Doris Bures
Dritter Nationalratspräsident: Norbert Hofer
Der Präsident des Nationalrates (kurz: Nationalratspräsident) ist der Vorsitzende des Nationalrats, der ersten Kammer des österreichischen Parlaments.
Seit 20. Dezember 2017 ist Wolfgang Sobotka (ÖVP) Präsident des Nationalrats. Die Stellvertreter sind die Zweite Präsidentin, derzeit Doris Bures (SPÖ), und der Dritte Präsident, seit 23. Oktober 2019 Norbert Hofer (FPÖ).[1] Gemeinsam bilden sie das Präsidium des Nationalrates.[2]
Das Amt wird in Österreich seit Jahrzehnten, ähnlich wie das des Bundespräsidenten, als Institution der Identitätstiftung verstanden. In der Ersten Republik war das Amt hingegen Teil des Machtkampfes der großen politischen Lager.
Der Präsident, der Zweite und der Dritte Präsident werden vom Nationalrat zu Beginn der Legislaturperiode aus seiner Mitte gewählt; wird das Amt während einer Legislaturperiode vakant, erfolgt eine Neuwahl, wie dies September 2014 für Doris Bures der Fall war. Rechtliche Grundlage ist Art. 30 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG).
Das Präsidium bleibt auch nach einer Auflösung des Nationalrats im Amt, bis der neugewählte Nationalrat seinen Vorsitz bestimmt. Dies gilt auch dann, wenn der Präsident der alten Legislaturperiode in der neuen Periode kein Mandat mehr innehat. Dies war zuletzt bei Präsident Andreas Khol der Fall, der bei den Nationalratswahlen 2006 nicht kandidierte und bis zur Wahl seiner Nachfolgerin Barbara Prammer weiterhin den Vorsitz innehatte.
Bereits in der Ersten Republik hat sich das ungeschriebene Gesetz eingebürgert, dass die stimmenstärkste Partei den Nationalratspräsidenten stellt. In der Zweiten Republik ist es zur politischen Praxis geworden, dass die mandatsstärkste Partei den Präsidenten stellt, die zweitstärkste den zweiten Präsidenten und die drittstärkste Partei den dritten Präsidenten des Nationalrats.
Die Aufgaben des Präsidenten bzw. seiner Stellvertreter sind in der Nationalratsgeschäftsordnung (GOGNR) im Detail geregelt. Der Präsident leitet die Geschäfte des Nationalrats und erstellt im Einvernehmen mit dem Zweiten und dem Dritten Präsidenten den Budgetvoranschlag für den Nationalrat. Er vertritt den Nationalrat nach außen und hat dafür zu sorgen, dass Würde und Rechte des Nationalrats gewahrt werden. Er beruft ihn zu seinen Sitzungen ein und führt – in der Praxis abwechselnd mit dem Zweiten und Dritten Präsidenten – in den Sitzungen den Vorsitz. Er handhabt die Geschäftsordnung und achtet auf deren Einhaltung (insbes. die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Sitzungssaal), übt das Hausrecht im Parlamentsgebäude aus und hat alle Dienstgeberbefugnisse für die Bediensteten der Parlamentsdirektion (Ernennung der Bediensteten, Personalangelegenheiten). In der Bundesversammlung hat der Nationalratspräsident abwechselnd mit dem Bundesratspräsidenten den Vorsitz inne.
Die drei Nationalratspräsidenten und die Klubobleute bilden die Präsidialkonferenz, ein beratendes Organ betreffend die parlamentarische Arbeit im Nationalrat (zum Beispiel zu Tagesordnung, Sitzungsterminen).
Das Nationalratspräsidium als Kollegium ist zur Vertretung des Bundespräsidenten sowohl im Falle einer längeren Verhinderung als auch bei dauernder Erledigung der Stelle des Bundespräsidenten, beispielsweise durch Rücktritt, Tod oder Absetzung, berufen. Das stellt sicher, dass dessen Kontrollfunktion gegenüber der Regierung und ähnliche Mechanismen nicht verloren gehen.
Die Funktion endet auf Grund der Geschäftsordnung automatisch mit der Wahl des Nachfolgers in der folgenden Legislaturperiode. Vorzeitige Beendigungen können nur durch Rücktritt des jeweiligen Präsidenten selbst, durch Verlust des Nationalratsmandats und durch Ableben erfolgen. Abgewählt oder abgesetzt werden kann er hingegen nicht.
Im März 1933 sind in einer turbulenten Sitzung alle drei Präsidenten des Nationalrats zurückgetreten. Die Bundesregierung Dollfuß nützte dies dazu, von der „Selbstausschaltung des Parlaments“ zu sprechen und den Wiederzusammentritt des Nationalrats zu verhindern. 1975 wurde in § 6 Abs. 2–4 GOGNR die Regel eingeführt, dass in einem solchen Fall der älteste in Wien anwesende Abgeordnete dazu verpflichtet ist, ohne Aufforderung von sich aus tätig zu werden, den Nationalrat einzuberufen und Präsidentenwahlen vorzunehmen.
Bestrebungen, Änderungen der Geschäftsordnung durchzuführen, die auch eine Beendigung durch Abwahl mit Zweidrittelmehrheit ermöglichen, gab es seitens der Nationalratspräsidentin Prammer als Folge von Aussagen des dritten Präsidenten Martin Graf im Mai 2009[3] und erneut beginnend im Mai 2012.[4][5]
Nachdem die bisherige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer aufgrund von Komplikationen im Zusammenhang mit ihrer Krebserkrankung Anfang Juli 2014 für längere Zeit ins Krankenhaus musste, übergab sie die Amtsgeschäfte am 1. Juli an ihren Stellvertreter Karlheinz Kopf. Nach dem Ableben Prammers am 2. August 2014 war das Amt des Präsidenten des Nationalrats bis 2. September 2014 vakant.[6]
(1) Die drei Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung waren gleichberechtigt und wechselten sich in den drei Funktionen Präsident im Hause (= Vorsitzender der Nationalversammlung), Präsident im Rate (= Vorsitzender des Staatsrates) und Präsident im Kabinett (= Vorsitzender der Staatsregierung) wöchentlich ab.
(2) Jodok Fink trat nach der ersten Sitzung am 21. Oktober 1918 zurück; von der zweiten Sitzung am 30. Oktober 1918 an amtierte Johann Hauser.
(3) Die mit der Präsidentschaft verbundenen Funktionen des Staatsoberhauptes übte Karl Seitz bis 9. Dezember 1920 aus, dem Tag der Wahl des ersten Bundespräsidenten.
Erste Republik: Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung: Dinghofer/Fink/Seitz/Hauser Präsident der Konstituierenden Nationalversammlung: Seitz Präsidenten des österreichischen Nationalrates: Weiskirchner | Miklas | Gürtler | Eldersch | Renner
Zweite Republik: Kunschak | Hurdes | Figl | Maleta | Waldbrunner | Benya | Gratz | Pöder | Fischer | Khol | Prammer | Bures | Köstinger | Sobotka
Erste Republik: Hauser | Eldersch | Seitz | Eldersch | Ramek
Zweite Republik: Böhm | Olah | Hillegeist | Waldbrunner | Maleta | Minkowitsch | Hubinek | Lichal | Neisser | Prinzhorn | Fischer | Prammer | Spindelegger | Neugebauer | Kopf | Bures
Erste Republik: Dinghofer | Waber | Straffner | Tauschitz | Straffner
Zweite Republik: Gorbach | Hartleb | Gorbach | Maleta | Wallner | Probst | Pansi | Thalhammer | Stix | Dillersberger | Schmidt | Haupt | Brauneder | Khol | Fasslabend | Prinzhorn | Glawischnig-Piesczek | Graf | Hofer | Kitzmüller | Hofer
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