Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist die Nachfolgeorganisation des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, der 1825 in Leipzig gegründet wurde. Da dessen Sitz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in der sowjetischen Besatzungszone lag, kam es zur Abspaltung. 1948 wurde die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände in der amerikanischen und britischen Besatzungszone gegründet und später in Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände umbenannt. 1955 erhielt der Verband im Zuge einer Satzungsänderung seinen heutigen Namen. Die persönliche Mitgliedschaft wurde 1972 auf die institutionelle Mitgliedschaft umgestellt. Im Januar 1991 wurde der Leipziger Börsenverein der Deutschen Buchhändler mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels fusioniert.
Bis Anfang 2012 war der Verein im Großen Hirschgraben 17–21 in Frankfurt am Main neben dem Goethe-Haus ansässig. Seit Februar 2012 haben der Verein und seine Tochtergesellschaften ihren Sitz in der Braubachstraße 16 in einem 1956 vom Architekten Otto Apel geplanten Gebäude, das mit mehreren Gebäuden in der unmittelbaren Nachbarschaft durch das Architektenbüro Scheffler + Partner umgebaut worden war.[2][3]
Aufbau
Der Verein besteht aus dem Bundesverband sowie sechs rechtlich eigenständigen Landesverbänden und der rechtlich dem Bundesverband zugehörigen Regionalgeschäftsstelle NRW.[4] Die jährlichen Hauptversammlungen des Bundesverbandes (im Juni in Berlin) und der Landesverbände (jeweils im Frühjahr) sind die höchsten Organe. Die Entscheidungen für den Gesamtverein werden vom Länderrat getroffen, in dem der Vorstand des Bundesverbandes und die Vorsitzenden der Landesverbände paritätisch vertreten sind. Der Börsenverein vereint – weltweit einmalig – alle drei Handelsstufen unter einem Dach.
Das Vereinsorgan ist das neun Jahre nach Vereinsgründung erstmals herausgegebene Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel.
Die Mitgliedschaft ist Buchhandelsunternehmen, Verlagen, Verlagsvertretern und ähnlichen branchennahen Körperschaften vorbehalten. Die Zahl der Mitglieder lag Ende 2019 bei 4376 (Stand: 31. Dezember 2019).[5] An die Mitglieder vergibt der Verein die sogenannte Verkehrsnummer. Eine Öffnung für internationale Märkte bietet die Internationale Lokationsnummer (ILN). Der Verein hat ein Nummernkontingent für Buchhandlungen.
Aufgaben
Der Verein vertritt die Interessen seiner Mitglieder und fördert die Erfüllung der Aufgaben des herstellenden, des verbreitenden und des Zwischenbuchhandels. Sein Zweck ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Hauptgeschäftsführer ist seit Januar 2022 der vorherige kaufmännische Geschäftsführer des Rowohlt Verlags Peter Kraus vom Cleff.[6]
Seit 1959 organisiert der Verein den Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels und seit 2001 den Wettbewerb „Ohr liest mit“.
Die Jury für den Alfred-Kerr-Preis wird vom Vorstand des Börsenvereins berufen.
Seit 2008 prämiert der Börsenverein gemeinsam mit Fritz Thyssen Stiftung und Auswärtigem Amt geistes- und kulturwissenschaftliche Werke mit dem Preis „Geisteswissenschaften International“. Die Preisgelder dienen der Übersetzung der Werke ins Englische.[9]
Zusammen mit der Deutschen Nationalbibliothek und den Städten Frankfurt am Main und Leipzig ist der Verein einer der Träger der Stiftung Buchkunst. Er war an der Errichtung der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main beteiligt und ist hier aus historischen Gründen noch in Verwaltungsrat und Beirat vertreten. 1952 übernahm er die 1946 in Köln gegründete Buchhändlerschule, die heute mediacampus frankfurt heißt und ihren Sitz in Frankfurt-Seckbach hat. Der Börsenverein unterhält eine eigene Fachbibliothek zum Buchwesen und ein historisches Archiv und engagiert sich bei der Buchmarktforschung. Weiterhin fördert der Börsenverein die Kurt Wolff Stiftung, die unter anderem den Kurt-Wolff-Preis vergibt.
Auf politischer Seite vertritt der Verein eine offensive Politik im Bereich des Urheberrechts, hinsichtlich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes, der Buchpreisbindung und der Mittelstandsförderung. Er befasst sich mit politischer Lobbyarbeit und verbandspolitischen Themen.
Seine Bibliothek und sein Historisches Archiv übergab der Börsenverein 2012 der Deutschen Nationalbibliothek zu deren 100. Jubiläum. Diese Bestände werden im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der DNB in Leipzig mit denen der Leipziger Vorgängerinstitution zusammenführt.[10]
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1825 bis 2000 – Ein geschichtlicher Aufriss. Hrsg. im Auftrage der Historischen Kommission von Stephan Füssel, Georg Jäger und Hermann Staub in Verbindung mit Monika Estermann. Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-7657-2297-9.
Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, hrsg. von der Historischen Kommission. Band 1: Das Kaiserreich 1871 bis 1918. Teil 1. Hrsg. von Georg Jäger in Verbindung mit Dieter Langewiesche und Wolfram Siemann. Teil 2. Hrsg. von Georg Jäger. K. G. Saur, München 2001–2003.
Klaus-W. Bramann, C. Daniel Hoffmann, Peter Cremer: Wirtschaftsunternehmen Sortiment. 4. Auflage. Bramann, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-934054-58-5.
Hochschulschriften
Britta Schenk: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels im politischen Prozeß: Wirkungsweise und Einflußnahme im Vermittlungssystem der Literaturpolitik. [Hamburg] 1990, DNB1045415952 (Diplomarbeit Universität Hamburg, Institut für Politische Wissenschaften, 1990, IV, 110 Seiten, 30 cm, Teil der Bibliothek des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V. Frankfurt am Main).
Michaela Nelz: Geschichte und Aufgabe des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. [Mainz] 1994 DNB1045415936 (Magisterarbeit Universität Mainz, FB Sozialwissenschaften 1994, 120 Seiten, 30 cm, Teil der Bibliothek des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V. Frankfurt am Main).
Michael Kollmannsberger: Buchmarktforschung als Grundlagenforschung und angewandte Forschung: dargestellt am Beispiel der Buchmarktforschung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach von 1967 bis 1988. [München] 2000, DNB960697675 (Dissertation Universität München 2000, IV, 279 Seiten).