Zur Zeit des Tacitus, während der Römischen Kaiserzeit, siedelten im Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns germanische Stämme, die mit der Völkerwanderung von dannen zogen. Später, etwa im 7. Jahrhundert, wanderten slawische Stammesgruppen (in Mecklenburg auch Wenden genannt) ein. In der Gegend um den Tollensesee wird seit mehreren Jahrhunderten der Standort Rethras vermutet, des religiösen Zentrums der nördlichen Westslawen. Die genaue Lage lässt sich allerdings nicht rekonstruieren, da mit dem Bau der Vierrademühle Neubrandenburg im 13. Jahrhundert der natürliche Abfluss des Sees verschlossen worden war und sich wegen der Erhöhung des Wasserspiegels Kontur und Ausdehnung des Sees wesentlich veränderten und so der territoriale Bezug zu den Schilderungen frühmittelalterlicher Chronisten nicht exakt hergestellt werden konnte.
Anhand von Bodenfunden ist bewiesen, dass es ganz in der Nähe von Passentin bis ins 14. Jahrhundert eine Slawenburg gab.[3] In einer Kette von befestigten Burganlagen war die Passentiner Niederungsburg von strategischer Bedeutung im Grenzgebiet zwischen Redariern und Tollensern. Daher wurde hier der Platz für das Slawendorf erwählt.
Geschichte
Die Idee und das Konzept zu diesem Lern- und Erlebnisort stammen von Dorothee Rätsch, die auch den Aufbau fachlich begleitete. Hier sollten Schulklassen und Familien Geschichte leben können – wie im Mittelalter übernachten, Essen selbst zubereiten und Weben, Spinnen, Töpfern, Schnitzen. Schmieden.
In Verbindung mit Archäotechnik sollten kulturhistorische Kenntnisse vermittelt und so den Besuchern der Zugang zu den Wurzeln, zu der eigenen Geschichte, die Teilhabe am kulturellen Erbe ermöglicht werden. Das Projekt wurde unter anderem gefördert im Rahmen des EU-Förderprogramms LEADER, als modellhaft innovative Aktion im ländlichen Raum.
Nachdem das Dorf zu verfallen schien, wurde es 2014 von den neuen Betreibern (der Berliner Initiative Geschichte leben und wild wurzeln – Verein für ganzheitliche Naturbildung e.V. aus Neubrandenburg) wieder in Betrieb genommen.[4][5]
Gebäude
Das Rundlingsdorf aus frühmittelalterlichen fensterlosen Pfostenhäusern mit Flechtwänden oder in Stab- oder Blockbauweise ist von einem Palisadenzaun umschlossen. Der einzige Zugang führt durch das Zugtor des Torhauses[6] (Blockbauweise, 9.–11. Jahrhundert). Ein Langhaus (8.–10. Jahrhundert) dient als Versammlungsstätte für 20–40 Personen. Bauweise: Holzgitter, Lehm/Strohgemisch, Schilfdach
Werkstätten
Kochhaus (8.–10. Jahrhundert), das zentrale Gebäude auf dem Platz mit Lehmkuppelofen, Treffpunkt, Bauweise: Lehmfachwerk, Schindeldach
Die Schmiede (9.–11. Jahrhundert), zwei Ambosse, zwei Essen, Bauweise: Lehmfachwerk, Schindeldach
Töpferhaus (9. Jahrhundert), diente als Trockenraum für Töpferwerk. Bauweise: Als Grubenhaus ins Erdreich eingelassen, um getöpferte Waren langsam trocknen zu lassen, Grassodendach
Badehaus (9. Jahrhundert), Bauweise: Blockbauweise, Zwischenräume mit Schafwolle abgedichtet, Dachdeckung mit Halbhölzern
Spinn- und Webhaus (9. Jahrhundert) dient der Wollverarbeitung Bauweise: Blockbauweise, Zwischenräume mit Schafwolle abgedichtet
Heuhütte (8.–10. Jahrhundert), Heulager Bauweise: Wände mit Weide geflochten, Schilfdach
Jägerhütte (6.–8. Jahrhundert), Bauweise: Spaltbohlenbau mit Lehm/Strohgemisch verschmiert, Schilfdach
Medizinhütte (6.–8. Jahrhundert), Bauweise: Spaltbohlenbau mit Lehm/Strohgemisch verschmiert, Schilfdach
Besen- und Weidenbinderhütte (8.–10. Jahrhundert), Bauweise: Flechtwerkwände (Weide), Lehmverschmierung, Schilfdach
Wirtschaftsgebäude
Sanitärgebäude, das einzig modern gebaute Gebäude, verfügt über Heizung und Strom. Hier finden sich die Räume des Wild Wurzeln e.V., Duschen, Toiletten und die Küche.
Blockhaus (11.–12. Jahrhundert), derzeit als Residenz des neuen Eigentümers genutzt. Bauweise: Blockbauweise, Zwischenräume mit Schafswolle abgedichtet, Schindeldach, Kaminofen
Stallungen – momentan ungenutzt.
Literatur
Ulrich Schoknecht: Germanische Kultplätze bei Penzlin und Passentin, Lkr. Müritz. In: Archäologische Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern. Band 7, 2000, S. 94–98.