Die Salurner Klause (italienischChiusa di Salorno bzw. Stretta di Salorno) ist ein Abschnitt des Etschtals im Grenzgebiet zwischen Südtirol und dem Trentino (Italien). Die Salurner Klause gilt traditionell als deutsch-italienische Sprachgrenze.
Die Haderburg, die auf einem steil aufragenden Felsen am Nordhang des Geiers die Salurner Klause bewacht, geht vermutlich auf das frühe 12. Jahrhundert zurück. Die Klause selbst wird erstmals um 1330 urkundlich als „Salurner Chlause“ genannt.[1]
Eine – wenn auch nicht konsistente – Sprachscheide zwischen Nord und Süd entwickelte sich an der Salurner Klause ca. ab 1600 (zunächst links der Etsch) und verfestigte sich erst im 19. Jahrhundert. Die neuere Forschung hat geltend gemacht, dass das Gebiet als „vormodern zu denkende Übergangslinie“ zu sehen sei, welche durch die Überschneidung von divergenten Rechtskreisen und Herrschaftsräumen (Grafschaft Tirol, Erzbistum Trient) gekennzeichnet war.[2] Die Vorstellung von kompakt einander gegenüber stehenden ethnischen Räumen ist erst den im 19. Jahrhundert popularisierten Nationalismen geschuldet, für die die Salurner Klause zum Symbolort für Abwehr- oder Eroberungskämpfe aufrückte. Dementsprechend galt der Talboden zwischen Geier und Fennberg seither sowohl als sprachliche wie auch als kulturelle Grenze zwischen den geschlossenen deutsch- und italienischsprachigen Siedlungsgebieten.
Teile des italienischen Irredentismus (die sogenannten „salornisti“ um Cesare Battisti) befürworteten die Errichtung der zukünftigen italienisch-österreichischen Staatsgrenze an der Salurner Klause. Nachdem Italien nach dem Ersten Weltkrieg das historische Tirol bis zum Alpenhauptkamm zugesprochen bekommen hatte, äußerte Benito Mussolini die Zielsetzung, die Idee einer sprachlich-kulturellen Grenze bei Salurn im Zuge der Italianisierung Südtirols in Vergessenheit geraten zu lassen. Dementsprechend wurde 1927 die Grenze zwischen den beiden jungen Provinzen Bozen und Trient weiter nördlich bei Branzoll gezogen. Dennoch galt die Salurner Klause weiterhin als südlicher Eckpfeiler des „deutschen“ Südtirol, wie es etwa im Bozner Bergsteigerlied von Karl Felderer implizit eingegrenzt worden war. Im demokratischen Italien der Nachkriegszeit gab es wiederholt politische Initiativen (darunter die Protestkundgebung von Castelfeder), in denen eine Angliederung des Unterlands an die Provinz Bozen bzw. eine Grenzziehung an der Salurner Klause angemahnt wurde. Diese Forderungen hatten letztlich Erfolg, und seit dem 1. Januar 1948 verläuft die Grenze zwischen dem mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol und dem fast ausschließlich italienischsprachigen Trentino zwischen Salurn und Roverè della Luna.
Literatur
Martin Schweiggl, Franz Hauser: Unterland. Tappeiner, Lana-Bozen 1989, ISBN 88-7073-053-0,
Hannes Obermair: Soziale Produktion von Recht? Das Weistum des Gerichts Salurn in Südtirol von 1403. In: Concilium Medii Aevi, 4, 2001, S. 179–208 (online, PDF-Datei; 274 kB).
Siglinde Clementi, Andrea di Michele, Emanuela Renzetti, Ingo Schneider (Hrsg.): An der Grenze: Sieben Orte des Übergangs in Tirol, Südtirol und im Trentino. Edition Raetia, Bozen 2012, ISBN 978-88-7283-423-7.
Salurner Büchl. Beiträge zur Heimatkunde von Salurn (= Contributi sulla storia di Salorno) (Schlern-Schriften 155). Wagner, Innsbruck 2015 (erw. Aufl. der Erstausg. 1956), ISBN 978-3-703008733.
↑Otto Stolz: Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden. Band 2: Die Ausbreitung des Deutschtums im Bozner Unterland und Überetsch sowie in den deutschen Gemeinden im Nonsberg und Fleimstal. Oldenbourg, München-Berlin 1928, S. 268, Nr. 9a.
↑Hannes Obermair: Soziale Produktion von Recht? Das Weistum des Gerichts Salurn in Südtirol von 1403. In: Concilium Medii Aevi, 4, 2001, S. 181.