Amely Bölte wurde als eines von (mindestens) sechs Kindern[1] des Advokaten und Rehnaer Bürgermeisters Johann Christoph Bölte († 1831) und dessen aus Güstrow stammender Frau Amalia Louisa, geb. Tarnow (* 1785),[2] in der nordwestmecklenburgischen Kleinstadt Rehna geboren und am 13. Oktober 1811 in der dortigen Stadtkirche getauft. Der spätere Bürgermeister von Hagenow, Ernst Bölte war ihr älterer Bruder. Die Schriftstellerin und Übersetzerin Fanny Tarnow war ihre Tante mütterlicherseits.
Seit 1822 erfolgten wiederholte lange Aufenthalte in (Bad) Doberan bei Fanny Tarnow, die auf Bölte einen großen Eindruck machte. 1825 verlobte sie sich auf Wunsch des Vaters, der nicht wünschte, dass sie wie ihre Tante ‚verbildet‘ würde. Sie löste diese Verlobung aber 1827, auch aufgrund Tarnows Einfluss, wieder auf.
Amely Bölte wurde zunächst Erzieherin, um auf eigenen Füßen zu stehen. Ab 1828 war sie angestellt im Haushalt des Kammerherrn von Könnemann in Pritzier, wo sie neben dem Unterrichten auch ihre eigene Bildung vervollständigte. Diese Aufgabe füllte sie aber auf die Dauer nicht aus. 1839 begab sie sich nach England, wo sie Englisch studierte und für deutsche Zeitschriften literarisch tätig wurde. In London verkehrte sie im Haus des Schriftstellers Thomas Carlyle. Für ihren Lebensunterhalt übersetzte sie zunächst Romane. Sie begann aber auch selbst zu schreiben, zunächst unter einem männlichen Pseudonym. 1848 veröffentlichte sie von London aus in Leipzig ihr erstes Werk Erzählungen aus der Mappe einer Deutschen in London. Diese Erzählung machte sie bekannt. Auf Vermittlung von Karl August Varnhagen von Ense wurde sie Korrespondentin für das Morgenblatt des Verlag Cotta.[3]
Im Jahr 1852 kehrte sie nach Deutschland zurück, ließ sich in Dresden nieder und begann mit der Veröffentlichung zahlreicher Werke. Dies waren vor allem biographische Romane und historische Zeitbilder, enthielten aber auch der Frauenfrage gewidmete Themen. 1866 unternahm sie Reisen nach Paris und Rom. Anschließend wohnte sie vorübergehend in Karlsruhe und dann ab 1879 in Wiesbaden, wo sie am 15. November 1891 starb.
Werke (Auswahl)
In ihrem Werk schilderte Bölte das Leben der höheren Gesellschaft in England und kopierte hierfür auch den Stil des „Gouvernantenromans“ von Charlotte Brontë. Später schrieb sie bevorzugt biographische und historische Romane. Sie wird zu den gesellschaftskritischen Autorinnen gezählt, die durch ihre Tätigkeit die Situation der arbeitenden Frauen schildern und verbessern wollten.[4]
Louise oder Die Deutsche in England. Erzählung. Bautzen 1846.
Erzählungen aus der Mappe einer Deutschen in London. Grunow, Leipzig 1848.
Visitenbuch eines deutschen Arztes in London. Zwei Bände. Duncker & Humblot, Berlin 1852.
Band 1 (Digitalisat bereitgestellt von der Bayerischen Staatsbibliothek)
Band 1 (Digitalisat bereitgestellt von der Bayerischen Staatsbibliothek)
Eine deutsche Palette in London. Erzählung. Duncker & Humblot, Berlin 1853.
Männer und Frauen. Novellen. Zwei Bände. Katz, Dessau 1854.
Bölte, Amely. In: Meyers Konversations-Lexikon. Band 3: Blattkäfer – Chimbote. 4., gänzlich umgearbeitete Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig u. a. 1886, S. 173 f.
Arnaldo Di Benedetto: Genio o talento forzato? Vittorio Alfieri da autore a personaggio. In: Arnaldo Di Benedetto: Il dandy e il sublime. Nuovi studi su Vittorio Alfieri (= Lettere italiane. Saggi. 58). Olschki, Firenze 2003, ISBN 88-222-5206-3, S. 137–160.
Bölte, Amely, in: Gudrun Wedel: Autobiographien von Frauen : ein Lexikon. Köln : Böhlau, 2010, S. 109
↑Zwölf Geschwister laut Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. dtv München, 1986. ISBN 3-423-03282-0. S. 36
↑Zu ihrer Zeit in England siehe Ursula Schmidt-Brümmer: Zwischen Gouvernantentum und Schriftstellerei: Amalie Bölte in England. In: Peter Alter, Rudolf Muhs (Hrsg.): Exilanten und andere Deutsche in Fontanes London. (Charlotte Jolles zum 85. Geburtstag) (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik. Nr. 331 = Publications of the Institute of Germanic Studies, University of London. Bd. 66). Heinz, Stuttgart 1996, ISBN 3-88099-335-1, S. 198–224.
↑Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. dtv München, 1986. ISBN 3-423-03282-0. S. 37