Thermus thermophilus ist ein SpeziesgramnegativerEubakterium aus dem Phylum (Abteilung) Deinococcus-Thermus und wird in vielen biotechnologischen Prozessen verwendet. Das optimale Wachstum liegt bei 49 bis 72 °C, das Bakterium ist somit sehr thermophil. Thermus thermophilus wurde 1974 in heißen Quellen auf der Izu-Halbinsel in Japan gefunden und ist in mehrere Subtypen oder Stämme untergliedert. Am häufigsten befasst man sich mit den Subtypen HB8 (Referenzstamm) und HB27, deren Genom 2004 entschlüsselt wurde.[1]
Aus Thermus thermophilus wird eine für die Polymerase-Kettenreaktion relevante thermostabile Polymerase (Tth) gewonnen. Sie katalysiert mit optimaler Aktivität bei 70 bis 80 °C. Das Enzym benötigt zweiwertige Ionen.
Die Erforschung biologischer Organismen in heißen Quellen begann in den 1960er Jaren. Anfangs dachte man, dass thermophile Bakterien (und Archaeen, aber diese Unterscheidung gab es damals noch nicht) bei Temperaturen von über 55 °C nicht überleben könnten.[2]
Man entdeckte jedoch bald, dass viele Bakterien in verschiedenen dieser heißen Quellen selbst bei höheren Temperaturen nicht nur überleben, sondern sogar wachsen und gediehen.
1969 isoliertenThomas D. Brock und Hudson Freeze von der Indiana University aus der Mushroom Spring im Yellowstone-Nationalpark einen solch extrem thermophilen Bakterianstamm, den sie als Thermus aquaticus YT-1 bezeichneten. Er war der erste Vertreter der Gattung Thermus.[3][4] seitdem wurden weitere Spezies und Stämme dieser Gattung Thermus in ähnlichen Umgebungen auf der ganzen Welt gefunden;[5] u. a. der Stamm T. thermophilus HB8 (ursprünglich der als Stamm einer Spezies Flavobacterium thermophilum beschrieben,[6] ab 1974 zu Gattung Thermus verschoben).[7] Dieser wurde im September 1968 von Tairo Oshima aus Proben von einer heißen Quelle Mine Onsen (alias Mine Hot Spring)[8] auf der Izu-Halbinsel (Japan) isoliert (Yoshida & Oshima, 1971).[6][9][10]
Die thermostabilen DNA-Polymerasen von Stämmen der Spezies T. aquaticus (Taq-Polymerasen) und T. thermophilus (Tth-Polymerasen) finden heute Verwendung für die Polymerase-Kettenreaktion (englischPolymerase Chain Reaction), neben anderen DNA-Polymerasen, aber inzwischen auch solche aus thermophilen Archaeen.[11][12]
Viren
Thermus thermophilus wird (u. a.) von den zwei nahe verwandten Viren (Bakteriophagen) parasitiert:
Beide Viren sind thermophil, d. h. – wie ihre Wirte – hitzeliebend. Sie gehören zur GattungOshimavirus (früher P23virus) und sind vom Morphotyp der Siphoviren, was sie als Mitglieder der Klasse Caudoviricetes (Caudoviren: Viren mit Kopf-Schwanz-Aufbau) kennzeichnet. Ihr ursprünglicher Fundort ist, wie 2006 von M. X. Yu, Michael R. Slater und Hans-Wolfgang Ackermann berichtet, der Vulkan Uson auf Kamtschatka (Doline).[13][14]
P74-26 hat unter den Siphoviren (und damit unter allen Viren) mit fast einem Mikrometer den längsten „Schwanz“ (üblich sind bei Siphoviren 50 bis 1.200 Nanometer) und wird daher auch „Rapunzel-Virus“ genannt.
Diese Beobachtung ist umso bemerkenswerter, weil der biegsame „Schwanz“ bei den im Habitat der Viren und ihrer Wirte möglichen Temperaturen von über 76 °C noch thermisch stabil ist.[17][18][19]
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A. Henne et al. (2004): The genome sequence of the extreme thermophile Thermus thermophilus. In: Nat Biotechnol., Band 22, Nr. 5, S. 547–553; PMID 15064768.
↑T. Scott Bryan: The Geysers of Yellowstone. 4. Auflage. University Press of Colorado, 2008, ISBN 978-0-87081-924-7 (englisch).
↑ ab
Masasuke Yoshida, Tairo Oshima: The thermostable allosteric nature of fructose 1,6-diphosphatase from an extreme thermophile. In: Biochemical and Biophysical Research Communications, Band 45, Nr. 2, 15. Oktober 1971, S. 495-500; doi:10.1016/0006-291X(71)90846-1, PMID 4334342.
↑ abc
M. X. Yu, Michael R. Slater, Hans-Wolfgang Ackermann: Isolation and characterization of Thermus bacteriophages. In: Archives of Virology, Band 151, S. 663–679, April 2006; doi:10.1007/s00705-005-0667-x, PMID 16308675, PDF, Epub 28. November 2005. Siehe insbes. Tbl. 2.: Main characteristics and origin of phages.
↑ abc
Leonid Minakhin, Manisha Goel, Zhanna Berdygulova, Erlan Ramanculov, Laurence Florens, Galina Glazko, Valeri N. Karamychev, Alexei I. Slesarev, Sergei A. Kozyavkin, Igor Khromov, Hans-Wolfgang Ackermann, Michael Washburn, Arcady Mushegian, Konstantin Severinov: Genome Comparison and Proteomic Characterization of Thermus thermophilus Bacteriophages P23-45 and P74-26: Siphoviruses with Triplex-forming Sequences and the Longest Known Tails. In: Journal of Molecular Biology (jmb), Band 378, Nr. 2, 25. April 2008, S. 468-480; doi:10.1016/j.jmb.2008.02.018.
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Brendan J. Hilbert, Janelle A. Hayes, Nicholas P. Stone, Rui-Gang Xu, Brian A. Kelch: The large terminase DNA packaging motor grips DNA with its ATPase domain for cleavage by the flexible nuclease domain. In: Nucleic Acids Research. Band 45. Nr. 6, 7. April 2017, S. 3591–3605; doi:10.1093/nar/gkw1356, PMID 28082398, PMC 5389665 (freier Volltext), Epub: 13. Januar 2017.
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Nicholas P. Stone, Brendan J. Hilbert, Daniel Hidalgo, Kevin T. Halloran, Jooyoung Lee, Erik J. Sontheimer, Brian A. Kelch: A Hyperthermophilic Phage Decoration Protein Suggests Common Evolutionary Origin with Herpesvirus Triplex Proteins and an Anti-CRISPR Protein. In: Structure, Band 26, Nr. 7, 3. Juli 2018; doi:10.1016/j.str.2018.04.008, PMID 29779790, PMC 6277972 (freier Volltext), Epub 17. Mai 2018.
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Emily Agnello, Joshua Pajak, Xingchen Liu, Brian A. Kelch: Conformational dynamics control assembly of an extremely long bacteriophage tail tube. In: Journal of Biological Chemistry, Band 299, Nr. 3, 103021, März 2023; doi:10.1016/j.jbc.2023.103021. Dazu: