Villiaumit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur selten mit bloßem Auge sichtbare Kristalle, die dann aber bis zu 15 cm Größe[3] erreichen können. Meist findet sich das Mineral in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate. Die Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle zeigen einen glasähnlichen Glanz. Aufgrund von Fremdbeimengungen oder Einwirkung von ionisierender Strahlung radioaktiver Substanzen kann Villiaumit eine dunkelrote bis karminrote, orangebraune oder lavendelrosa Farbe annehmen. Die Strichfarbe ist dagegen blassrot bis weiß.
Entdeckt wurde das Mineral in der Probensammlung Maxime Villiaume, einem Offizier des im Norden Madagaskars stationierten Kolonialartilleriekorps, der beim Erwerb von Mineralien- und Gesteinsammlungen in Madagaskar und Guinea half.[5]
Auf einer der Proben von der zu den Îles de Los gehörenden Insel Roume in Guinea fand Antoine Lacroix das bisher unbekannte Mineral. Seine Analyseergebnisse und wissenschaftliche Beschreibung publizierte er 1908 im Comptes Rendus Hebdomadaires des Séances de l’Académie des Sciences de Paris und benannte das Mineral zu Ehren seines Entdeckers Villiaumit.[6]
In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer III/A.02-010. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Einfache Halogenide“, wo Villiaumit zusammen mit Bromargyrit, Griceit, Carobbiit, Chlorargyrit, Halit und Sylvin eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer III/A.02 bildet.[4]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8]9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Villiaumit in die etwas verfeinerte Abteilung der „Einfachen Halogenide ohne H2O“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Metall (M) zu Halogen (X), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 1 und 2 : 3“ zu finden ist, wo es zusammen mit Carobbiit, Griceit, Halit, Sylvin die „Halitgruppe“ mit der Systemnummer 3.AA.20 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Villiaumit in die Klasse und gleichnamige Abteilung der „Halogenide“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Halitgruppe“ mit der Systemnummer 09.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie und wasserhaltige Halogenide mit der Formel AX“ zu finden.
Als seltene Mineralbildung ist Villiaumit nur von wenigen Fundorten beziehungsweise wenigen Proben bekannt geworden, wobei bisher rund 40 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2022).[11]
Aufgrund seiner Seltenheit hat Villiaumit als Rohstoff keine Bedeutung, auch wenn es für die Verbindung Natriumfluorid zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten gibt. Diese ist jedoch einfacher synthetisch herzustellen.
Trotz seiner Giftigkeit ist das seltene Mineral aufgrund seiner ansprechenden Farbe ein begehrtes Sammlermineral, dass für diese gelegentlich sogar in verschiedenen Schmuckstein-Schliffen facettiert angeboten wird.[13][14]
Vorsichtsmaßnahmen
Aufgrund seiner Toxizität sollten Mineralproben von Villiaumit nur in staubdichten Behältern aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.
A. Lacroix: Sur l’existance du fluorure de sodium cristallisé comme élément des syénites néphéliniques des Îles de Los. In: Comptes Rendus Hebdomadaires des Séances de l’Académie des Sciences de Paris. Band146, 1908, S.213–216 (französisch, Abstract bei gallica.bnf.fr [abgerufen am 25. Oktober 2024]).
Villiaumite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 25. Oktober 2024 (englisch).
↑ abcHugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.150 (englisch).
↑ abcdefg
Villiaumite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 48kB; abgerufen am 25. Oktober 2024]).
↑ ab
Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑Villiaumite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Oktober 2024 (englisch).
↑
A. Lacroix: Sur l’existance du fluorure de sodium cristallisé comme élément des syénites néphéliniques des Îles de Los. In: Comptes Rendus Hebdomadaires des Séances de l’Académie des Sciences de Paris. Band146, 1908, S.213–216 (französisch, Abstract bei gallica.bnf.fr [abgerufen am 25. Oktober 2024]).
↑
Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S.375–376.
↑
J. C. Stormer, Jr., I. S. E. Carmichael: Villiaumite and the occurrence of fluoride minerals in igneous rocks. In: American Mineralogist. Band55, 1970, S.126–134 (englisch, minsocam.org [PDF; 531kB; abgerufen am 25. Oktober 2024]).
↑Localities for Villiaumite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Oktober 2024 (englisch).
↑
Fundortliste für Villiaumit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 25. Oktober 2024.
↑
Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S.238.
↑Liebhaber-Edelsteine – Villiaumit. (PDF 8,6 MB; S. 31) In: www.kury.eu/edelsteine-fuer-liebhaber. Edelsteinlabor Dieter Pschichholz, abgerufen am 25. Oktober 2024.