Tierra de Campos („Land der Felder“) bezeichnet eine weitgehend einheitliche Natur-, Wirtschafts- und Kulturregion (Comarca) in der kastilischen Hochebene im Norden Spaniens.
Das ca. 4500 km² umfassende[1], leicht wellige, an manchen Stellen aber auch nahezu ebene Gebiet der Tierra de Campos liegt in Höhen von ca. 700 bis 850 m und umfasst Teile der spanischen Provinzen León, Valladolid, Zamora und Palencia; es erstreckt sich südlich einer Linie zwischen den am Jakobsweg(Camino Francés) gelegenen Städten Sahagún, Carrión de los Condes und Frómista, nördlich des Río Duero oder noch genauer nördlich des Río Sequillo, westlich des Río Carrión und des Río Pisuerga und östlich des Río Cea.
Ehemals hatte die Region weitaus mehr Einwohner als heute – ohne Palencia sind es insgesamt nur noch ca. 40.000 bis 50.000; im 19. Jahrhundert waren es um die 300.000. Die Mechanisierung der Landwirtschaft und der damit einhergehende Wegfall von Arbeitsplätzen haben im 20. Jahrhundert zur Abwanderung eines Großteils der Bevölkerung in die größeren Städte geführt (Landflucht). Die meisten der ca. 200 Gemeinden haben nur noch um die 50 bis 350 Einwohner. Die größten Orte sind Villalpando (ca. 1.500), Grijota (ca. 2.000) Sahagún (ca. 2.500) und Medina de Rioseco (knapp 5.000); obwohl Palencia (ca. 80.000) eher am Ostrand der Tierra de Campos liegt, gilt es weithin als deren Hauptstadt.
Es gibt zahlreiche kleinere Flüsse und Bäche in der fruchtbaren (Lehm- und Lössböden) aber regenarmen (maximal ca. 550 mm/Jahr) Region, die jedoch nahezu ausnahmslos im Sommer und Frühherbst trockenfallen. Die wichtigsten Flüsse sind der Río Valderaduey und der Río Sequillo. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebiet durch den Canal de Castilla erschlossen, der ursprünglich als Transport- und Handelsweg für Getreide gedacht war, heute jedoch fast ausschließlich zur Feldbewässerung genutzt wird.
Die auf die Monate Februar bis Mai/Juni konzentrierte Feldwirtschaft war die vorherrschende Wirtschaftsform. Viehhaltung (Schafe, Ziegen) wurde kaum praktiziert, lediglich Pferde und Esel wurden als Zug- und Tragtiere gehalten; Eier, Hühnerfleisch, manchmal auch Schweinefleisch und Schweinswürste (chorizos) waren die einzigen Proteinquellen, Großbauern und die höhere Geistlichkeit ließen Taubenhäuser errichten. In den Städten und größeren Orten ließen sich Händler und Handwerker nieder, die es nicht selten zu einem gewissen Wohlstand brachten.
Geschichte
Das Gebiet war in vorrömischer Zeit von dem keltischen Volksstamm der Vaccäer besiedelt. Römer und Westgoten hinterließen nur wenige Spuren. Die Region wurde im Frühmittelalter als Campus Gallaeciae oder als Campi Gothorum bezeichnet. Im 8. Jahrhundert wurde das Gebiet von den Mauren überrannt, doch bereits im 9. Jahrhundert eroberten asturisch-leonesische Heere die Gebiete nördlich des Duero zurück (reconquista); danach fand eine Neubesiedlung (repoblación) statt. Im 10. und 11. Jahrhundert war die Gegend Schauplatz zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen dem alten Königreich León und dem Emporkömmling Kastilien. Ende des 10. Jahrhunderts machte der maurische Heerführer Almansor die christlichen Territorialerfolge vorübergehend wieder zunichte, aber im 11. Jahrhundert dehnte das Königreich León sein Herrschaftsgebiet erneut bis zur Duero-Grenze aus. Nach vorausgegangenen Versuchen vereinigte sich León im Jahr 1230 endgültig mit dem Königreich Kastilien. Ihre Blütezeit erlebte die Region im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit.
Sehenswürdigkeiten
Das Gebiet der Tierra de Campos war und ist die Kornkammer Spaniens. Im Mittelalter war das Gebiet ausgesprochen wohlhabend, was sich auch in zahlreichen Kirchen und Wehrbauten manifestiert. Bedeutendste Handelsstadt war Medina de Rioseco, deren historisches Stadtzentrum als Conjunto histórico-artístico anerkannt ist. Während im Kirchenbau des am Jakobsweg gelegenen Nordens (Sahagún, Frómista) und im Ostteil (Grijota u. a.) der Comarca die Romanik dominiert, sind es im Südwesten und Süden die Spätgotik oder die Renaissance. Während in den ländlichen Gebieten der an Natursteinen und Bäumen armen Landschaft die Wohnhäuser früherer Zeiten aus Stampflehm oder luftgetrockneten Lehmziegeln bestanden, wurden sie in den Städten meist aus gebrannten Ziegelsteinen errichtet und nachträglich verputzt; oft ruht das Obergeschoss auf steinernen oder hölzernen Stützen (soportales). Die Kirchen wurden in der Regel aus Ziegelsteinen erbaut; sie wurden später mit mehr oder weniger aufwendig gearbeiteten Barockaltären ausgestattet; die manchmal aus Naturstein konstruierten Portale wirken wie Fremdkörper. Im östlichen und südlichen Teil der Tierra de Campos sind dagegen Natursteinbauten häufiger, weil angrenzende Felsen und Gebirge (z. B. Montaña Palentina oder Montes Torozos) vorhanden sind. Zu den typischen, aber zumeist verfallenen Bauten der Region zählen die zahlreichen, oft aus Stampflehm errichteten Taubenhäuser; ihr Grundriss ist in der Regel rund, aber auch solche mit quadratischem Grundriss kommen vor.
V. Perez-Díaz: Emigración y sociedad en la Tierra de Campos. Estudio de un proceso migratorio y un proceso de cambio social. Inst. del Desarrollo Económico, Madrid 1969.
J. Callado u. a.: El mito de Tierra de Campos. Ensayo en torno al disimetrismo del río Cea. Diputación de León, León 2003.