Der Rittersturz liegt südlich des Höhenstadtteils Koblenz-Karthause oberhalb des Laubachtals, das nördlich der Koblenzer Brauerei an der B 9 endet. Er ist mit hohem Buchenwald bewachsen, allein die Ostseite des Plateaus fällt steil zum Rhein ab. Den Schieferschichten sind graubraune Sandsteinbänke zwischengelagert, die von hier bis zum Königsbach reichen. Es handelt sich um eine Schichtung aus dem Unterdevon.
Der Legende nach geht der Name des Aussichtspunkts auf einen Ritter zurück, der im Mittelalter die schroffe Felswand hinabstürzte. Dies ist historisch jedoch nicht belegt. Vielmehr deutet der Name „Galgenhell“ (Hell/Höll = Halde), der auf Gemarkungskarten des 19. Jahrhunderts genannt wird, auf eine Richtstätte mit Galgen in der Nähe hin, die sich mutmaßlich unterhalb des Plateaus in der Laubach befand.
Eine erste Waldgaststätte auf dem Rittersturz ist 1892 belegt. Sie musste 1927 einem größeren Hotelbau weichen, der, wie aus historischen Postkarten erkennbar, aus einem Staffelgiebel-Trakt mit vorgelagerter Terrasse und einer seitlich angebauten zweigeschossigen Zweiflügel-Anlage mit Walmdach und Dachgauben bestand. 1928 wurde vom Ausgang des Laubachtals eine Standseilbahn auf die Höhe gebaut. Eine Fahrt mit der Rittersturzbahn mit nachfolgendem Aufenthalt im Berghotel gehörte zu den klassischen Wochenend- und Familienausflügen der Koblenzer in der Vorkriegszeit; auch war das Rittersturz-Hotel ein beliebter Tagungsort.
Der Zweite Weltkrieg verursachte einen Einschnitt, von dem sich der Rittersturz nicht wieder erholte. Die nach Kriegszerstörung 1951 wiedereröffnete Rittersturzbahn war wegen zu geringer Besucherzahlen unrentabel geworden und wurde 1960 eingestellt. Das Berghotel musste 1974 aus Sicherheitsgründen wegen Felssturzgefahr abgerissen werden.[1]
Verschiedene Pläne zum Wiederaufbau wurden nicht realisiert, neben dem unsicheren Baugrund (der schon zum Abbruch des alten Hotels geführt hatte) dürften auch Landschafts- und Naturschutzaspekte dagegen sprechen, von der fraglichen Wirtschaftlichkeit ganz abgesehen.[2]
Zentrale Bedeutung erlangte der Rittersturz am 8. bis 10. Juli 1948, als sich die 11 Regierungschefs der in den westlichen Besatzungszonen neu gegründeten Länder und Louise Schroeder, der kommissarischen Oberbürgermeisterin von damals noch Groß-Berlin im Hotel Rittersturz zur sog. Rittersturz-Konferenz trafen. Das Saarland war auf der Konferenz nicht vertreten, da das Saarland seit 1947 eigenständiger Staat mit Bezug zu Frankreich war. Ziel der Konferenz war die Beratung über die Vorlage der drei westlichen Siegermächte zur Gründung eines westdeutschen Staates. Das Ergebnis der Konferenz waren die Koblenzer Beschlüsse.
Weniger bekannt ist, dass es eine zweite Rittersturz-Konferenz am 25. und 26. August 1949 gab, in der die Einberufung des ersten Bundestages und des Bundesrates zum 7. September 1949 sowie der Bundesversammlung zum 12. September 1949 beschlossen wurde.
Auf der Freifläche entstand 1978 – einige Jahre nach dem Abriss des Hotels – durch eine Bürgerinitiative eine Gedenkstätte. Bei einem landesweiten Wettbewerb setzte sich der Entwurf des Koblenzer Künstlers Rudi Scheuermann durch. Es handelt sich hierbei um eine sechs Meter hohe Basaltsäule, die in ihrer Dreibündelung die Säulen des demokratischen Staatswesens darstellt – Legislative, Exekutive und Judikative. Diese wurde am 8. Juli 1978 im Sinne einer Gedenkstätte der Öffentlichkeit übergeben.
Zum 60. Jahrestag der Rittersturz-Konferenz im Juli 2008 wurde die Gedenkstätte umfassend restauriert und die Grünfläche rund um die Basaltsäule neu gestaltet.
Infrastruktur
Der Rittersturz ist auf schmaler Fahrstraße von der B 327 über den Kühkopf oder vom Rhein, ausgehend vom Laubachtal, erreichbar. Parallel verläuft der Welterbesteig Oberes Mittelrheintal durch den Koblenzer Stadtwald, der sich teilweise mit dem vom Geographischen Institut der Universität Koblenz eingerichteten Geologisch-Landeskundlichen Lehrpfad deckt.
Literatur
Hans Bellinghausen: 2000 Jahre Koblenz. Geschichte der Stadt an Rhein und Mosel. Boldt, Boppard am Rhein 1971, ISBN 3-7646-1556-7.
Einzelnachweise
↑Rittersturz. regionalgeschichte.net, abgerufen am 10. April 2017.