Als Teil der russischen Invasion, die am 24. Februar 2022 begann, führten russische Streitkräfte, die mit den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk verbündet sind, eine Offensive an, die darauf abzielte, die von der Ukraine kontrollierten Teile der OblasteDonezk und Luhansk zu erobern. Die in Slowjansk und Kramatorsk stationierten Soldaten der ukrainischen Streitkräfte spielten eine Schlüsselrolle beim Widerstand gegen die russische Offensive.[3]
In der Nacht des 7. April warnte der pro-russische Telegramkanal ‚ZАПИСКИ VЕТЕРАНА‘ („Veteranennotizen“) die Zivilbevölkerung davor, die Eisenbahn aus Slowjansk und Kramatorsk zu benutzen.[4][5][6][7]
Hergang
Der Bahnhof wurde gegen 10:30 Uhr Ortszeit (UTC+3) von mehreren russischen 9K79-1 Totschka-U-Raketen getroffen.[8][9][10][11] Ersten Vermutungen zufolge wurde angenommen, dass die Raketen mit 9N123F-Splittergefechtsköpfen ausgerüstet waren, die in der Luft, oberhalb ihrer Zielgebiete explodieren.[12] Späteren Untersuchungen, bei denen Human Rights Watch die Raketentrümmer, Splitter und die Verletzungen der Opfer untersuchte, kamen zum Schluss, dass 9M79-Raketen mit 9N123K-Gefechtsköpfen für 9N24-Streumunition zum Einsatz kamen.[8][13]
Nach Angaben der ukrainischen Regierung befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffs mindestens 1000, möglicherweise 4000 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, auf dem Bahnhof. Sie warteten auf ihre Evakuierung aus dem stark belagerten Gebiet. Ein Mitarbeiter der gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation World Central Kitchen, der zum Zeitpunkt des Angriffs auf der Station war, sagte, er habe fünf bis zehn Explosionen gehört.[14] Eine der Raketen, die zwischen den Trümmern in der Nähe des Bahnhofs lag, trug die weißgetünchten kyrillischen Buchstaben ‚за детей‘, was auf Russisch „(Vergeltung) für die Kinder“ bedeutet.[9][12]
Opfer
Kurz nach dem Angriff wurden mehr als 50 Tote gemeldet. Am 10. April gab Pawlo Kyrylenko, der Gouverneur von Donezk, bekannt, dass die Zahl der Todesopfer auf 57 gestiegen sei. Mindestens 109 seien verletzt worden.[15]
Der Kreml dementierte, diese Kurzstreckenraketen einzusetzen, und gab an, auch keine Kampfeinsätze in Kramatorsk durchgeführt bzw. geplant zu haben. Auch die russischen Separatisten dementieren, etwas mit dem Angriff zu tun gehabt zu haben, und gaben ukrainischen „Nationalisten“ die Schuld.[11] Allerdings hatte das russische Verteidigungsministerium am Morgen gegen 10:10 Uhr (UTC+3), und somit kurz vor der Bombardierung des Bahnhofs in Kramatorsk, bekannt gegeben, die Bahnhöfe in Slowjansk, Pokrowsk und Barwinkowe mit „hochpräzisen luftgestützten Raketen“ angegriffen zu haben.[18]
Die BBC warnte am 13. April 2022 vor einem gefälschten Video über den Angriff des Bahnhofs, in dem ihr Logo sichtbar eingeblendet und im „BBC-Stil“ produziert wurde. Das gefälschte Video soll belegen, dass der Beschuss vom ukrainischen Militär verübt wurde. Die BBC hat dieses Video nicht produziert. Es wurde im russischen Fernsehen gezeigt und in den sozialen Medien verbreitet, es stammt laut BBC wahrscheinlich von kremlfreundlichen Konten auf Telegram.[19]
Gedenkstein für die Opfer des Angriffs auf dem Bahnhofsvorplatz
Gedenken den Opfern auf dem Bahnhofsvorplatz am ersten Jahrestag des Angriffs
Kuscheltiere an einem Zaun am ersten Jahrestag des Angriffs
↑ abChristoph Reuter: (S+) Angriff auf Zivilisten am Bahnhof in Kramatorsk: Sie wollten fliehen – dann kam die Rakete. In: Der Spiegel. 8. April 2022, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2022]).