Geboren wurde sie als Ruth Prawer in eine polnisch-deutsche jüdische Familie. Der Geburtsname ihrer Mutter war Eleanora Cohn, ihr Vater der Anwalt Marcus Prawer.[1] Ihre Eltern emigrierten 1939 mit ihr und ihrem älteren Bruder Siegbert Salomon Prawer (1925–2012) aus dem nationalsozialistischenDeutschen Reich nach England. 1948 wurde sie britische Staatsbürgerin. Ihr Vater beging im gleichen Jahr Selbstmord, als er herausfand, dass 40 Familienmitglieder im Holocaust umgekommen waren; Ruth kam nie mehr nach Deutschland.[2]
Sie studierte an der University of London englische Literatur und heiratete 1951 Cyrus S. H. Jhabvala, einen indischen Architekten und Parsen. Das Paar zog nach Neu-Delhi und gründete eine Familie; sie bekamen drei Töchter. Ruth Prawer Jhabvala begann ihre neuen Erfahrungen in Indien literarisch zu verarbeiten und schrieb Romane und Erzählungen.
1955 erschien ihr erstes Buch To Whom She Will (Amrita und Hari, 1956), eine Geschichte über die junge Inderin Amrita, die unstandesgemäß den niederkastigen Hari – ihre, wie sie glaubt, große Liebe – heiraten möchte, was letztlich an der Gefangenheit in den jeweiligen gesellschaftlichen Konventionen scheitert. In kurzer Folge veröffentlicht Prawer Jhabvala weitere Erzählungen, die mit ungeschönter Einsicht in die Verhältnisse der indischen Gesellschaft und in leicht ironischem Unterton das für den Europäer Fremde plastisch werden lassen. Dabei ist sie kritisch, denunziert das Indische jedoch nicht. Sie publizierte seit 1957 31 ihrer Kurzgeschichten im New Yorker.[3]
Merchant Ivory Productions trat 1963 mit der Bitte, ein Drehbuch zu ihrem 1960 erschienenen Roman The Householder zu schreiben, an sie heran. Damit begann eine mehr als 20 Filme andauernde Partnerschaft mit internationalem Erfolg, besonders in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren. Es entstanden A Room with a View (1986, Zimmer mit Aussicht), Howards End (1992, Wiedersehen in Howards End) und The Remains of the Day (1993, Was vom Tage übrig blieb). Für die Drehbücher der beiden ersten Filme wurde Ruth Prawer Jhabvala jeweils mit dem Oscar ausgezeichnet; in beiden Filmen war die Romanvorlage von E. M. Forster.
1975 erhielt sie den renommierten britischen Booker Prize für ihren Roman Heat and Dust (Hitze und Staub, deutsch 1985), der 1982 von James Ivory verfilmt wurde. Darin geht es um die Kolonialgeschichte in Britisch-Indien.