Ein Sekundärbiotop (auch Sekundärhabitat oder Sekundärlebensraum) ist ein nicht natürlich entstandenes, sondern ein durch menschliche Aktivität entstandenes Biotop, dass – gewollt oder zufällig – zu einem Lebensraum für unterschiedliche Arten geworden ist. Sekundärbiotope bieten häufig Ausweichmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen, denen andernorts der natürliche Lebensraum – das Primärbiotop – entzogen wird. In der Regel werden Sekundärbiotope nicht aus Gründen des Natur- und Artenschutzes bewusst angelegt, sondern mit anderer (oft wirtschaftlicher) Zielsetzung.
Alle anderen Arten von Landschaft, die starken menschlichen Veränderungen wie Bebauung, forstwirtschaftlicher, landwirtschaftlicher oder sonstiger Nutzung ausgesetzt sind oder es über einen langen Zeitraum waren, gelten als Sekundärbiotope.[3]
Merkmale
Sekundärbiotope zeichnen sich dadurch aus, dass sie entweder erst in jüngerer Zeit entstanden sind, oder (wie zahlreiche Varianten der Kulturlandschaft) durch regelmäßiges, menschliches Eingreifen geprägt sind. Da fast jedem Ökosystem durch den Menschen verändert wurde, bezeichnet man nur Flächen als Sekundärbiotope, bei denen der anthropogene Zugriff extrem war, wie z. B. bei Industriefolgelandschaften. Meist handelt es sich um Lebensräume, die spontane von diversen Arten neu besiedelt werden und sich mitunter zu Refugien seltener Tier- und Pflanzenarten entwickeln, die sich mit den jeweiligen Standortbedingungen arrangieren können. Die Bodenbeschaffenheit solcher Bereiche ist oft durch Bauarbeiten und Abgrabungen verändert worden, daher werden vegetationsfreie Brachen in der Regel zuerst von sogenannten Pionierpflanzen besiedelt, die die Lebensgrundlage für weitere Pflanzengemeinschaften herstellen.[4][5]
Die Störungsfreiheit durch menschliche Aktivitäten, ist zwar bei zahlreichen aufgegebenen und verlassenen Fläche gegeben, nicht jedoch bei Sekundärbiotopen, wie Wiesen, die durch Beweidung oder Mähen offen gehalten werden, wie z. B. Streuobstwiesen oder Magerrasen. Auch extensiv vom Menschen bewirtschaftete Flächen, wie Bergweiden und Wiesen, die durch Schäferei offen gehalten werden, sind Sekundärbiotope.
Radioaktiv verseuchte Gebiete, die vom Menschen nicht mehr betreten werden, wie die 2.600 Quadratkilometer große Sperrzone von Tschernobyl ist nachweislich ein geeigneter Rückzugsort für zahlreiche Tierarten. Neben Wölfen, Bären und Schwarzstörchen hat sich sogar das vom Aussterben bedrohte Przewalski-Pferd hier angesiedelt. Die Mutationsrate ist jedoch sowohl bei den Tieren als auch bei den Pflanzen, aufgrund der Radioaktivität noch immer stark erhöht.[6][7]
Bedeutung für Tier- und Pflanzenwelt
Sekundärbiotope fungieren an vielen Orten als Rückzugsgebiete oder Ausbreitungszentren für seltene Tier- und Pflanzenarten. Dabei spielen rekultivierte Gebiete wie Deponieflächen und Halden, sowie offene und wärmebegünstigte Böschungen, wenn die Boden- und Lichtverhältnisse stimmen, auch für seltene Arten geeignete Bedingungen. Wo sich neue Pflanzengemeinschaften bilden, herrscht geringere Konkurrenz durch andere Arten. In Deutschland wurden bereits zahlreiche, seltene Orchideengewächse an derartigen Standorten nachgewiesen, wie beispielsweise das Übersehene Knabenkraut, die Sumpf-Stendelwurz, Braunrote Stendelwurz, Pyramiden-Hundswurz, Bienen-Ragwurz, Breitblättrige Stendelwurz, Großes Zweiblatt und Geflecktes Knabenkraut.[4]
Weitere Beispiele für Orte, an denen die Natur sich ungestört entfalten konnte, sind sogenannte Lost Places, zu denen unter anderem Ruinen, Wracks, stillgelegte Freizeitparks und Olympiastadien, sowie verlassene und stillgelegte Orte aller Art (inklusive Geisterstädte, Geisterbahnhöfe etc.) zählen.[9]
Beispiele für Sekundärbiotope
Typische Beispiele für Sekundärbiotope sind:[4][5]