Stephan Seidlmayer ist der Sohn des Historikers Michael Seidlmayer.[1] Sein archäologisches Interesse wurde in den 1970er Jahren geweckt, als er während eines Besuchs in seiner Heimatstadt Würzburg auf den mumifizierten Leichnam einer Katze stieß. Seitdem beschäftigte er sich intensiv mit der Ägyptologie. 1978 arbeitete er als Ausgrabungshelfer im Nildelta.[2]
Im Oktober 2002 wurde er auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages zwischen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Freien Universität Berlin vom Senator für Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin zum Akademieprofessor (C4-Professur) für das Fachgebiet Ägyptologie berufen. Mit dieser hauptamtlichen Professur war seit 2003 die Leitung des gesamten Projektes „Altägyptisches Wörterbuch“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften verbunden.[3] Vom 1. Mai 2009 bis zu seinem Ruhestand im Herbst 2022 war er Direktor der Abteilung Kairo des Deutschen Archäologischen Instituts. Dort widmete er sich insbesondere dem Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen Ägypten und Deutschland.
Seidlmayer widmet sich zu gleichen Teilen der Philologie und Archäologe. So entwickelte er das traditionsreiche Altägyptische Wörterbuch zu einem digitalen Corpus der altägyptischen Textüberlieferung[4]. Er hat an zahlreichen internationalen Grabungskampagnen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) sowie des Österreichischen Archäologischen Instituts teilgenommen. von 2001 bis 2009 war Seidlmayer verantwortlich für die Ausgrabungen an den Pyramiden von Dahschur, rund 35 Kilometer südlich von Kairo, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wurden.
Mitgliedschaften
Seit 1999 ist Seidlmayer korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts und des Österreichischen Archäologischen Instituts, seit 2002 der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Ebenfalls seit 2002 ist er Mitglied des Conseil de Fondation und des Comité Consultatif der Fondation Michela Schiff Giorgini in Lausanne, seit 2003 Mitglied der Kommission für Ägypten und Levante der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und seit 2006 ordentliches Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Zwischen 2004 und 2011 war er Mitglied, ab 2008 Sprecher des Fachkollegiums „Alte Kulturen“ der DFG[5]. 2014 wurde ihm der Gerda Henkel Preis zugesprochen,[6] den er am 13. Oktober 2014 erhalten hat.
Publikationen (Auswahl)
Gräberfelder aus dem Übergang vom Alten zum Mittleren Reich. Studien zur Archäologie der Ersten Zwischenzeit (= Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens. Band 1). Heidelberger Orientverlag, Heidelberg 1990, ISBN 3-927552-01-1 (zugleich Dissertation Universität Heidelberg 1986).
Historische und moderne Nilstände. Untersuchungen zu den Pegelablesungen des Nils von der Frühzeit bis zur Gegenwart (= Achet. Schriften zur Ägyptologie. Band 1). Achet-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-9803730-8-8.
Die Vermessung des Nils im Alten Ägypten. In: Fundiert. Wissenschaftsmagazin der Freien Universität Berlin. 2004, Nr. 2, S. 38–45 (Digitalisat (Memento vom 13. Juni 2011 im Internet Archive)).
Der Nil in Aswân. Inschriften und Heiligtümer. De Gruyter, Berlin 2022, ISBN 978-3-11-074783-6.
Literatur
Richard Bussmann, Ingelore Hafemann, Robert Schiestl, Daniel A. Werning (Hrsg.): Spuren der altägyptischen Gesellschaft: Festschrift für Stephan J. Seidlmayer (= Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde. Beiheft 14). De Gruyter, Berlin / Boston 2022, ISBN 978-3-11-075906-8 (mit Schriftenverzeichnis; Digitalisat).
Interview mit Stephan Johannes Seidlmayer von Stephan Töpper über die Besonderheiten der „Feldarbeit“. In: Tagesspiegel. 10. Juli 2010 (archive.org).
Einzelnachweise
↑Peter Herde: Michael Seidlmayer (1902–1961). In: Fränkische Lebensbilder. Neue Folge der Lebensläufe aus Franken (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte. Reihe VII A). Band 23. Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg 2012, S. 211–226, hier: S. 223.