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Gemäß Art. 70 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen wird der Ministerpräsident vom Thüringer Landtag in geheimer Wahl und ohne Aussprache gewählt; erreicht nach zwei Wahlgängen kein Kandidat die absolute Mehrheit, gilt derjenige als gewählt, der in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält. Zu jedem Wahlgang können neue Kandidaten hinzukommen.
Nach Amtsantritt leisten der Ministerpräsident und die Minister vor dem Landtag einen Amtseid. Die Eidesformel ist in Art. 71 Abs. 1 der Landesverfassung festgeschrieben:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, Verfassung und Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Der Amtseid kann gemäß Art. 71 Abs. 2 der Verfassung mit einer religiösen Beteuerung geleistet werden.
Aufgaben und Pflichten
Der Ministerpräsident ernennt und entlässt die Minister und bestimmt einen Minister zu seinem Stellvertreter (Art. 70 Abs. 4). Er bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik und ist für diese gegenüber dem Landtag verantwortlich (Art. 76 Abs. 1). Er sitzt der Landesregierung vor und leitet deren Geschäfte (Art. 76 Abs. 3), vertritt das Land nach außen (Art. 77 Abs. 1), ernennt und entlässt die Beamten und Richter des Landes (Art. 78 Abs. 1) und übt das Begnadigungsrecht aus (Art. 78 Abs. 3).
Rücktritt, Abwahl, Erledigung des Amtes
Der Ministerpräsident und die Minister können jederzeit zurücktreten (Art. 75 Abs. 1); jedoch sind der Ministerpräsident und auf sein Ersuchen die Minister verpflichtet, die Amtsgeschäfte bis zum Amtsantritt eines Nachfolgers auszuführen (Art. 75 Abs. 3).
Die Amtszeit aller Mitglieder der Landesregierung endet mit dem Zusammentritt eines neuen Landtags, einem gescheiterten Vertrauensantrag des Ministerpräsidenten im Landtag oder „mit dem Rücktritt oder jeder anderen Erledigung des Amtes des Ministerpräsidenten“ (Art. 75 Abs. 2). Auf Antrag einer Fraktion oder eines Fünftels der Abgeordneten kann der Landtag dem Ministerpräsidenten gemäß Artikel 76 der Verfassung das Misstrauen aussprechen, jedoch nur dadurch, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt (konstruktives Misstrauensvotum).
Historische Vorläufer
Weimarer Republik
In der Weimarer Republik wurde 1920 das Land Thüringen gegründet. Die 1921 verabschiedete Verfassung des Landes Thüringen kannte keinen Ministerpräsidenten; stattdessen eine Landesregierung, die als Kollektivorgan vom Landtag gewählt wurde und aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden wählte. Dieser wurde in der Regel als Leitender Staatsminister bezeichnet, diese Amtsbezeichnung kommt jedoch im Verfassungstext nicht vor.[2]
Sowjetische Besatzungszone und DDR
Das Land Thüringen wurde 1945 durch die amerikanische Besatzungsmacht wiederhergestellt. Als Regierungspräsidenten setzen die Amerikaner den Sozialdemokraten Hermann Brill ein.[3] Gemäß den interalliierten Vereinbarungen räumten die Amerikaner Thüringen und das Land wurde zum 1. Juli 1945 Teil der Sowjetischen Besatzungszone. Die Sowjets ersetzten Brill (der nach zweifacher Verhaftung in den Westen flüchtete und später Staatskanzleichef in Hessen wurde)[4] durch Rudolf Paul (SED). Bei den halbfreien Landtagswahlen in der SBZ 1946[5] wurde die aus der Zwangsvereinigung von SPD und KPD hervorgegangene SED stärkste Partei und Paul wurde zum Regierungspräsidenten (Ministerpräsidenten) gewählt. Am 1. September 1947 flüchtete aber auch er nach der fortschreitenden Stalinisierung in der sowjetischen Besatzungszone über Berlin-West in die amerikanische Besatzungszone, seines Amtes wurde er offiziell am 9. Oktober 1947 enthoben und durch Werner Eggerath ersetzt. Da die Landtagswahlen in der DDR 1950 als Scheinwahlen durchgeführt wurden, amtierte dieser bis zur Abschaffung der DDR-Länder durch die Verwaltungsreform von 1952.
Zur Amtszeit werden hier auch die Zeiträume gezählt, in denen die Ministerpräsidenten zwischen Zusammentritt der neuen Regierung oder ihrem Rücktritt und der Wahl eines neuen Ministerpräsidenten die Geschäfte nur formal weiterführten.
Bürgerservice Thüringen - Verf TH. In: landesrecht.thueringen.de. Abgerufen am 31. Dezember 2023 (Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25. Oktober 1993).
Einzelnachweise
↑Thüringen: CDU-Politiker Mario Voigt zum Ministerpräsidenten gewählt. In: Der Spiegel. 12. Dezember 2024, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 12. Dezember 2024]).
↑Jürgen Falter, Cornelia Weins: Die Wahlen in der Sowjetisch Besetzten Zone von 1946. Eine wahlhistorische Analyse. In: Erobert oder befreit? DE GRUYTER, 1999, ISBN 3-486-64504-8, S.215–234, doi:10.1524/9783486593709-013 (degruyter.com [abgerufen am 4. September 2024]).