Recht auf ArbeitDas Recht auf Arbeit ist das Recht, bei freier Berufswahl und Sicherung der menschlichen Würde arbeiten zu können. GeschichteFranzösische Verfassung von 1793Das erste allgemeine, gesetzliche Recht auf Arbeit gab es in der französischen Verfassung von 1793:
– Saint-Just et al.: Französische Verfassung von 1793 Otto von BismarckOtto von Bismarck befürwortete als deutscher Reichskanzler eine Pflicht des Staates, Arbeitslosen Arbeit zu verschaffen.[1] So äußerte er 1884 im Reichstag: „Ich will mich nur dahin resümieren: geben Sie dem Arbeiter das Recht auf Arbeit, solange er gesund ist, geben Sie ihm Arbeit, solange er gesund ist, sichern Sie ihm Pflege, wenn er krank ist, sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt ist [...].“[2] Weimarer RepublikDie Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 enthält ein „Recht auf Arbeit“. Artikel 163 WRV lautet:
Diese Vorschrift konnte allerdings den Anstieg der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland als Folge der Weltwirtschaftskrise nicht verhindern. Art. 163 WRV erwies sich somit als bloß moralischer Appell (vgl. auch die Formulierung: „sittliche Pflicht“) ohne Rechtsverbindlichkeit und Wirksamkeit. SowjetunionDie sowjetischen Verfassungen von 1936 (Artikel 118)[3] und 1977 (Artikel 40)[4] garantierten jedem Staatsbürger der Sowjetunion ein Recht auf Arbeit. Volksabstimmungen in der Schweiz 1894 und 1946In der Schweiz gab es jeweils 1894 und 1946 eine Volksabstimmung über die Einführung eines Rechts auf Arbeit, welche allerdings beide scheiterten. Deutsche Demokratische RepublikIn der DDR wurde jedem Bürger durch die Verfassung der DDR bis 1989 das Recht auf Arbeit zuerkannt. Dieses Grundrecht wurde auch nahezu vollständig umgesetzt, so dass fast jeder DDR-Einwohner im arbeitsfähigen Alter einen Arbeitsplatz hatte, abgesehen von Abiturienten und Studenten. Darüber hinaus war es in der DDR relativ einfach einen Arbeitsplatz zu finden, da in der DDR in sehr vielen Betrieben auf Grund der weitgehend mangelnden Automatisierung der DDR-Industrie Arbeitskräfte gesucht wurden. Auch die DDR hatte diejenige UNO-Menschenrechtserklärung unterzeichnet, die jedem Menschen das Recht auf Arbeit zubilligt.
– Artikel 24 (1) der DDR-Verfassung
– Artikel 24 (2) der DDR-Verfassung in der Fassung vom 7. Oktober 1974 Auf der Grundlage einer verfassungsmäßigen Pflicht zu einer „gesellschaftlich nützlichen“ Arbeit kriminalisierte die Strafrechtsordnung der DDR „asoziales Verhalten“:
– § 249 Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten NationenNach Artikel 23[5] der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 wird es als elementares Menschenrecht betrachtet; diese Erklärung ist allerdings keine verbindliche Rechtsquelle, anders als der im Völkerrecht verankerte Artikel 6 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte oder der Artikel 1 der Europäischen Sozialcharta. Kairoer Erklärung der Menschenrechte im IslamDie von den Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit als islamisches Gegenstück zur AEMR gedachte Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 enthält ebenfalls wie diese ein Recht auf Arbeit (Artikel 13).[6] Heutige SituationBundesrepublik DeutschlandDie Bundesrepublik Deutschland hat die UNO-Menschenrechtsdeklaration, die das Recht auf soziale Sicherheit, Arbeit und Wohnung festschreibt, unterzeichnet. Diese wurden auch in die Landesverfassungen von Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen aufgenommen. Ein Bürgerrecht auf Arbeit ist jedoch im Grundgesetz nicht zu finden. Der Hauptgrund für den Verzicht hierauf ist darin zu sehen, dass der Grundrechtsteil des Grundgesetzes nur Rechte enthält, die vor Gerichten einklagbar sind. Bei der Formulierung des Grundgesetzes im Jahr 1948 wurde als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik darauf verzichtet, Normen in dieses aufzunehmen, die nur moralische Appelle ohne Rechtsverbindlichkeit enthalten. Das Fehlen einer ausdrücklichen Verpflichtung des Staates zur Schaffung von Arbeitsplätzen wird von einigen als mangelnde Umsetzung des ebenfalls von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Sozialrechtspaktes (Art. 6) verstanden, obwohl das Stabilitätsgesetz seit 1967 Bund und Länder dazu verpflichtet, einen hohen Beschäftigungsstand anzustreben. Ein einklagbares Recht auf eine Wunscharbeit oder Arbeiten im erlernten Beruf ist in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen. Eine Pflicht zur Arbeit, wie sie die Weimarer Reichsverfassung vorsah, wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar: Wer etwa von Einnahmen aus Zinsen oder von einem Lotteriegewinn leben kann, darf nach Art. 2 („freie Entfaltung der Persönlichkeit“) in Verbindung mit Art. 12 Abs. 2 GG (s. u.) nicht zu einer Erwerbstätigkeit gezwungen werden. Druck eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen wird vom Staat nur auf diejenigen ausgeübt, die wegen Erwerbslosigkeit Transferleistungen erhalten wollen. Staatliche Transferleistungen können dem Antragsteller dann (teilweise oder ganz) vorenthalten werden, wenn er sich weigert, eine angebotene legale und ihm zumutbare Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Druck zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit übt der Staat auch auf diejenigen aus, denen (auch von Gerichten) bescheinigt wird, dass sie keine Ansprüche auf private Transferleistungen in Form von Unterhalt gegenüber angeblich Unterhaltspflichtigen haben, sofern sie als erwerbsfähig gelten. Recht auf freie BerufswahlNicht mit einem Recht auf Arbeit darf das Recht auf freie Berufswahl verwechselt werden. Dieses wird durch Art. 12 GG allen Deutschen garantiert:
Im Gegensatz zum Recht auf Arbeit, das soziale Teilhabe ermöglichen soll, stellt das Recht auf freie Berufswahl ein Abwehrrecht dar. Es soll den Einzelnen beispielsweise vor Berufsverboten schützen. Das Bürgerrecht auf freie Berufswahl ist aufgrund von EU-Recht weitestgehend auch auf nicht-deutsche Bürger der Europäischen Union anwendbar. Vereinigte StaatenIn der politischen Debatte in den Vereinigten Staaten ist „the right to work“ in den 1990er Jahren umdefiniert worden in „das Recht, ohne Gewerkschaftszugehörigkeit zu arbeiten“. In einer Reihe von Bundesstaaten haben wirtschaftsliberale Regierungen tarifvertragliche Abkommen, die eine Gewerkschaftsmitgliedschaft für alle Mitarbeiter eines Betriebes verpflichtend machen, per Gesetz für ungültig erklärt. Somit wurde der Einfluss der Gewerkschaften vermindert. ItalienDie Verfassung der Italienischen Republik ist das Recht auf Arbeit in Artikel 1 und 4 verankert. Der Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler Vladimiro Giacché sieht hier einen Widerspruch zum EU-Vertrag, der nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sondern die Preisstabilität an die erste Stelle stelle. Giacché betont, dass diese Werte im Widerspruch zueinander stünden, denn um Preisstabilität zu gewährleisten, bedürfe es hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Löhne.[7] Ergänzende RechteZusätzlich besteht für jede Person das gleiche Recht, bei gleicher Leistung den gleichen angemessenen Lohn bei angemessenen und befriedigenden Arbeitsbedingungen zu erhalten. Angemessen und befriedigend ist eine Entlohnung dann, wenn sie für eine menschenwürdige Existenz der Person und die ihrer Familie ausreichend ist. Zum Schutz und zur Durchsetzung dieser Rechte dient das Recht, Berufsvereinigungen zu bilden und ihnen beizutreten. Dies wird damit begründet, dass ein Mindestmaß an finanzieller Freiheit materielle Grundlage sei für zahlreiche andere Rechte und Freiheiten, die Geld oder irgendeine Art von Bezahlung oder Vergütung voraussetzen, beispielsweise Reisefreiheit oder Informationsfreiheit, das Recht auf Krankenversorgung und eine Wohnung. Rezeption in der LiteraturCharles Fourier beschäftigte sich damit 1835 in seiner Kritik der abstrakten Rechte der französischen Revolution und des damaligen Frühkapitalismus:
Literatur
Einzelnachweise
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