Dieser Artikel beschreibt die österreichische Gemeinde St. Gallenkirch im Montafon. Für die Schweizer Gemeinde Gallenkirch im Aargau siehe Gallenkirch.
St. Gallenkirch leitet den Namen vom Patron der Pfarrkirche, dem Heiligen Gallus, ab. Bereits 1305 wird hier eine dem hl. Gallus geweihte Kapelle erwähnt.[2]
Geografie
Der Ort St. Gallenkirch liegt auf 878 Metern Höhe. Hauptfluss ist die Ill, das Gemeindegebiet umfasst auch das Einzugsgebiet des Suggadinbachs. Im Westen steigt das Gemeindegebiet zum Rätikon an. Die höchsten Gipfel sind Gargeller Madrisa (2770 m), Rotbühelspitze (2835 m) und Isentällispitz (2872 m). Im Osten liegt der Verwall mit Zamangspitze (2386 m) und Valschavieler Maderer (2769 m).
Mit einem Gemeindegebiet von 127,86 Quadratkilometer ist St. Gallenkirch die Gemeinde des Bundeslandes mit der zweitgrößten Fläche. 29 Prozent dieser Fläche sind bewaldet, 39 Prozent sind Almen und weitere 26 Prozent zählen zum hochalpinen Gebiet; nur 4 Prozent sind landwirtschaftliche Nutzfläche.[3]
Orografisch links der Ill, im Westen des Kirchdorfs, liegt der Ortsteil Galgenul mit der Talstation der Valiserabahn.
Dahinter, etwa fünf Kilometer am Suggadinbach entlang den Berg hinauf, liegt auf einer Höhe von 1423 m ü. A. das kleine Bergdorf Gargellen mit 119 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024[4]). Der ehemalige Maisäss ist der höchstgelegene Ort im Montafon. Gargellen ist stark vom Tourismus geprägt, es gibt eine Vielzahl von Hotels, Pensionen, Privatzimmern und Ferienwohnungen.
Taleinwärts des Kirchdorfs, auf einer Höhe von etwa 950 m ü. A., liegt das Dorf Gortipohl mit 665 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024[4]), einem Wasserfall und eigener Pfarrkirche.
Die Habsburger regierten die Orte in Vorarlberg wechselnd von Tirol und Vorderösterreich (Freiburg im Breisgau) aus. Von 1805 bis 1814 gehörte der Ort, wie ganz Vorarlberg und Tirol, zu Bayern, danach wieder zu Österreich. Zu Vorarlberg gehört St. Gallenkirch seit der Gründung des Landes im Jahre 1861.
Im schweren Lawinenwinter 1689 fanden in St. Gallenkirch/Gortipohl 18 Menschen den Tod.[5] 1801 starben über 30 Menschen, meist Kinder, an den Pocken und 1920 trat die Ruhr in St. Gallenkirch auf.
Während des Zweiten Weltkrieges waren viele Männer der Gemeinde vor allem als Gebirgsjäger in Divisionen in Norwegen und Jugoslawien. Über Gargellen versuchten während der Zeit der NS-Terrorherrschaft in Österreich zahlreiche vom NS-Staat Verfolgte in die benachbarte Schweiz zu fliehen. Diese Fluchtversuche gelangen nicht immer und nahmen häufig auch ein tödliches Ende, wie etwa die Tragödie des Jahres 1942 aufzeigt, als sich die beiden jüdischen Schwestern Elisabeth und Martha Nehab aus Berlin in der Arrestzelle in St. Gallenkirch nach einem gescheiterten Fluchtversuch gemeinsam das Leben nahmen, um der Deportation in ein Vernichtungslager zu entgehen.[6]
1821 hatte Sankt Gallenkirch 1490 Einwohner, die 382 Häuser bewohnten.[7]
Der Ausländeranteil lag Ende 2002 bei 9,9 Prozent.
Nach Jahrzehnten des Einwohnerwachstums, in denen Geburten- und Wanderungsbilanz positiv waren, nahm in den Jahren von 2001 bis 2011 die Abwanderung zu. Dies führte zu einem leichten Rückgang der Bevölkerung, der in den Jahren bis 2018 aber wieder gestoppt wurde.[8]
Katholische Pfarrkirche St. Gallenkirch hl. Gallus in St. Gallenkirch: Ab 1307 stand an dieser Stelle eine Kapelle. Die Kirche wurde 1474 erbaut, 1669 erweitert mit Neubau des Turmes.
Katholische Kuratienkirche Gortipohl hl. Nikolaus in Gortipohl: Bei der Renovierung der Kirche im Jahr 1959 wurde bei der Neueindeckung des Kirchturms eine Chronik aus dem Jahr 1854 entdeckt, die Aufschluss über die damalige Zeit gibt.[9]
Katholische Kuratienkirche Gargellen hl. Maria Magdalena in Gargellen: Vermutlich ab 1411 stand an dieser Stelle eine Kapelle, und die Kirche wurde durch eine Stiftung von Peter Lentsch 1615 erbaut. Der Aufbau des Seitenaltars wurde 1674 von David Bertle erstellt.
Die Maisäß Montiel ist noch eine der wenigen Montafoner Maisäßsiedlungen im ursprünglichen Zustand.
Die überdachte Holzbrücke nach Gargellen über die Ill am Montafoner Hüsli.
Wirtschaft und Infrastruktur
Am Ort gab es im Jahr 2003 68 Betriebe der gewerblichen Wirtschaft mit 949 Beschäftigten und 23 Lehrlingen. Lohnsteuerpflichtige Erwerbstätige gab es 1.176. Tourismus und Fremdenverkehr sind wichtig. Im Tourismusjahr 2007/2008 gab es insgesamt 553.408 Übernachtungen, davon 387.354 im Winter und 166.054 im Sommer.
In St. Gallenkirch und Gortipohl gibt es je einen Kindergarten sowie je eine Volksschule, und auch der kleine Ortsteil Galgenul besitzt noch eine eigene (einklassige) Volksschule. Die Hauptschule Innermontafon der Gemeinden St. Gallenkirch und Gaschurn befindet sich in Gortipohl.
Am Ort gab es 239 Schüler im Schuljahr 2007/2008, von denen 86 Kinder eine der drei Volksschulen besuchen und 128 Schüler die Hauptschule.
Nach den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg 1985 hatte die Gemeindevertretung folgende Verteilung: 10 SPÖ, 7 ÖVP und 1 Unabhängige Ortsliste.[10]
Nach den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg 1990 hatte die Gemeindevertretung folgende Verteilung: 13 SPÖ, 4 ÖVP und 1 Lebenswerte Heimat.[11]
Nach den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg 1995 hatte die Gemeindevertretung folgende Verteilung: 13 SPÖ, 6 ÖVP und 2 Lebenswerte Heimat und FPÖ.[12]
Nach den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg 2000 hatte die Gemeindevertretung folgende Verteilung: 10 SPÖ, 9 Lorenzin Dietmar St. Gallenkirchner Volkspartei und 2 FPÖ und Lebenswerte Heimat.[13]
Nach den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg 2005 hatte die Gemeindevertretung folgende Verteilung: 11 SPÖ, 9 ÖVP und 1 Lebenswerte Heimat und FPÖ.[14]
Das Gemeindewappen, ein redendes Wappen, entstand im Jahre 1966 nach einem Entwurf des Schrunser Künstlers und HeraldikersKonrad Honold. Es zeigt den Hl. Gallus (mit seinem Attribut, dem Bären), eine Kirche und die beiden gekreuzten Schlüssel des Montafon. Die offizielle Beschreibung lautet: Ein in Göppelschnitt geteilter Schild, vorne in Gold eine rot bekleidete Mönchsgestalt (hl. Gallus) mit einem sil-bernen Wanderstab in der linken und einem silbernenBrot in der rechten Hand, vor einem kleinen silbernen Bären, hinten in Grün eine silberne schwarzbedeckte Kirche und unten in Schwarz zwei gekreuzte silberne Schlüssel.[22]
Persönlichkeiten
Ehrenbürger der Gemeinde
Josef Feurstein (1887–1973), Landtagsabgeordneter und Seelsorger