Anti-Aging, ist vor allem ein Marketingbegriff. Die angebliche und oft gewĂŒnschte Altersverhinderung einzelner Organe (wie der Haut, des Herzens) oder des gesamten menschlichen Körpers, bezeichnet MaĂnahmen, die zum Ziel haben, die LebensqualitĂ€t beim Altwerden möglichst lange auf hohem Niveau zu erhalten und den biologischen Alterungsprozess hinauszuzögern, um damit auch die individuelle Lebenserwartung zu verlĂ€ngern. Verwendet wird dieser ungenaue Begriff von der NahrungsergĂ€nzungsmittelindustrie, von Kosmetikherstellern als Verkaufsargument einzelner Produkte, gezielter auch in der Medizin und von ErnĂ€hrungswissenschaftlern, aber auch von Quacksalbern. Er erscheint auch teilweise im Zusammenhang mit Angeboten der Schönheitschirurgie.
Der Begriff Anti-Aging unterscheidet sich von VerjĂŒngung: WĂ€hrend Anti-Aging das Ziel hat, Alterungsprozesse zu verlangsamen, sollen diese durch VerjĂŒngungsmaĂnahmen sogar zurĂŒckgesetzt werden.
Wenn wir nicht so altern wĂŒrden, wie wir es zurzeit tun, wĂŒrde der Mensch nach Meinung von D. Pearson/S. Shaw durchschnittlich etwa 800 Jahre leben, nach Meinung von Randolph M. Nesse und George C. Williams etwa 690 Jahre. Die Lebensspanne wĂ€re nur durch UnfĂ€lle, Fremd- oder Selbsttötung und Krankheiten begrenzt. Die durchschnittliche Lebenserwartung (LE) hat sich zwar in der letzten Zeit in den LĂ€ndern der Ersten Welt deutlich erhöht, das maximal erreichbare Lebensalter scheint dagegen seit sehr langer Zeit konstant bei etwa 120 Jahre (bis 122 Jahre) zu liegen, ohne dass derzeit abzusehen ist, dass dieser Wert zukĂŒnftig durch Anti-Aging-MaĂnahmen beeinflussbar sein wird, da er unter UmstĂ€nden genetisch determiniert ist.
Wissenschaftler der Biogerontologie sind ĂŒberzeugt, dass der Prozess des körperlichen Alterns gleichzeitig durch mehrere Faktoren bedingt ist, von denen sich nur wenige bedingt beeinflussen lassen. Unterschieden werden prinzipiell:
Programmtheorien, genetische Ursachen (inkl. Telomerverlust), auch aktives Altern genannt
Wissenschaftliche Studien zur Zwillingsforschung haben ergeben, dass die Lebenserwartung zu etwa 30 Prozent durch die Gene vorgegeben ist. Andere Studien schÀtzen die Bedeutung der genetischen Ursachen höher ein und kommen auf einen Wert von 70 %. Wer aus einer Familie kommt, in der mehrere Vorfahren ein hohes Alter erreicht haben, hat selbst statistisch auch eine höhere Lebenserwartung. Langlebigkeit ist ein vererbbares Merkmal. Eine Vielzahl von Genen (death genes, longevity assurance genes) sind bei Lebewesen inzwischen identifiziert worden.
Das biochemische Altern ist ein Prozess, der im Körper ablÀuft und bei dem freie Radikale die wesentliche Rolle spielen. Sie entstehen permanent als Abfallprodukte des Stoffwechsels und gelten als potenziell zellschÀdigend. Nach Ansicht mancher Forscher können sie durch eine zusÀtzliche Zufuhr von bestimmten Vitaminen, LiponsÀure oder Selen teilweise unschÀdlich gemacht werden. Auf den Menschen bezogene Studien, die dies beweisen, gibt es jedoch nicht.
Hormonelles Altern
Im Laufe des Lebens sinkt die Produktion verschiedener Hormone im Körper kontinuierlich, was als eine wesentliche Ursache des Alternprozesses und von Krankheiten wie Demenz, Arthrose, Knochenschwund und auch von Krebs angesehen wird.
Die Altersforscher gehen nach aktuellem Wissensstand davon aus, dass Menschen im Idealfall etwa 120 Jahre alt werden können. Bekanntlich erreichen sehr wenige tatsĂ€chlich dieses Alter. Ein Ziel der Forschung ist es, die Bedingungen zu ergrĂŒnden, die das Erreichen eines sehr hohen Lebensalters fördern. Seit 1976 gibt es Untersuchungen der nationalen Gesundheitsinstitute der USA und des japanischen Gesundheitsministeriums auf der Insel Okinawa, auf der ĂŒberdurchschnittlich viele Menschen leben, die mindestens 100 Jahre alt sind, nĂ€mlich rund 600 bei insgesamt 1,3 Millionen Bewohnern. Okinawa ist die Ă€rmste PrĂ€fektur Japans, die Menschen leben vor allem vom Fischfang.
Relativ viele Hochbetagte leben auch auf Sardinien und in Neuschottland. In den MittelmeerlĂ€ndern ist die Rate der Zivilisationskrankheiten niedriger als im ĂŒbrigen Mitteleuropa. Bis heute hĂ€lt sich auch das GerĂŒcht, dass das Volk der Hunza besonders langlebig sei. Diese Annahme ist jedoch wissenschaftlich widerlegt, zu dieser Theorie ist es vermutlich durch reine SchĂ€tzung auf Grund des Aussehens Ă€lterer Menschen dieser Volksgruppe gekommen.
Studien
Der Nachweis einer tatsĂ€chlichen LebensverlĂ€ngerung ist schwer zu fĂŒhren. Man braucht dazu groĂe Vergleichsgruppen, die randomisiert prospektiv und am besten doppelblind mit verschiedenen Substanzen behandelt werden. Nach etwa 5 bis 10 Jahren vergleicht man die Sterblichkeit.
Kein Schutz vor Herzinfarkt durch Vitamin E und C
Obwohl der Markt fĂŒr Anti-Aging-Mittel, insbesondere Hormone, Vitamine und Spurenelemente, wĂ€chst, konnte nach diesen strengen Kriterien die Wirksamkeit nicht sichergestellt werden. Bei der Vermeidung von Herzinfarkten waren beispielsweise die sogenannten Antioxidantien Vitamin E und C in groĂen Studien wie der englischen Heart Protection Study unwirksam.
FolsĂ€ure schĂŒtzt gegen Herzinfarkt und Schlaganfall
Andererseits zeigte FolsĂ€ure, ein Vitamin der B-Gruppe, bei mehreren Studien eine gute Wirkung gegen Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.[1] Dies gilt allerdings speziell fĂŒr Menschen, die geringere Mengen an FolsĂ€ure durch ihre ErnĂ€hrung aufnehmen, wie das in bestimmten LĂ€ndern der Fall ist. Gibt es bereits genĂŒgend Aufnahme von FolsĂ€ure, zeigten sich keine Unterschiede. Ob zusĂ€tzliche empfohlen wird, ist fraglich und sollte Ă€rztlich abgeklĂ€rt werden.[2][3]
Erhöhung der Lebenserwartung durch Arteriosklerose-BekÀmpfung
Folgende Medikamente können die Lebenserwartung eines Teiles der Bevölkerung, der zur Arteriosklerose neigt (MĂ€nner ab 50, Frauen ab 65), möglicherweise gĂŒnstig beeinflussen:
Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer bei Menschen, die an krankhaft erhöhtem Blutdruck (arterielle Hypertonie) leiden. Ein ĂŒberlegener Effekt besonderer Substanzgruppen ist bisher nicht nachgewiesen. Nachgewiesen ist ausschlieĂlich eine effektive Blutdrucksenkung.
Cholesterinsenker, wie beispielsweise Statine, wurden bisher nur bei koronaren Risikopatienten geprĂŒft. Die ALLHAT-LLT-Studie[4] zeigte keinen Effekt der Intervention, wĂ€hrend die ASCOT-LLA-Studie[5] einen Effekt festgestellt haben will. Die letztgenannte Studie weist erkennbare MĂ€ngel auf. Sie wurde vorzeitig abgebrochen, wĂ€hrend die ALLHAT-LLT-Studie korrekt zu Ende gefĂŒhrt wurde.
Senkung kardiovaskulÀrer Risiken durch Omega-3-FettsÀuren
Omega-3-FettsĂ€uren sind Bestandteile der Zellmembran und wirken modulierend auf die Funktion verschiedenster Zellen. Deswegen gibt es nicht einen einzigen Wirkmechanismus dieser beiden Omega-3-FettsĂ€uren, sondern verschiedenste. In Untersuchungen am Menschen wurden folgende Wirkungen fĂŒr EPA und DHA nachgewiesen:
Sie wirken anti-arrhythmisch (beugen Herzrhythmusstörungen vor) sowohl auf der Ebene des Vorhofes wie der Herzkammer.
Sie stabilisieren instabile GefĂ€Ăbezirke, die sonst Herzinfarkte verursachen (âinstabile Plaquesâ).
Sie verlangsamen das Voranschreiten von VerĂ€nderungen der KoronargefĂ€Ăe.
Sie haben zahlreiche weitere positive Wirkungen auf GefĂ€Ăfunktion, Blutdruck, EntzĂŒndungsmediatoren.
Die kurzkettige (pflanzliche) α-LinolensĂ€ure (18:3 Ï-3) kann durch kompetitive Hemmung die LinolsĂ€ure (18:2 Ï-6) von den Desaturase- und Elongase-Enzymen verdrĂ€ngen und dadurch die Produktion und die Gewebekonzentrationen der entzĂŒndungsfördernden ArachidonsĂ€ure herabsetzen.[10]
Bislang liegen die Ergebnisse von vier groĂen klinischen Interventionsstudien an insgesamt ĂŒber 30.000 Personen vor: Diet and Reinfarction Trial (DART),[11]Gruppo Italiano per lo Studio della Sopravvivenza nellâInfarto miocardico-Prevenzione (GISSI-P),[12] DART-2,[13] und Japan EPA Lipid Intervention Study. (JELIS).[14] DART und GISSI-P zeigten eine Reduktion der GesamtmortalitĂ€t zwischen 20 und 29 Prozent des plötzlichen Herztodes von etwa 45 Prozent und kardialer Ereignisse nach Gabe von knapp einem Gramm EPA und DHA pro Tag.[11][12][15] DART-2 wurde so schlecht erhoben, dass verlĂ€ssliche Schlussfolgerungen nicht zu ziehen waren.[8][13] An JELIS nahmen 18.645 hyperlipidĂ€mische Japaner mit weiteren kardiovaskulĂ€ren Risikofaktoren fĂŒr fĂŒnf Jahre teil.[14] Traditionell wird in Japan viel Fisch, also auch viel EPA und DHA verzehrt, was hohe Spiegel nach sich zieht. Diese Spiegel wurden durch die Gabe von 1,8 Gramm pro Tag EicosapentaensĂ€ure noch weiter erhöht. Die Inzidenz des plötzlichen Herztodes lag in JELIS bei 40 pro 100.000, also noch deutlich unter der Inzidenz der deutschen Allgemeinbevölkerung (siehe oben). Auch andere kardiale Ereignisse waren in JELIS insgesamt selten und wurden durch Einnahme von EicosapentaensĂ€ure noch weiter reduziert.[14]
Thymustherapie
Laut einer im April 2014 veröffentlichten Studie gelang es im Mausmodell durch eine Hochregulierung des Transkriptionsfaktors FOXN1, den sich im Alter verkleinert habenden Thymus wieder zu vergröĂern. Die behandelten MĂ€use zeigten eine signifikante Outputsteigerung der im Thymus produzierten CD4 und CD8 T-Zellen, was gleichbedeutend ist mit einer erhöhten Immunkompetenz.[16]
Melatonin-Kritik
Zu den Anti-Aging-Hormonen gehört das Melatonin, das in der ZirbeldrĂŒse produziert wird und den menschlichen Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Die körpereigene Produktion lĂ€sst im Alter nach, was unter anderem zu Schlafstörungen fĂŒhren kann. Die Hypothese, dass Melatonin einen Anti-Aging-Effekt beim Menschen zeigen könnte, geht zum einen auf die Schweizer Forscher Maestroni und Pierpaoli zurĂŒck, andererseits auf den US-amerikanischen Forscher Russell J. Reiter.
In den USA gelten MelatoninprĂ€parate als âWundermittelâ und sind frei im Handel erhĂ€ltlich. Der wissenschaftliche Nachweis, dass Melatonin tatsĂ€chlich das âAlternâ verzögert, fehlt bislang, obwohl mehrere Studien positive Effekte auf die kognitive Funktion belegen; ebenso fehlen Langzeitstudien zu möglichen Nebenwirkungen. Melatonin mĂŒsste prĂ€ventiv in relativ hoher Dosierung eingenommen werden, was eine Störung zirkadianer Rhythmen zur Folge hĂ€tte, wenn dieses nicht regelmĂ€Ăig jeden Tag zu einer bestimmten Zeit eingenommen wĂŒrde. Die Behandlung mĂŒsste streng genommen bereits in der Kindheit einsetzen, was sich wegen der störenden EinflĂŒsse des Melatonins auf die kindliche sexuelle Entwicklung verbietet. Melatonin war darĂŒber hinaus eine Zeit lang im GesprĂ€ch als âPille fĂŒr den Mannâ und gilt als âWaffeâ gegen freie Radikale.
Anti-Aging-Therapien
Als Anti-Aging-Therapie werden ganz uneinheitlich unterschiedliche MaĂnahmen bezeichnet. Das kann, angefangen bei der therapeutischen Behandlung bestimmter Alterskrankheiten wie Alzheimer und GedĂ€chtnistraining, ĂŒber ErnĂ€hrungsberatung und bis hin zum Einsatz von NahrungsergĂ€nzungsmitteln und Hormontherapien gehen.
Lebensweise
Auf Grund vorliegender Forschungsergebnisse empfehlen die verschiedenen Anti-Aging-Experten generell Dinge, die allgemein die Gesundheit fördern können:
Vermeidung von Ăbergewicht und gemĂ€Ăigtes âHungernâ
RegelmĂ€Ăige Bewegung (Verbrauch von mindestens 8.370 bis 12.560 kJ an Nahrungsenergie pro Woche, in veralteten Einheiten ca. 2.000 bis 3.000 kcal pro Woche); siehe auch Seniorensport
Verzicht auf das Rauchen
Verzicht auf ausgiebige SonnenbÀder und Besuche in Solarien
Vermeidung von negativem Stress
Die Hormonsubstitution bei alternden Menschen ist unter Medizinern umstritten. Hormongaben können auch negative Auswirkungen haben, wie es aus Studien ersichtlich ist. So steht die langfristige Einnahme weiblicher Hormone im Verdacht, das Risiko fĂŒr ein Tumorwachstum zu erhöhen.[17]
ErnÀhrung
HĂ€ufig wird eine hohe tĂ€gliche Zufuhr der Vitamine A, C und E empfohlen sowie von Selen, um die schĂ€dliche Wirkung der freien Radikale zu bremsen. Bei einem solchen Vorgehen mĂŒssten die entsprechenden Substanzen allerdings in hoher Dosierung lebenslang gegeben werden. Zu hohe Vitamin-C-Gaben fĂŒhren wiederum zu einem Ansteigen der Konzentrationen an freien Radikalen insbesondere in Anwesenheit von freiem Eisen, was eine mögliche Wirkung in Frage stellt. AuĂerdem wird hĂ€ufig geraten, auf rotes Fleisch, tierische Fette, Zucker, regelmĂ€Ăigen Kaffee- und Alkoholkonsum und Nikotin zu verzichten. Statt Rotwein wird eher âRoter Traubensaftâ oder âWeintraubenextrakt aus roten Trauben und Kernenâ empfohlen.[18]Gelatine-Hersteller behaupten, dass durch die Einnahme von tĂ€glich 10 Gramm ihres Produktes unter anderem das Bindegewebe gefestigt und die Faltentiefe der Haut gemindert werde.[19] Mit dem gleichen Zweck wird das verwandte NahrungsergĂ€nzungsmittel Kollagen-Hydrolysat vertrieben.
Nachweislich leben ĂŒberdurchschnittlich viele Menschen, die Ă€lter als 100 Jahre alt werden, auf Okinawa und auf Sizilien; auf beiden Inseln werden die Geburten amtlich erfasst.[20] Im Gegensatz dazu gibt es zum Beispiel fĂŒr die Altersangaben der Hunzukuc keine amtlichen Belege. Auf Okinawa ernĂ€hren sich die Bewohner vor allem von Fisch, Nori, Goya-Gurken, Soja, Tofu, Kohl, SĂŒĂkartoffeln, Obst und grĂŒnem Tee. Auf Sizilien wird viel GemĂŒse gegessen, auĂerdem spielen Fisch und Olivenöl bei der ErnĂ€hrung eine wichtige Rolle.
Da die meisten Menschen, die ĂŒber 100 Jahre alt werden, schlank sind und tendenziell eher Untergewicht haben, was auch auf Okinawa und Sizilien der Fall sein soll, gibt es auĂerdem den Tipp, die tĂ€gliche Zufuhr von Nahrungsenergie zu senken und bei den Mahlzeiten nie bis zur völligen SĂ€ttigung zu essen.
An der UniversitÀt Wien konnte mit einer Gruppe von 110 gesunden Menschen gezeigt werden, dass durch die Einnahme von einem NahrungsergÀnzungsmittel mit speziellen Pflanzenstoffen, Mineralien und Vitaminen die TelomerelÀnge positiv beeinflusst werden kann. Die gesamte TelomerlÀnge zeigte eine signifikante Zunahme um durchschnittlich 17,77 % ohne die Telomerase-AktivitÀt zu erhöhen.[21]
Eine lebenslange hypokalorische ErnĂ€hrung (Kalorienrestriktion) erhöht die Lebenserwartung bei Tieren, aber auch bei Einzellern, und ist bis jetzt bei MĂ€usen, Ratten, Fischen, Fliegen und Spinnen nachgewiesen. In Tierversuchen an MĂ€usen, aber auch bei Menschenaffen habe sich durch eine stĂ€ndige leichte âHungerkurâ das Lebensalter um bis zu 40 Prozent verlĂ€ngert, bei Hefezellen um 70 Prozent.[20] Bei MĂ€usen entspricht das einem Plus von zwei Jahren. AnhĂ€nger einer permanenten unterkalorischen ErnĂ€hrung bezeichnen sich selbst als Cronie.
Einige Wissenschaftler bezweifeln, dass sich die Ergebnisse auf den Menschen ĂŒbertragen lassen. AuĂerdem hat eine dauernde unterkalorische ErnĂ€hrung auch unerwĂŒnschte Begleiterscheinungen, bei denen eventuell mögliche Gegen-/PrĂ€ventionsmaĂnahmen noch unbekannt sind. Bei Affen wurde Knochenschwund festgestellt, auĂerdem sinkt die Körpertemperatur und die Paarungsbereitschaft verschwindet.[20] Die Dauer einer unterkalorischen ErnĂ€hrung, sowie die Höhe des Kaloriendefizits, können jedoch auch auf ein mildes MaĂ beschrĂ€nkt werden.
Eine Variante der Kalorienrestriktion ist das intermittierende Fasten â Perioden mit Intervallen, in denen man keine Nahrung, sondern nur z. B. Wasser und Tee/Kaffee zu sich nimmt.
David Sinclair von der Harvard Medical School in Boston ist davon ĂŒberzeugt, dass drastische Kalorienrestriktion einen âNotrufâ in den Körperzellen auslöst, der den Alterungsprozess drastisch verlangsamt. Er hat in Laborversuchen herausgefunden, dass sich dieser lebensverlĂ€ngernde Effekt in vitro bei Hefezellen durch die Substanz Resveratrol aus Rotwein kĂŒnstlich auslösen lĂ€sst. Ob sich das Ergebnis auf Menschen ĂŒbertragen lĂ€sst, ist offen.[20]
Aktuellere wissenschaftliche Ăbersichtsarbeiten bestĂ€tigten jedoch, dass Kalorienrestriktion oder Intervallfasten bei gesunden Erwachsenen wahrscheinlich zu Ă€hnlicher Lebenserweiterung â VerlĂ€ngerungen der Gesundheits- und Lebensspanne â fĂŒhrt, wie sie bei Tierversuchen festgestellt wurden. Die Studien beschreiben die gesundheitlichen Auswirkungen und molekularen Mechanismen solcher Phasen zu denen Autophagie zĂ€hlt.[22][23] Ein Problem wissenschaftlicher Untersuchungen dazu ist, dass die relativ lange Lebensdauer von Menschen es schwer macht derartige Interventionen direkt zu testen. ZeitrĂ€ume, in denen man die Kalorienaufnahme auf ein konstantes Defizit beschrĂ€nkt können mit Intervallfasten und Varianten der mediterranen ErnĂ€hrung kombiniert werden, welche in der Regel langfristige kardiovaskulĂ€re Vorteile bewirken und die Langlebigkeit ebenfalls erhöhen könnten.[24] Welche Protokolle (etwa Dauer und Höhe des Kaloriendefizits) und Kombinationen (siehe z. B. Kalorienrestriktionmimetikum, Wirkungen des Kaffees und AMPK) mit Kalorienrestriktion beim Menschen allgemein und je nach Person[23] wirksam oder am wirksamsten sind, ist noch unbekannt.
Testosterontherapie
Das Testosteronniveau sinkt bei MĂ€nnern um bis zu ein Prozent pro Jahr, sodass es bei Personen von 60 bis 80 Jahren nur noch 30 bis 50 % des Ausgangswertes hat.[25] Durch einen zu niedrigen Testosteronspiegel erhöht sich das Herzinfarktrisiko signifikant.[26] Allerdings sollte bei einer Vorgeschichte von Herzinfarkten mit Testosterongaben Ă€uĂerste Vorsicht angebracht sein.[27] Durch Testosterongabe (+ Training) erhöht sich die Muskelmasse, wodurch bei Ă€lteren MĂ€nnern die MobilitĂ€t und die LebensqualitĂ€t deutlich verbessert wird.[28] Im Seniorensport gehören Therapeutic Use Exemptions. fĂŒr Testosteron zu den am hĂ€ufigsten verwendeten Medikamenten, da bei niedrigem Testosteronspiegel die sportliche LeistungsfĂ€higkeit deutlich herabgesetzt ist.[29] Die Zufuhr von Testosteron bei MĂ€nnern mit Prostatakrebs ist umstritten, da einerseits die bisherigen Ergebnisse der Forschung höchst widersprĂŒchlich sind,[30] es aber auch andererseits zu einem Paradigmenwechsel in der Prostataforschung gekommen ist.[31]
Methoden ohne Wirkungsnachweis
Frischzellentherapie
Bis in die 1990er Jahre galt auch die Frischzellentherapie als mögliche âGeheimwaffeâ gegen Alternsprozesse; in Deutschland wurde sie 1997 erstmals verboten, das Verbot 2000 aufgrund von ZustĂ€ndigkeitserwĂ€gungen jedoch vom Bundesverfassungsgericht wieder aufgehoben. Nach zwei Gutachten[32] zum negativen Nutzen-Risiko-VerhĂ€ltnis und zur rechtlichen Bewertung sowie einem Urteil[33] des Landgerichts MĂŒnchen I, in dem FrischzellenprĂ€parate als bedenkliches Arzneimittel gem. § 5 Arzneimittelgesetz eingestuft wurden, wurde die Herstellung entsprechender Produkte durch die Verordnung ĂŒber das Verbot der Verwendung von Frischzellen tierischen Ursprungs bei der Herstellung von Arzneimitteln im Jahr 2021 erneut bundesweit verboten.
Dehydroepiandrosteron
Dehydroepiandrosteron (DHEA) steuert die Produktion von Geschlechtshormonen bei MĂ€nnern und Frauen. Die Konzentration von DHEA im Körper sinkt im Alter drastisch. Anti-Aging-Mediziner postulieren, dass eine Einnahme der Substanz positive Auswirkungen auf die Muskelmasse habe, die Haut straffer werde und sich das GedĂ€chtnis verbessere. Auch zur positiven Wirkung der DHEA-Substitution gibt es keine verlĂ€sslichen wissenschaftlichen Studien. Es gibt Hinweise auf eine mögliche BegĂŒnstigung von Tumoren, doch wird dies von anderer Seite bestritten, unter anderem von der German Society of Anti-Aging-Medicine (GSAAM). Als Einzelsubstanz ist DHEA in Deutschland bislang nicht zugelassen, sie ist jedoch in PrĂ€paraten zur Behandlung von Frauen in den Wechseljahren enthalten. Die GSAAM betont auf ihrer Website: âIn den pharmazeutischen PrĂŒfberichten des Bundesamtes fĂŒr pharmakologische Sicherheit ist keine einzige Nebenwirkung berichtet worden, weder im onkologischen noch im metabolen oder kardiologischen Bereich.â
Wachstumshormone
Seit einer 1990 publizierten Studie[34] gilt das Wachstumshormon Somatotropin (HGH, Human Growth Hormone) als besonders wirksames Anti-Aging-Mittel. Die AnhĂ€nger werben mit Aussagen wie Fettabbau, Hautgeneration, PrĂ€vention von Diabetes mellitus, Verbesserung des Stoffwechsels und eben verzögertes Altern. Auch die Bildung von Wachstumshormonen lĂ€sst im Laufe des Lebens kontinuierlich nach. Kritiker warnen jedoch vor unkalkulierbaren Risiken. Der Altersforscher Christoph Bamberger weist darauf hin, dass Tierversuche gezeigt haben, dass die Gabe von Wachstumshormonen Krebs begĂŒnstigt, da die Substanz generell alle Zellen zum Wachstum anregt, also auch möglicherweise vorhandene âschlafendeâ Krebszellen.
Dem gegenĂŒber verweisen BefĂŒrworter der Therapie mit Somatotropin auf Studien, die die Schutzwirkung dieses Substanz vor Krebs belegen. Die Anwendung von Somatotropin sollte unter Aufsicht eines spezialisierten Arztes erfolgen, der die Substitution in Abstimmung mit anderen defizienten Hormonen durchfĂŒhrt. Eine Monotherapie mit Somatotropin ist bei multipler hormoneller Defizienz â wie sie meist ab der Lebensmitte vorliegt â nicht empfehlenswert, da Somatotropin die AusschĂŒttung z. B. von Cortisol bremst, was die Stressresistenz verringern kann. Als Applikationsform ist nur die Injektion in das Unterhautfettgewebe wirksam.
In verschiedenen Tiermodellen konnte dagegen gezeigt werden, dass reduzierte Spiegel von Wachstumshormonen, und als Folge davon von IGF-1, sowohl die mittlere als auch die maximale Lebenserwartung signifikant erhöhen.[35]Heterozygote weibliche MĂ€use, bei denen der IGF-1-Rezeptor âabgeschaltetâ wurde (Gen-Knockout), haben dementsprechend eine höhere Lebenserwartung.[36]Transgene MĂ€use, die vermehrt Wachstumshormone exprimieren, weisen dagegen eine deutlich reduzierte Lebenserwartung auf, sind frĂŒher geschlechtsreif und zeigen altersbedingte VerĂ€nderungen ebenfalls deutlich frĂŒher, als der Wildtyp.[37][38]
Thymustherapie
Mit zunehmendem Alter lĂ€sst die AktivitĂ€t des Thymus, der fĂŒr das Immunsystem eine wichtige Funktion hat, nach (Immunoseneszenz). Um diesem Effekt entgegenzuwirken, wurden frĂŒher ThymusprĂ€parate von Schaf-Embryonen im Rahmen der Frischzellentherapie injiziert. Heute werden meist PrĂ€parate aus getrockneten ThymusdrĂŒsen von ausgewachsenen Schafen oder Schweinen oral verabreicht. Diese Therapie wird von einigen Ărzten und Heilpraktikern mit dem Ziel angeboten, die Immunabwehr zu stĂ€rken. Mitunter wird auch behauptet, dass damit Krebs bekĂ€mpft werden könne. Es wird auch damit geworben, dass ThymusprĂ€parate das Altern verzögern. Studien, die diese Behauptungen wissenschaftlich belegen, gibt es dazu nicht.
Entfernung seneszenter Zellen
Eine Entfernung seneszenter Zellen in einem Organismus fĂŒhrt zu einem spĂ€teren Einsetzen altersbedingter Erkrankungen und einer höheren durchschnittlichen Lebensspanne.[39]
Anti-Aging und Kosmetik
Sichtbares Ă€uĂeres Zeichen des Alterns ist die Hautalterung, die etwa ab dem 25. Lebensjahr einsetzt und irgendwann vor allem in Form von Falten sichtbar wird. Dabei wird wieder zwischen dem biologischen Altern und dem Altern durch Ă€uĂere EinflĂŒsse unterschieden. Biologisch verlangsamt sich die Geschwindigkeit der Zellerneuerung, die FĂ€higkeit Feuchtigkeit zu speichern nimmt ab. In tieferen Hautschichten wird durch das EnzymCollagenase mit zunehmendem Alter immer mehr Kollagen abgebaut, wodurch die Haut an ElastizitĂ€t verliert.[40][41]
Der wichtigste Ă€uĂere Faktor bei der Hautalterung ist die Einwirkung von UV-Strahlung, auch als Lichtalterung bezeichnet. Die UV-Strahlung lĂ€sst freie Radikale entstehen, die Zellbestandteile zerstören und Zellen zum Absterben bringen können.
Vor allem ausgiebige SonnenbĂ€der und Besuche im Solarium verstĂ€rken diese Form des Alterns. Auch âAltersfleckenâ sind SonnenschĂ€den. Auch Nikotingenuss fĂŒhrt zu einer vorzeitigen Hautalterung mit Faltenbildung.
Da deutlich sichtbare Falten als Zeichen des Ălterwerdens zumindest im westlichen Kulturkreis als nicht erstrebenswert gelten, werden zahlreiche Kosmetikprodukte mit dem Schlagwort Anti-Aging und dem Versprechen der Faltenreduktion beworben. Der Begriff Anti-Aging ist nicht gesetzlich geschĂŒtzt, kann also beliebig benutzt werden. Am gröĂten ist das Marktangebot bei Gesichtscremes, wobei verschiedene Inhaltsstoffe als âFaltenkillerâ beworben werden. Dazu zĂ€hlen Vitamin C, Retinol, Kollagen, Coenzym Q10, HyaluronsĂ€ure, aber auch Kaviarextrakt und sogar Goldpartikel.
Stiftung Warentest bemĂ€ngelt regelmĂ€Ăig in ihren Untersuchungen mangelnde beziehungsweise nur kurze und geringe oder nicht nachgewiesene Wirksamkeit der Produkte.[42][43]
Die Kosmetikbranche bzw. kosmetische Medizin bieten unter den Begriffen Anti-Aging oder Pro-Aging ein breites Spektrum von Methoden zur BekĂ€mpfung von Falten an. HĂ€ufig wird der Begriff auch fĂŒr MaĂnahmen der Schönheitschirurgie verwendet. Die Wirkung aller Methoden ist zeitlich auf Monate oder Jahre begrenzt und teilweise mit Risiken verbunden. Das Altern des Organismus und der Haut wird dadurch de facto nicht beeinflusst.
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