Nach der Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft (1946) schrieb Höfer gelegentlich Theaterkritiken für den Rheinischen Merkur und richtete früh sein Interesse auf Hörfunk und Fernsehen (Südwestfunk Baden-Baden in der Außenstelle Koblenz, Nordwestdeutscher Rundfunk bzw. Westdeutscher Rundfunk im Funkhaus Köln).[1] Er gilt als Gründervater des WDR-Regionalprogramms und moderierte Sendungen wie das bis in die Gegenwart ausgestrahlte Echo des Tages (Hörfunk) und Hier und Heute (Fernsehen). 1964 übernahm Höfer die Leitung des neu geschaffenen dritten Fernsehprogramms des WDR, 1972 wurde er WDR-Fernsehdirektor. Im Jahr darauf bewarb er sich um das Amt des WDR-Intendanten, 1977 beendete er auf eigenen Wunsch seine feste Tätigkeit im WDR. Zwischenzeitlich fungierte er auch als Chefredakteur der Neuen Illustrierten und als diplomatischer Korrespondent der Zeitschrift Stern.
„Der internationale Frühschoppen“
Bekannt wurde Werner Höfer insbesondere durch den von ihm moderierten Internationalen Frühschoppen, einer sonntäglichen Journalistenrunde, in der internationale Medienvertreter aktuelle politische Themen diskutierten. Dabei handelte es sich um ein in Anlehnung an das US-Fernsehen entwickeltes Talking-Heads-Format, das bei Höfer jedoch eine unverwechselbare kosmopolitische Note erhielt. Die erste Ausgabe wurde am 6. Januar 1952 im NWDR-Hörfunk gesendet, ab August 1953 übertrug das ARD-Fernsehen die Sendung wöchentlich.[5] Ein Vorläufer des Internationalen Frühschoppens war die Hörfunksendung Gespräche über den Schlagbaum, die Höfer für Radio Koblenz konzipiert und moderiert hatte, eine Diskussionsrunde mit Journalisten aus den vier Besatzungszonen Deutschlands in der Nachkriegszeit.[6]
Ungeachtet mancher Stimmen, die Höfer Weitschweifigkeit und einen zuweilen oberlehrerhaften Moderationsstil vorwarfen, war die Sendung jahrzehntelang eine feste Institution im deutschen Fernsehen; parallel zur TV-Ausstrahlung wurde die Sendung stets in mehreren ARD-Hörfunkprogrammen übertragen. Eine Besonderheit bestand darin, dass Höfer sich nie vertreten ließ und seinen Urlaub stets so legte, dass er das ganze Jahr über sonntags seine Gastgeberrolle im Frühschoppen wahrnehmen konnte. Zur Wirkung Höfers bilanzierte Norbert Schneider 1979: „Für die ersten 25 Jahre des Deutschen Fernsehens hat es Werner Höfer geschafft, ähnlich wie etwa das Wort zum Sonntag, die politischen Montagsmagazine der ARD bis 1977 und die am frühen Samstagabend ausgestrahlte Sportschau mit Fernsehen schlechthin identifiziert zu werden.“[7]
Kreiten-Affäre und Ende des „Frühschoppens“
Am 3. September 1943 war der Pianist Karlrobert Kreiten vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und vier Tage später hingerichtet worden. Kreiten hatte Zweifel geäußert, dass Deutschland den Krieg gewinnen könne. Am 20. September kommentierte Werner Höfer die Angelegenheit, die als Defätismus und Zersetzung der Moral angesehen wurde, im 12-Uhr-Blatt:
„Wie unnachsichtig jedoch mit einem Künstler verfahren wird, der statt Glauben Zweifel, statt Zuversicht Verleumdung und statt Haltung Verzweiflung stiftet, ging aus einer Meldung der letzten Tage hervor, die von der strengen Bestrafung eines ehrvergessenen Künstlers berichtete. Es dürfte heute niemand Verständnis dafür haben, wenn einem Künstler, der fehlte, eher verziehen würde als dem letzten gestrauchelten Volksgenossen. Das Volk fordert vielmehr, daß gerade der Künstler mit seiner verfeinerten Sensibilität und seiner weithin wirkenden Autorität so ehrlich und tapfer seine Pflicht tut, wie jeder seiner unbekannten Kameraden aus anderen Gebieten der Arbeit. Denn gerade Prominenz verpflichtet!“[8]
1987 berichtete das Wochenmagazin Der Spiegel über Höfers Artikel von 1943 und löste damit eine öffentliche Debatte aus.[4] Zwar hatte schon 1962 der Leiter der Kommission für Agitation und Propaganda beim Zentralkomitee der SED, Albert Norden, den Sachverhalt an die Öffentlichkeit gebracht, doch war dies folgenlos geblieben, da in der Bundesrepublik das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus noch wenig diskutiert und DDR-Behörden, die zu Propagandazwecken oft mit falschen Angaben arbeiteten, misstraut wurde. Höfer sagte 1962 genauso wie 1987, ihm sei in den Text hineinredigiert, einzelne Passagen seines Artikels seien verändert worden; zudem beziehe sich der Artikel nicht auf Kreiten, da dessen Name nicht erwähnt sei.[9] Gab sich die Öffentlichkeit damit 1962 zufrieden, fiel die Reaktion 1987 lebhafter aus. 1988 veröffentlichte ein Mitschüler Kreitens ein Buch, in dem Historiker die Artikel Höfers aus der Zeit des Nationalsozialismus unter die Lupe nahmen und weitere belastende Details darstellten.[10] Höfer wurde nachgewiesen, tatsächlich der Verfasser des vom Spiegel als „Hinrichtungshymne“ bezeichneten Artikels gewesen zu sein.[11] Daraufhin entschuldigte sich Höfer mit den Worten, in der schlimmsten Zeit der deutschen Geschichte sei er zwar kein Widerstandskämpfer, aber auch kein Schreibtischtäter gewesen. Wegen der Kreiten-Affäre wurde Frühschoppen vom WDR aus dem Programm genommen. Seitdem sendet der WDR zur gleichen Sendezeit den Presseclub, ein ähnliches Format.
Als pensionierter Fernsehdirektor lebte Werner Höfer abwechselnd in Köln-Rodenkirchen und in Kampen auf Sylt. Weiterhin war er als Moderator tätig, etwa für öffentliche Diskussionsveranstaltungen in verschiedenen deutschen Städten, unter anderem im Auftrag der Sparkassenstiftung „City-Treff“ in Köln. Unter dem Titel Bühler Begegnungen moderierte er (der nach eigenem Bekunden den Internationalen Frühschoppen erst hatte aufgeben wollen, wenn „ich mit einem Glas in der Hand am Frühschoppentisch umfalle“) schließlich nochmals ab 1992, abwechselnd mit anderen Moderatoren, monatlich eine Fernsehsendung, die in einem Hotel im Schwarzwald aufgenommen wurde.
Privates
1993 heiratete Höfer seine langjährige Lebensgefährtin Petra Moschiri. In erster Ehe war er von 1937 bis zu ihrem Tod 1982 mit der früheren Solotänzerin der Kölner Oper Elfriede Scheurer[12] verheiratet. Aus der Verbindung stammen die beiden Töchter Angelika und Candida; die 1944 geborene Candida Höfer wurde eine erfolgreiche Fotografin und gilt als Vertreterin der Düsseldorfer Fotoschule.[13] Werner Höfer starb im Alter von 84 Jahren und wurde auf dem neuen Friedhof des Kölner Stadtteils Rodenkirchen beigesetzt.[14]
Norbert Frei, Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich. 3. Auflage. C. H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-45516-6, S. 143 ff.
Uwe Kammann: Spätschoppen. Der Fall Werner Höfer. In: Lutz Hachmeister, Friedemann Siering (Hrsg.): Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47597-3, S. 213–237.
Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6.
Norbert Schneider: „Zu meiner Linken begrüße ich …“ Rituale der Fernsehdiskussion. In: Helmut Kreuzer, Karl Prümm (Hrsg.): Fernsehsendungen und ihre Formen. Typologie, Geschichte und Kritik des Programms in der Bundesrepublik Deutschland. Reclam, Stuttgart 1979, S. 438–448.
Matthias Weiß: Journalisten. Worte als Taten. In: Norbert Frei (Hrsg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Campus, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-593-36790-4, S. 241–302.
Nina Verheyen: Diskussionslust. Eine Kulturgeschichte des „besseren Arguments“ in Westdeutschland. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010.
Alfons Friderichs (Autor): Höfer, Werner. In: Persönlichkeiten des Kreises Cochem-Zell. Kliomedia, Trier 2004, ISBN 3-89890-084-3, S. 157.
↑ abErnst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 253.
↑Peter Wapnewski: Karlrobert Kreiten – Ich und wir. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. November 1987, abgedruckt in: Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 168 f.
↑Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 134.
↑Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6.
↑So Peter Wapnewski: Karlrobert Kreiten – Ich und wir. In: Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 169.