Die vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (die englische Abkürzung VEGF für Vascular Endothelial Growth Factor ist auch im Deutschen üblich) sind eine Gruppe wichtiger Signalmoleküle, die hauptsächlich sowohl in der Vaskulogenese (de novo-Bildung des embryonalen Blutgefäßsystems und Lymphgefäßsystems) als auch in der Angiogenese und der Lymphangiogenese (dem Wachstum neuer Blut- bzw. Lymphgefäße ausgehend von existierenden Gefäßen) seine Wirkung entfaltet. Wie der Name bereits impliziert, stimuliert dieser Faktor hauptsächlich die direkt an das Blut angrenzende Zellschicht (das vaskuläre Endothel), hat aber auch Effekte auf andere Zellen (z. B. Stimulation der Migration von Monozyten und Makrophagen). In vitro stimuliert VEGF die Teilung und Migration von Endothelzellen. In Säugetieren sind fünf verschiedene VEGFs bekannt (A-D sowie PlGF), von denen jedes einzelne in verschiedenen Formen auftreten kann, die durch alternatives Spleißen und posttranslationale Modifikationen erzeugt werden.[1]
Der Begriff VEGF beschreibt eine Familie von Proteinen, welche unterschiedliche Eigenschaften haben. Zuerst entdeckt wurde VEGF-A, danach wurden die Faktoren VEGF-B und PlGF (Placental Growth Factor) sowie VEGF-C und VEGF-D (beide wichtig für die Bildung der Lymphgefäße) entdeckt. Daneben existieren noch die verwandten viralen Homologen (VEGF-E) und die im Schlangengift vorhandenen VEGF-F.
VEGF-A wird in allen vaskularisierten Geweben gefunden, und es wird vermutet, dass es für die vaskuläre Homöostase notwendig ist. Das Gen, das für VEGF-A kodiert, kann durch alternatives Splicing verschiedene Varianten des Proteins von unterschiedlicher Länge hervorbringen. So wurden bisher in Menschen die Varianten
VEGF-A121, VEGF-A138, VEGF-A145,VEGF-A162,VEGF-A165, VEGF-A165b, VEGF-A189 und VEGF-A206
beschrieben (die Zahlen entsprechen der Anzahl der Aminosäuren im jeweiligen Protein).
Diese Proteine unterscheiden sich jeweils nur durch kurze Domänen am C-Terminus, was jedoch einen großen Einfluss auf ihre biologische Funktion hat und ihre Interaktion mit Heparan-Sulfaten und dem Ko-Rezeptor Neuropilin steuert.[2]
Funktion
Alle Mitglieder der VEGF-Familie bewirken eine zelluläre Antwort, indem sie an eine Tyrosinkinase, den VEGF-Rezeptor (VEGFR), binden und so das extrazelluläre Signal ins Zellinnere weiterleiten. Es existieren drei Rezeptoren (VEGFR 1–3), wobei unterschiedliche Affinitäten zu beobachten sind. So bindet VEGF-A nur an den Rezeptor Typ 1 und 2, während PlGF und VEGF-B nur an den Rezeptor Typ 1 binden und VEGF-C und VEGF-D nur an die Rezeptoren Typ 2 und 3. VEGF-E und F binden beide an die Rezeptoren Typ 2.
Die Rezeptoren dimerisieren, nachdem sie VEGF gebunden haben, und phosphorylieren sich dann gegenseitig. Damit werden sie aktiv und leiten das Signal weiter.
Eine erhöhte Expression von VEGF-A wird bei einer Reihe von Tumoren gefunden, bei denen er die Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöht und damit die Blut-Tumor-Schranke öffnet. Zudem spielt die Interaktion zwischen VEGF und dem VEGF-Rezeptor in der Niere eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Organs und in der Aufrechterhaltung der Filtrationsbarriere.[6]
Ranibizumab ist ein Fragment des Bevacizumab. Es wird zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration, einer häufig zur Erblindung führenden Augenkrankheit, die vielfach mit Gefäßneubildung einhergeht, eingesetzt. Außerdem ist es – wie die anderen VEGF-Hemmer – das Mittel der Wahl zur Behandlung des zystoiden Makulaödems als Folge eines Venenastverschlusses (VAV) oder Zentralvenenverschlusses (ZVV) in der Retina.
Die Tyrosinkinase-InhibitorenSunitinib, Sorafenib und Vatalanib hemmen ebenfalls die Signaltransduktion von VEGF-Rezeptor.
Sunatinib und Sorafenib werden bei der Behandlung von fortgeschrittenem Nierenkrebs eingesetzt, Vatalanib unter anderem bei der Behandlung von Darmkrebs, Ramucirumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen den VEGF2 Rezeptor und wird verwendet bei der Therapie von Magenkrebs.
↑S Yla-Herttuala, TT Rissanen, I Vajanto, J Hartikainen: Vascular endothelial growth factors: biology and current status of clinical applications in cardiovascular medicine. In: J Am Coll Cardiol., 2007 Mar 13, 49(10), S. 1015–1026, PMID 17349880.
↑S. Cebe Suarez, M. Pieren u. a.: A VEGF-A splice variant defective for heparan sulfate and neuropilin-1 binding shows attenuated signaling through VEGFR-2. In: Cellular and Molecular Life Sciences. 63, 2006, S. 2067–2077, doi:10.1007/s00018-006-6254-9.
↑K. M. Mohamed, A. Le u. a.: Correlation between VEGF and HIF-1alpha expression in human oral squamous cell carcinoma. In: Experimental and molecular pathology, Band 76, Nummer 2, April 2004, S. 143–152, doi:10.1016/j.yexmp.2003.10.005, PMID 15010293.
↑D. Shweiki, A. Itin u. a.: Vascular endothelial growth factor induced by hypoxia may mediate hypoxia-initiated angiogenesis. In: Nature Band 359, Nummer 6398, Oktober 1992, S. 843–845, doi:10.1038/359843a0, PMID 1279431.
↑Timothy D. Henry et al.: The VIVA Trial: Vascular Endothelial Growth Factor in Ischemia for Vascular Angiogenesis. In: Circulation. Nr.107, 2003, S.1359–1365 (ahajournals.org).
↑Hassane Izzedine et al.: Angiogenesis Inhibitor Therapies: Focus on Kidney Toxicity and Hypertension. In: American Journal of Kidney Diseases. Nr.50, 2007, S.203–218 (ajkd.org).
↑Xiaolei Zhu et al.: Risks of Proteinuria and Hypertension With Bevacizumab, an Antibody Against Vascular Endothelial Growth Factor: Systematic Review and Meta-Analysis. In: American Journal of Kidney Diseases. Nr.49, 2007, S.186–193 (ajkd.org).