad, Männedorf 1996.
Brigitta Malche: Editorial und Malinconico Projekt, in: Ausstellungskatalog Handle with Care, Akademie der bildenden Künste (Wien), Edition Nomad, Männedorf 1996.
Brigitta Malche: Selbstportrait, in: Schweizer Kunst, 2/99, Zürich 1999.
Brigitta Malche: Bilder 1990 bis 2003 [Publikation anlässlich der Ausstellung Der fünfte Tag in der Galerie Atrium ed Arte, Wien (18.9.03–25.10.03) sowie in der Galerie Annamarie M. Andersen, Zürich (4.11.03–23.12.03). Gleichzeitig wurde die Lichtinstallation „Entgrenzung II“ in der Kunst. Halle Krems (A) präsentiert (4.10.03–15.2.04)], Zürich 2003.
John Matheson, Yves Schumacher: 4 Elemente, Ausstellungskatalog Secession Wien, Wien 1991.
John Matheson, Regina Lange: Zeitspiegelungen, in: Ausstellungskatalog Handle with Care, Wien 1996.
Cornelia Reiter, Michaela Pappernigg: Kunst des 20. Jahrhunderts, Wien 1997, S. 2.
Yves Schumacher: Von psychoaktiven Katalysatoren, Ausstellungskatalog Brigitta Malche, Zürich 2003.
Julian Schutting: Schwarzes Licht – zu den Bildern von Brigitta Malche, Edition Galerie Atrium ed Arte, Wien 1999.
↑Hertha Schober: Beseelter Konstruktivismus, in: Neues Volksblatt, Nr. 87, Linz 13. März 1979, S. 8
↑Vgl. Kathrin Frauenfelder: In die Breite: Kunst für das Auge der Öffentlichkeit: zur Geschichte der Kunstsammlung des Kantons Zürich – vom Nationalstaat bis zur Globalisierung, Dissertation, Universität Zürich, Zürich 2018, S. 130 f.
↑Viktor Hufnagl / Maria E. Clay-Jorde: Bauten - Projekte, Erfahrungen - Erkenntnisse, Gedanken - Theorie: 1950–2000, Verlag Österreich, ISBN 3-7046-1064-X
↑Kristian Sotriffer: Atmender Konstruktivismus, in: Die Presse, Wien 12. September 1980
↑Yves Schumacher: Weisse Mystik im Andachtsraum, in: Kunst und Stein, Nr. 1/2014, Belp 2014, S. 16–18
↑Doris Pleiner: Die alten Meister inspirieren auch heute, in: Die Presse, Kultur, Wien, 22. April 1996
↑Benjamin Hensel, Jana Hofmeister: Art contemporain suisse, Zürich 1978