Der Bahnhof Bürstadt ist ein Turmbahnhof, der am Kreuzungspunkt von Riedbahn und Nibelungenbahn in Bürstadt liegt. Die unteren zwei Gleise sind betrieblich gesehen ein Bahnhof (Abkürzung: FBUE), während die oberen beiden Gleise ein Haltepunkt sind (Abkürzung: FBUP).
Der Ausbau der ebenfalls der Hessischen Ludwigsbahn gehörenden Riedbahn südlich von Lampertheim nach Mannheim und der damit zu erwartende Verkehr ließen die bestehende Streckenführung über den Bahnhof Rosengarten, die in einem weiten westlichen Bogen um Bürstadt herumführte, unpraktisch erscheinen. Deshalb wurde beim Ausbau nach Mannheim eine abkürzende Strecke zwischen Biblis und Lampertheim errichtet. Diese Gerade kreuzte die Nibelungenbahn in Bürstadt im Bereich des dortigen Bahnhofs und nahezu in einem Winkel von 90°. Damit das betrieblich störungsfrei blieb, wurde die Neubaustrecke hier – auch im Bahnhofsbereich – hochgelegt. Dadurch entstand baulich ein Turmbahnhof. Betrieblich sind die Strecken dort völlig getrennt. Örtlich gibt es keine Gleisverbindung. Die Riedbahn ging hier am 24. November 1879 in Betrieb.[2]
Die Bezeichnung der beiden Bahnhofsteile war zunächst Bürstadt (oberer Bahnhof) und Bürstadt (unterer Bahnhof). In Bürstadt (oberer Bahnhof) wurde 1911 ein Überholungsgleis für Güterzüge Richtung Mannheim eingebaut.[3]
Zum 1. Februar 1944 wurde der an der Riedbahn gelegene (obere) Bahnhofsteil in einen Haltepunkt, der zugleich eine Blockstelle war, umgewandelt. Er unterstand dem „Bahnhof Bürstadt“, der unteren Ebene, die zur Bahnstrecke Worms–Bensheim rechnete.[4]
Ein Gleisabstand von 3,50 m stellte in den 1980er Jahren einen Zwangspunkt auf der Riedbahn dar, der im Zuge eines Ausbauprojekts beseitigt werden sollte. Ebenso sollte die zulässige Geschwindigkeit von 160 auf 200 km/h angehoben werden.[5]
2015 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bürstadt eine Machbarkeitsstudie für die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes bei der Darmstädter Firma Freischlad + Holz in Auftrag zu geben. Seit Januar 2016 war das Ingenieurbüro Mailänder Consult mit der weiteren Planung betraut.[6] Im Frühjahr 2019 wurde an Gleis 2 (unten) ein neuer Seitenbahnsteig angelegt, der den bisherigen nur über Gleis 1 erreichbaren Zwischenbahnsteig ersetzt. Infolgedessen wurden auch der Bahnsteig an Gleis 1 (unten) modernisiert und angehoben, ein neuer Bahnübergang gebaut sowie das Gebäude als auch der Bahnhofsvorplatz renoviert.[7] Auch Aufzüge zu den Bahnsteigen der Riedbahn wurden gebaut.[8]
Infrastruktur
Anlagen
Der Bahnhof ist auf der Nibelungenbahn mit 10,2 kilometriert (Zählung von Worms Hauptbahnhof). Auf der Nibelungenbahn – und damit auch im Bahnhof Bürstadt – wurde erst nachträglich zum 9. September 1906 eine Zugsicherung durch Signale eingeführt.[9] Mit zwei Gleisen auf der sonst eingleisigen Nibelungenbahn ist der „Bahnhof“ Bürstadt betrieblich nur hier ein Bahnhof. Auf der Riedbahn ist der „Bahnhof“ mit 23,0 kilometriert (Zählung ab Mannheim Hauptbahnhof), betrieblich aber ein Haltepunkt, Weichenverbindungen zwischen den beiden Gleisen der zweigleisigen Riedbahn gibt es hier nicht. Die Bahnsteige liegen hier außen und sind durch Schallschutzwände eingefasst.
Im unteren Bahnhof waren früher auch mehrere Lade- und Abstellgleise für den Güterverkehr vorhanden; diese wurden entfernt.
Empfangsgebäude
Das Empfangsgebäude wurde in seiner Grundform 1869 errichtet. Als 1879 die Riedbahn hinzukam, wurde es um ein Geschoss aufgestockt. Es kam im südwestlichen Winkel der sich hier kreuzenden Bahnstrecken zu liegen. Das Gebäude wurde aus gelbem Sandstein, traufständig zur Nibelungenbahn errichtet und war vor seiner Aufstockung zweigeschossig. Heute bietet sich das Empfangsgebäude mit einem dreigeschossigen, dreiachsigen Hauptgebäude dar, das an beiden Seiten von eingeschossigen, unterschiedlich langen Flügeln begleitet wird. Hier war unter anderem der Wartesaal untergebracht. Im Erdgeschoss befinden sich überwiegend Rundbogenfenster, in den Obergeschossen Rechteckfenster in klassizistischer Form. Die mittlere Achse des Hauptgebäudes ist als flacher, übergiebelter Risalit gestaltet. Im Erdgeschoss befindet sich hier der Hauptzugang. Das Gebäude ist heute ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes.[10]
Heinz Schomann: Eisenbahn in Hessen. Eisenbahnbauten und -strecken 1839–1939. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Hessen. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Drei Bände im Schuber. Band2.1. Theiss Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1917-6, S.351ff. (Strecke 020).
Heinz Schomann: Eisenbahn in Hessen. Eisenbahnbauten und -strecken 1839–1939. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Hessen. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Drei Bände im Schuber. Band2.1. Theiss Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1917-6, S.374ff. (Strecke 021).
↑Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 8. Juli 1911, Nr. 32. Bekanntmachung Nr. 422, S. 205
↑Deutsche Reichsbahn (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 4. März 1944, Nr. 10. Bekanntmachung Nr. 157, S. 64.
↑Michael Hauck, Manfred Wölbing: Ausbaumaßnahmen im Korridor Fulda–Frankfurt (Main)–Mannheim. In: Die Bundesbahn. Band62, Nr.10, 1986, S.785–788.
↑Sandra Bollmann: Neuer Bahnübergang zum Schulstart fertig. In: Südhessen Morgen. Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag GmbH, 18. Juli 2019, abgerufen am 28. August 2019.
↑Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 22. September 1906, Nr. 51. Bekanntmachung Nr. 539, S. 457