TJ Cuthand wuchs in Saskatoon als Thirza Jean Cuthand auf. Seine Eltern, Ruth Cuthand und Edward Poitras, sind als bildende Künstler tätig, so dass Cuthand bereits in früher Kindheit von höchst unterschiedlichen künstlerischen Einflüssen, insbesondere der indigenen Kunstszene Saskatchewans geprägt wurde.[6] Die bildende Cree-/Métis-Künstlerin Lori Blondeau aus Winnipeg ist seine Tante väterlicherseits. Cuthand schreibt der kanadischen Regisseurin Maureen Bradley zu, dass sie ihm beigebracht habe, sein erstes Video zu drehen. Weitere frühe Mentoren waren Dana Claxton, Shawna Dempsey und Lorri Milan.[7] In frühen Biografien spielte Cuthand mit der Selbstbezeichnung „bipolar butch lesbian two spirited boy/girl thingamabob“ (bipolare Butch-Lesbe two-spirit Junge/Mädchen-Dingsbums).[8] Mit dem Coming-out als trans Mann im Jahr 2022 äußerte sich Cuthand auf seinem Blog dahingehend, dass er sich mit der Namensgebung TJ Cuthand am wohlsten fühle.[3]
Werk
Ein Queerfilm-Festival und ein Workshop, den Cuthand noch während seiner Zeit auf der High School im Jahr 1995 in Saskatoon besuchte, brachten ihn auf die Idee, seine Videoexperimente einem größeren Publikum zugänglich zu machen.[5] Der Workshop mündete in der Produktion seines Kurzvideos Lessons in Baby Dyke Theory, das zu renommierten internationalen Filmfestivals eingeladen wurde. Cuthand war zu diesem Zeitpunkt erst sechzehn. 1999 wurde er für eine Künstlerresidenz bei Videopool und Urban Shaman ausgewählt, bei dem er Through the Looking Glass fertigstellte, ein Werk, das auf Lewis Carrolls gleichnamigen Roman Bezug nimmt. Cuthand übernahm darin die Rolle von Alice, die sich mit der Roten Königin (gespielt von Lori Blondeau) und der Weißen Königin (Shawna Dempsey) über Themen wie das kulturelle Erbe und die soziale Konstruktion des Begriffs und Konzepts von Rasse austauscht.[9]
Cuthand zog im September 2014 nach Toronto,[12] um sich, nach eigenen Aussagen, künstlerisch weiterzuentwickeln.[6] Viele seiner Projekte hat TJ Cuthand selbst finanziert,[13] obwohl er zunehmend mit größeren Budgets arbeitet. Cuthand ist darüber hinaus als Kurator tätig und hat Filmprogramme für ImageNation und Video Out in Vancouver, Paved Art in Saskatoon und Queer City Cinema in Regina zusammengestellt.
Im Jahr 2020 veröffentlichte Cuthand ein Videospiel unter dem Titel A Bipolar Journey, in das er seine Erfahrungen als Betroffener einer Bipolaren Störung eingebracht hat.[11]
Rezeption
Cuthands Arbeiten wurden auf zahlreiche Festivals und in Ausstellungen eingeladen, darunter in den Walker Art Center (Minneapolis), die Mackenzie Art Gallery in Regina, die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen, das San Francisco Gay and Lesbian Film Festival, die 9. Biennale de l’Image en Mouvement (Genf) und die 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin. In deren Rahmen wurde in Kooperation mit der kanadischen Botschaft in Berlin[14] im Jahr 2020 die NDN Survival Trilogy (Reclamation, Extractions and Less Lethal Fetishes) gezeigt, eine Vierkanal-Videoinstallation mit Kurzfilmen zum Thema extraktiver Kapitalismus und dessen Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung Kanadas.[15][16]
Im Jahr 2019 war er zur Whitney Biennale eingeladen, die von Kontroversen um den stellvertretenden Vorsitzenden des Whitney Museums, Warren Kanders, überschattet wurde, in deren Zusammenhang zahlreiche Künstlerinnen und Künstler ihre Beiträge zurückzogen. Kanders hatte dem Museum rund 10 Millionen Dollar gespendet. Sein Vermögen stammt jedoch aus dem Unternehmen Safariland LLC, das Bereitschaftsausrüstung, Tränengas und andere chemische Waffen herstellt, die von Polizei und Militär zur gewaltsamen Durchsetzung der zivilen Ordnung eingesetzt werden.[17] Cuthand teilte die kritische Haltung gegenüber Kanders, sprach sich jedoch dafür aus, in einen Dialog einzutreten und zog die eigenen Filmbeiträge nicht zurück.[18] Infolge der Proteste trat Kanders im Sommer 2019 von seiner Position im Vorstand des Whitney Museums zurück.[17]
Preise
2017: Reveal Indigenous Art Award der Hnatyshyn Foundation
Kwêskosîw (She Whistles)
2021: Golden Sheaf in der Sektion Fiktionaler Kurzfilm beim Yorkton Film Festival[19]
2021: Mana Advancement of Indigenous Rights Award beim Wairoa Maori Film Festival in Neuseeland[20]
2021: Bronze Audience Award für den besten kanadischen Kurzfilm beim Fantasia International Film Festival in Montréal
↑Lisa Tatonetti: Packing. Penises and Two-Spirit Traces: Thirza Cuthand's Performance of Female Masculinity. Native American and Indigenous Studies Association, Washington 2015, S.121–130.
↑Steven Loft: Acquisition Proposal for Thirza Cuthand's Working Baby Dyke Theory: The Diasporic Impact of Cross Generational Barriers; Through hotel Looking Glass and Love & Numbers, accession #42309; #42308 and #42307, Curatorial File. Hrsg.: National Gallery of Canada. (gallery.ca [PDF]).
↑Thirza Cuthand: Through the Looking Glass. In: vucavu.com. 1999, abgerufen am 27. Mai 2022 (kanadisches Englisch).
↑Elizabeth Renzetti: In Berlin, Indigenous artist Thirza Cuthand interrogates Canada’s extraction economy. In: The Globe and Mail. 26. Februar 2020 (theglobeandmail.com [abgerufen am 27. Mai 2022]).