Die Agora Energiewende ist eine Denkfabrik und Lobby-Organisation,[1] die es sich zur Aufgabe gemacht hat, nach mehrheitsfähigen Kompromiss-Lösungen beim Umbau des Stromsektors innerhalb der Energiewende in Deutschland zu suchen. Sie wurde von Hal Harvey gegründet. Der Name Agora nimmt Bezug auf den gleichnamigen griechischen Versammlungsplatz (altgriechischἀγοράagorá). Die Agora Energiewende hat sich innerhalb weniger Jahre einen Namen als einer der wichtigsten Akteure auf dem Gebiet der Energiepolitik gemacht.[2][3][4]
Im Zuge der Trauzeugenaffäre um den ehemaligen Direktor und späteren Staatssekretär Patrick Graichen wurde der Einfluss der Denkfabrik auf die Energiepolitik der Ampelkoalition 2023 kontrovers diskutiert.[16] Im Fokus der Kontroverse stand auch der US-amerikanische Lobbyist und Aktivist Hal Harvey, der Agora Energiewende 2012 mitbegründete.[17]
Arbeitsweise
Die Mitarbeiter vergeben Studien an Forschungsinstitute und erarbeiten eigene Analysen und Studien wie beispielsweise zum Sanierungssprint.[18] Diese Arbeitsergebnisse dienen als Diskussionsvorlage für den Rat der Agora. Erklärtes Ziel der Agora Energiewende ist die Herausbildung einer gemeinsamen Sichtweise,[18] wie ein auf erneuerbaren Energien basierendes Stromsystem gestaltet werden kann.[19]
Rat der Agora
Das zentrale Gremium ist der „Rat der Agora“[20]: Seine Mitglieder treffen sich regelmäßig, sie tagen dabei nach den Regeln der Chatham House Rules, das heißt, dass Äußerungen von einzelnen Mitgliedern nicht zusammen mit deren Namen zitiert werden dürfen. Der Rat der Agora Energiewende setzt sich (Stand 3. Juni 2019) folgendermaßen zusammen:[21]
Die Finanzierung wird auf der Homepage der Organisation öffentlich dargelegt und erfolgte 2022 zu ca. 83,4 % aus Stiftungen und zu ca. 16,6 % aus öffentlichen Mitteln von mehreren deutschen Ministerien. Hauptfinanzierer waren 2022 das European Climate Foundation (ECF), das Aspen Global Change Institute und die Stiftung Mercator.[22][23] Rechtlich ist sie ein Geschäftsbereich der gemeinnützigen Smart Energy for Europe Platform (SEFEP) gGmbH. Deren Gesellschafter sind die Stiftung Mercator mit Sitz in Essen sowie die European Climate Foundation mit Sitz in Den Haag.[19]
Zunächst wurde die Denkfabrik in einer Projektlaufzeit von 2012 bis 2017 mit einem Budget von 14 Mio. Euro finanziert. Im Jahr 2016 wurde die Finanzierung um weitere fünf Jahre bis 2022 mit einem Budget von 15 Mio. Euro verlängert.[24]
Der Verlängerung der Finanzierung ging eine Evaluation durch das Kölner NewClimate Institute voraus, in der festgehalten wurde, dass „die Arbeitsweise in den meisten Fällen ausgewogen erschien, da sowohl die Industrie als auch die Umweltverbände immer wieder unzufrieden mit den Vorschlägen sind.“[25] Im Jahr 2020 verlängerte die Stiftung Mercator ihre Förderung bis 2026.[26] Seit 2019 wird der Thinktank auch vom Aspen Global Change Institute und seit 2020 durch Climate Imperative gefördert.[19]
Analog dem Vorgehen bei den Kernkraftwerken sieht der Vorschlag vor, dass die ältesten Kraftwerke zuerst vom Netz gehen.[28] Beginnend mit dem Jahr 2018 sollen jährlich ca. 3.000 Megawatt an Leistung stillgelegt werden.[28] Das entspricht 3–4 großen Kraftwerks-Blöcken pro Jahr.
Zentrale Punkte in diesem Vorschlag sind:
dass kein neues Kohlekraftwerk mehr genehmigt wird[29]
dass Planungssicherheit hergestellt werden soll[30]
Der Vorschlag zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 basiert auf dem 2-Grad-Ziel, so wie es vor dem Klimagipfel von Paris gegolten hat.[31]
Regelmäßige Veröffentlichungen
Agorameter
Mit dem Agorameter wird die stündliche Stromerzeugung in Deutschland dargestellt. Die Daten werden mit einer Verzögerung von ca. 2–3 Stunden veröffentlicht und werden bei den erneuerbaren Energien unterteilt nach Wind, Sonne, Wasser und Biomasse, bei den konventionellen Kraftwerken nach Kernenergie, Braunkohle, Steinkohle und Erdgas. Zusätzlich werden die deutsche Stromnachfrage sowie weitergehende Daten (u. a. Strompreis, Exporte, Importe und Emissionsfaktor) dargestellt.[32]
Der Datenbestand reicht zurück bis in das Jahr 2012.[32] Eine ähnliche, wenn auch deutlich umfangreichere Datenaufbereitung zum Thema Elektroenergie in Deutschland wird durch die Fraunhofer-Gesellschaft mit den „Energy Charts“[33] angeboten. „Gridwatch“[34] stellt das Stromnetz der Brit. Inseln oder wahlweise Frankreich mit Zeigerinstrumenten dar.
In die Schlagzeilen gekommen ist das Agorameter am Pfingstsonntag 2016. Auf Basis vorläufiger Zahlen wurde eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien ausgewiesen. Die endgültigen Zahlen konnten dieses Ergebnis dann nicht bestätigen.[35]
Das Agorameter ist eine anerkannte Datenbank[36] und wird regelmäßig zitiert, wenn über den Anteil der erneuerbaren Energien berichtet wird.[37]