Dabei werden grundsätzlich zwei Arten von polymeranalogen Reaktionen unterschieden:
Polymeranaloge Reaktionen im klassischen Sinn (Polymertransformationen), bei denen das Reaktionsprodukt das gewünschte Polymer ist
Reaktionen an Reaktivpolymeren. Dies sind meist vernetzte Polymere mit funktionellen Gruppen, mit denen andere, meist niedermolekulare Verbindungen hergestellt werden können. Das Reaktivpolymer kann anschließend meist wieder regeneriert werden. Das bekannteste Beispiel sind Ionenaustauscher, bei denen meist niedermolekulare Ionen ausgetauscht werden.
Bei diesen Reaktionen ändert sich die molare Masse und gegebenenfalls auch die Konstitution der Polymere, der Polymerisationsgrad bleibt aber erhalten.[1] Eine komplette Umsetzung der reaktiven Gruppen ist normalerweise nicht möglich, eine Ausnahme bilden Reaktivpolymere und Ionenaustauscher, die durch die Durchführung der Umsetzung sehr hohe Umsätze ermöglichen. In vielen Fällen ist eine komplette Umsetzung zudem nicht gewünscht, hier bilden Polyvinylalkohol/Polyvinylamin Ausnahmen, bei denen man neben teilhydrolysierten auch möglichst komplett hydrolysierte Typen anstrebt. Da sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Produkte mit dem Substitutionsgrad ändern, versucht man in Fällen wo bestimmte Substitutionsgrade angestrebt werden diese gezielt durch die Reaktionsführung zu erreichen, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten. So sinkt in der Regel ab einem bestimmten Substitutionsgrad bei Cellulose- und Stärkederivaten die Löslichkeit bzw. Quellfähigkeit und auch die biologische Abbaubarkeit. Ab welchem Grad dies geschieht, hängt u. a. von der Größe und Hydrophobie des Substituenten ab.
Von der polymeranalogen Reaktion ist die Vernetzung zu unterscheiden. Hier reagiert ein Polymer mit einem niedermolekularen Vernetzer oder einem anderen Polymer zu größeren Aggregaten, die nach der Reaktion eine weit größere Molmasse und Polymerisationsgrad haben als das Ausgangspolymer.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden natürliche Polymere wie Baumwolle, Wolle, Seide und Leinen selten gezielt chemisch behandelt, um ihre Eigenschaften zu verändern. Nur beim Färben wurde, abhängig von der Faser und dem Farbstoff bzw. der Färbemethode, mit Laugen, Salzen oder anderen Substanzen ein besseres Färbeverhalten erzielt, das sog. Beizen.[2] Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Cellulosederivate wie 1846 die Schießbaumwolle (Christian Friedrich Schönbein[3]) und 1865 das Celluloseacetat (Paul Schützenberger[4]) gewonnen. Erst im 20. Jahrhundert, als von Hermann Staudinger die Natur der Polymere aufgeklärt wurde und erste künstliche Polymere wie Bakelit (1909), Polyvinylchlorid (ab 1913), Polyester (ab den 1920ern), Polyethylen (ab 1933) und Polyamide (ab 1935) in größeren Mengen hergestellt und verwendet wurden, kamen Methoden auf, diese Polymere durch gezielte chemische Behandlung zu modifizieren.
Wirtschaftliche Bedeutung
Da es eine Vielzahl von Anwendungen gibt, die in einem breiten Feld von Reaktionsarten und Anwendungsgebieten liegen, lässt es sich nur schwer quantitativ abschätzen, welche Umsatzzahlen Prozesse, die polymeranaloge Reaktionen beinhalten haben, zumal eine Polymeranaloge Reaktion oft nur einen Teil der Wertschöpfungskette darstellt. Die DECHEMA hat im Jahr 2004 in einem Positionspapier die Polymer-Modifikation in Extrudern/Schneckenmaschinen als Spezialfall der Polymeranalogen Reaktion als besonders vielversprechende Technologie herausgestellt.[5][6] Aus der Vielzahl der Anwendungen lässt sich aber grob abschätzen, dass es sich jährlich weltweit um dreistellige Millionen bis Milliardenbeträgen (in €) handelt.
Reaktionskinetik bei polymeranalogen Reaktionen
Im Gegensatz zu den meist homogenen Reaktionen in Lösemitteln liegen bei polymeranalogen Reaktionen meist heterogene Verhältnisse vor. Im Inneren des Polymerknäuels ist die Konzentration reaktiver, polymergebundener Gruppen hoch, im umgebenden Lösemittel sehr niedrig, bis zu Null. Zudem kann es durch die räumliche Nachbarschaft von noch nicht reagierten Gruppen zu schon reagierten zu Nachbargruppeneffekten kommen, die reaktionsbeschleunigend, oder reaktionsverlangsamend wirken können.[7] Folgende Fälle können unterschieden werden:
Durch polymeranaloge Reaktion werden Polymere hergestellt, die nicht direkt aus den (formalen) Monomerensynthetisiert werden können, weil diese Monomere nicht stabil oder existent sind, oder die formalen Monomere andere Polymere liefern als die gewünschten.
PVA wird hergestellt, indem aus dem stabilen Monomer Vinylacetat zuerst Polyvinylacetat hergestellt wird. Aus diesem wird mit Butanol oder Methanol durch eine Umesterung der Polyvinylalkohol erhalten. Die dabei anfallenden Ester (Butylacetat und Methylacetat) sind wertvolle Lösemittel.[9]
Meist wird eine möglichst quantitative Umesterung angestrebt, Es gibt aber auch teilweise hydrolysierte Polyvinylalkohole, die beispielsweise als Klebstoffe Verwendung finden.[10] Die Löslichkeit in Wasser hängt aber neben dem Hydrolysegrad von anderen Faktoren wie Molmasse und Taktizität ab:[11]
Mit p-Toluolsulfonsäuremethylester als Initiator lassen sich 2-alkyl-substituierte 2-Oxazoline zu N-substituierten Polyethylenimin polymerisieren. Nach Verseifung entsteht daraus ein lineares Polyethylenimin.[13]
Nachbehandlung von Polymeren
Polyethylen, Ethylen-Propylen-Copolymere, Polyvinylchlorid und andere Polymere werden nach ihrer Herstellung chloriert, um mechanische und chemische Eigenschaften zu verbessern. Zur Verbesserung der Elastomereigenschaften sollte der Chlorgehalt des Polymers 25–40 % betragen. Soll das Polymer zur Verbesserung der Schlagfestigkeit mit PVC geblendet werden, sollten es > 40 % sein. Hochchlorierte PVC-Typen mit bis zu 65 % Chlor werden in Lacken und Klebstoffen verwendet, wobei deren Verwendung deutlich rückläufig ist, bzw. sich auf Spezialanwendungen reduziert.[14]
Nachbehandlung von Polyethylen
Polyethylen wird in Suspension – katalysiert durch Schwermetallsalze – chloriert. Dabei strebt man meist einen Substitutionsgrad von < 30 % an.[15]
Nachbehandlung von Ethylen-Propylen-Copolymeren
Nachbehandlung von Polyvinylchlorid (PVC)
PVC wird in Lösung bis zu einem Chlorgehalt von ca. 64 % chloriert:[15]
Das Reaktionsprodukt wird für die Herstellung von Fasern, Lacken und Klebstoffen genutzt.[15]
Bei der polymeranalogen Reaktion von Cellulose werden nicht alle Wasserstoffatome ersetzt, sondern es entstehen mehrere Reaktionsprodukte. Diese enthalten wie in den schemenhaften Abbildungen gezeigt unterschiedlich viele Ammoniumverbindungen und Carboxylatgruppen.
Schematische Darstellung für einen Anionenaustauscher:
Schematische Darstellung für einen Kationenaustauscher:
Reaktivpolymere
Neben Ionenaustauschern gibt es eine ganze Reihe (vernetzter) Polymere, die funktionelle Gruppen tragen, mit denen niedermolekulare Verbindungen hergestellt, oder umgesetzt werden können. Basis bilden meist vernetzte Polystyrole. Beispiele sind:[17]
Die Reaktionen an den Reaktivpolymeren und deren Regeneration erfolgen analog wie bei Ionenaustauschern in Säulen, was durch die großen Konzentrationsgradienten sowohl die Reaktion als auch die Regeneration mit großen Ausbeuten durchführbar machen.
Die Reaktionen verlaufen bei polymer gebundenen Gruppen nicht immer analog zu den Reaktionen monomerer reaktiver Gruppen. So bromiert N-Bromsuccinimid Olefine in der Allylstellung unter Erhalt der Doppelbindung, während das polymer gebundene zu einer Addition von Brom an die Doppelbindung führt.[17]
Bei der Merrifield-Synthese wird an einem vernetzten Polystyrol mit einer Chlormethyl-Gruppe (CH2-Cl) schrittweise ein Peptid synthetisiert.[18]
Die Sequenz beginnt damit, dass eine am N-Terminus geschützte Aminosäure an die CH2-Cl Gruppe des Harzes gekoppelt und anschließend die Schutzgruppe entfernt wird. An diese Aminogruppe kann wieder eine Aminosäure unter Ausbildung einer Peptidbindung gekuppelt werde. Um den Umsatz hoch zu gestalten, wird üblicherweise mit einem großen Überschuss der zu koppelnden Aminosäure gearbeitet. Durch Wiederholung diese Sequenz können Peptide mit einer Länge von maximal ca. 100 Aminosäuren hergestellt werden.[19]
Seitdem Peptide routinemäßig mit genetischen Methoden hergestellt werden können, hat die Merrifield-Synthese, von Spezialfällen wie beispielsweise dem Einbau von nichtkanonischen Aminosäuren abgesehen, keine praktische Bedeutung mehr.
Leiterpolymere
Durch eine intramolekulare Polymerisation kann man geeignete Polymere zu Leiterpolymeren umsetzen. Ein geeignetes Grundpolymer ist beispielsweise isotaktisches 1,2-Polybutadien, bei dem die seitenständigen Vinylgruppen cyclisiert werden.[20] Die folgende Abbildung gibt einen schematisierten und idealisierten Ablauf der Reaktion an.
Natürliche Polymere
Cellulosederivate
Polymeranaloge Reaktionen bei nativer, oder manchmal auch gezielt abgebauter Cellulose liefern wichtige Produkte der Kunststoffindustrie.
Bei technischen Produkten liegt der Substitutionsgrad meist zwischen zwei und fünf pro Cellobioseeinheit und wird gezielt angestrebt, weil die unterschiedlichen Substitutionsgrade den Derivaten unterschiedliche Eigenschaften verleihen.
Celluloseester
Celluloseacetat, einer der ältesten Kunststoffe, wird je nach Substitutionsgrad nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt, ausführlich werden sie im Hauptartikel dazu beschrieben. Da sich Fasern aus Celluloseacetat ähnlich anfühlen wie Seide und auch im Aussehen ähnlich sind, wird sie in großem Umfang zur Herstellung dieser Fasern und Bekleidung daraus verwendet, zumal diese Stoffe pflegeleichter und unempfindlicher sind als Seide.[21]
Cellulosenitrat gehört auch zu den ältesten Kunststoffen. Mit Campher plastifiziert wurde es zur Herstellung von Zelluloid verwendet, einem der ersten Thermoplaste. Es wird heute allerdings wegen der großen Brandgefahr nur noch selten verwendet, beispielsweise für die Herstellung von Tischtennisbällen[22][23] und von Sprengstoff. Cellulosenitrat unterliegt dem deutschen Sprengstoffgesetz. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75 % handelt es sich dann überwiegend um Cellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75 % um Cellulosedinitrat (Kollodiumwolle).
Celluloseether
Hydroxypropylcellulose[24] wird aus alkalisch vorbehandelter Cellulose und Propylenoxid hergestellt. Sie wird als Emulgator, Verdickungsmittel und Bindemittel verwendet.
Da bei dieser Reaktion nicht alle Hydroxygruppen reagieren, entstehen Gemische mit unterschiedlich hohem Substitutionsgrad. Auch der Substitutionsgrad der einzelnen Stärkebausteine innerhalb eines Polymers kann unterschiedlich hoch ausfallen. Analoge Gemische entstehen bei den folgenden Reaktionen.
Ethylcellulose wird durch Umsetzen von Ethylchlorid mit alkalisch vorbehandelter Cellulose hergestellt. Sie ist beispielsweise ein Bestandteil von Celluloseetherlacken.[26]
Hydroxyethylcellulose[28] wird durch Umsetzung einer alkalisch vorbehandelten Cellulose mit Ethylenoxid hergestellt. Sie wird analog wie Hydroxypropylcellulose eingesetzt, ist aber (bei gleichem Substitutionsgrad) etwas hydrophiler als diese.
Carboxymethylcellulosen wird durch Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Cellulose mit Chloressigsäure hergestellt. Sie hat ein sehr breites Anwendungsspektrum, so ist sie z. B. als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und hat die Nummer E 466, dort wird es als Verdickungsmittel und zur Verbesserung der Konsistenz eingesetzt. In der Pharmazie nutzt man sie als Tablettensprengmittel.[29]
Diethylaminoethylcellulose wird durch Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Cellulose mit 3-Chlortriethylamin hergestellt.[30] Sie wird als schwach basischer Ionenaustauscher verwendet, speziell für die Trennung von Proteinen.[31]
Bei der Herstellung von Hydroxypropylmethylcellulose, Hydroxypropylcellulose und Hydroxyethylcellulose kann es immer zur Bildung von mehrgliedrigen Seitenketten aus Polyethylenoxid bzw. Polypropylenoxid kommen, noch bevor alle OH-Gruppen der Cellulose substituiert sind. Reaktionstechnisch lässt sich nicht vermeiden, dass ein relativ uneinheitliches Produkt entsteht.
Stärkederivate
Im Gegensatz zu Cellulose ist Stärke und viele ihrer Derivate von Menschen verdaubar und daher gibt es eine Vielzahl von Stärkederivaten, die in großem Maß in der Lebensmitteltechnologie zur Modifikation von Lebensmitteln.[32][33] sowie bei der Papierherstellung[34] eingesetzt werden. Die Verdaulichkeit nimmt mit steigendem Substitutionsgrad allerdings ab und einige sehr hoch substituierte Derivate sind unverdaulich.
Meist wird keine native, sondern oxidativ oder enzymatisch abgebaute Stärke eingesetzt, weil die Molmassen nativer Stärken speziell bei Amylopektinen oft so hoch sind, dass die Löslichkeit schlecht, oder die Lösungsviskositäten sehr hoch sind, dass Derivatisierungen stark erschwert werden.
Kationische Stärke
Kationische Stärke wird in großem Umfang für die Herstellung von Papier eingesetzt. Dort dient sie u. a. als Retentionsmittel und zur Trockenverfestigung.[35] Aufgesprühte kationische Stärke verbessert die Bedruckbarkeit.[34] Im Gegensatz zu anderen Stärkederivaten haben kationische Stärken einen sehr niedrigen Substitutionsgrad, der typischerweise zwischen 0,03 und 0,1 liegt.[36]
Stärkeester
Acetylierte Stärke (E 1420) wird durch Umsetzung von Stärke mit Essigsäureanhydrid hergestellt. E 1420 bildet klare und stabile Lösungen und wird zur Stabilisierung von Tiefkühllebensmittel und Milcherzeugnissen verwendet.[37]
Da bei dieser Reaktion nicht alle Hydroxygruppen reagieren, entstehen Gemische mit unterschiedlich hohem Substitutionsgrad. Auch der Substitutionsgrad der einzelnen Stärkebausteine innerhalb eines Polymers kann unterschiedlich hoch ausfallen. Analoge Gemische entstehen bei den folgenden Reaktionen.
Stärkesulfate werden durch die Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Stärke mit Chlorsulfonsäure hergestellt. Sie waren eine Zeit lang als Substitut für Heparin im Gespräch.[38]
Stärkenitrate werden durch Umsetzung von Stärke mit konzentrierter Schwefelsäure und Salpetersäure hergestellt. Sie haben ähnliche Eigenschaften wie Cellulosenitrate, aber eine weit geringere technische und wirtschaftliche Bedeutung.[39]
Stärkexanthogenate werden durch die Umsetzung alkalisch vorbehandelter Stärke mit Kohlenstoffdisulfid hergestellt. Sie werden in der Papierindustrie zur Papierverfestigung und zur Herstellung von Elastomeren verwendet.[38]
Stärkecitrate werden durch Umsetzung von Stärke mit Citronensäure hergestellt.[40] Sie werden in der Lebensmitteltechnologie bei Tiefkühlware eingesetzt.[38]
Stärkesuccinate werden durch Umsetzung von Stärke mit Bernsteinsäureanhydrid hergestellt.[41] Sie erweisen sich sowohl als gute Stabilisatoren als auch als gute Emulgatoren und werden zur Aromastabilisierung von Lebensmitteln vorgeschlagen.[38]
Stärkephosphate werden durch Umsetzen von Stärke mit Mononatriumorthophosphat oder Dinatriumorthophosphat hergestellt.[42][43] Sie werden speziell bei säurehaltigen Lebensmitteln, die stark erwärmt (sterilisiert) werden, eingesetzt.[44]
Stärkenatriumoctenylsuccinat (E 1450) wird durch Umsetzung von Stärke mit Octenylbernsteinsäureanhydrid hergestellt.[45] Sie quillt bereits in kaltem Wasser und wirkt als Emulgator, der Wasser/Öl-Emulsionen stabilisiert. Zudem bildet es stabile, gefrierstabile Schäume.[46]
Stärkeether
Hydroxypropylstärke wird durch die Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Stärke mit Propylenoxid hergestellt.[47] Sie wird als hitzestabiles Verdickungsmittel verwendet, speziell für Nahrungsmittel, die sterilisiert werden.[48]
Hydroxyethylstärke wird durch die Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Stärke mit Ethylenoxid hergestellt. Sie wird für die Papierherstellung und als Textilhilfsstoff verwendet.[49] Bis 2013 auch als Plasmaersatzstoff, momentan ist es aber für diesen Zweck nicht mehr zugelassen.[50]
Carboxymethylstärke wird durch die Umsetzung von alkalisch vorbehandelter Stärke mit Chloressigsäure hergestellt.[51] Sie bildet hochviskose Lösungen, ohne Gelbildung[34] und ist ein Grundstoff für abbaubare Tenside.[52]
Bei dieser Einteilung gibt es allerdings Überschneidungen und Uneindeutigkeiten, weil es eine empirische und nicht streng systematische Einteilung ist und nicht alle Posttranslationale Modifikationen Polymeranaloge Reaktionen sind.[53]
Ohne Posttranslationale Modifikationen könnten viele Proteine ihre Aufgaben nicht erfüllen, weil sie sonst eine andere als die geforderte Konfiguration hätten, zu hydrophil, oder hydrophob wären, oder andere Eigenschaften nicht erfüllten. Die meisten Posttranslationale Modifikationen sind enzymkatalysierte Reaktionen und keine, die durch DNA/RNA gesteuert werden. Sie können an unterschiedlichen Stellen der Zellen stattfinden, nicht nur in den Ribosomen.
Das Vulkanisieren(Vernetzen) von Kautschuk zu Gummi zählt nicht zu den Polymeranalogen Reaktionen, sondern zu den Vernetzungen, weil die Molmasse des vulkanisierten Produktes um ein Vielfaches höher ist als die des Eduktes.[56] Dies ist ein Beispiel, dass ein Polymer mit einem niedermolekularen Vernetzer (Schwefel) zu einem Netzwerk reagiert.
Schematische Präsentation von zwei Polyisoprenketten (blau und grün) nach der Vulkanisation mit Schwefel (n = 0, 1, 2, 3 …). Die Polyisoprenketten sind hier über zwei Schwefelbrücken miteinander verknüpft
Mischsysteme
Es gibt Systeme, bei denen sowohl polymeranaloge Reaktionen, als auch Vernetzungen stattfinden. Beispiele sind die Herstellung von Polyamidoamin-epichlorhydrinharzen und die Herstellung von Kohlenstofffasern. Bei den Stärkeestern mehrbasiger Säuren liegt je nach Stöchiometrie eine Polymeranaloge Reaktion oder eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Vernetzung vor.
Herstellung von Polyamidoamin-epichlorhydrinharzen
Polyamidoamin-epichlorhydrinharze werden u. a. als Nassfestmittel bei der Papierproduktion verwendet. Hier wird aus Adipinsäure und Diethylentriamin (oder anderen Polyaminen) durch Polykondensation ein Prepolymer hergestellt, das in einer polymeranalogen Reaktion mit Epichlorhydrin zu einem reaktiven Prepolymer umgesetzt wird, das anschließend vernetzt werden kann.[59] Dies ist ein Beispiel, bei dem reaktive Polymere miteinander zu einem Netzwerk reagieren.
Kohlenstofffasern werden zum größten Teil aus Polyacrylnitril (PAN) hergestellt. Dazu wird PAN gesponnenen und verstreckt und diese Fasern in einer polymeranalogen Reaktion zu einem Leiterpolymer umgesetzt. Diese Vorreaktion verläuft in zwei Schritten. Im ersten werden unter sauerstofffreien Bedingungen die CN-Gruppen bei 200–300 °C cyclisiert und in einem zweiten Schritt durch Oxidation mit Sauerstoff dieses Polymer aromatisiert. In einem weiteren Schritt wird es unter Eliminierung von HCN oder Stickstoffgraphitisiert, = vernetzt.[60] Die folgenden Abbildungen geben einen schematisierten und idealisierten Ablauf der Reaktionen an. Zur besseren Anschaulichkeit wurde die lineare Nitrilgruppe gewinkelt dargestellt.
Einzelnachweise
↑ abHans-Georg Elias: Makromoleküle. Band 1, 6. Auflage, Wiley, Weinheim 1999, ISBN 3-527-29872-X, S. 554 ff.
↑Jochen Gartz: Vom Griechischen Feuer zum Dynamit – eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg / Berlin / Bonn 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.
↑Victor Emmanuel Yarsley: Über die Herstellung und physikalischen Eigenschaften der Celluloseacetate. Julius Springer Verlagsbuchhandlung, Berlin 1927, S. 5, doi:10.1007/978-3-642-98939-1.
↑Karl Oberbach (Hrsg.): Saechtling Kunststoff-Taschenbuch. Carl Hanser Verlag, München / Wien 2004, ISBN 3-446-22670-2, S. 458.
↑I. Stolkin, T.-K. Ha, Hs. H. Günthard: N-methylmethyleneimine and ethylideneimine: Gas- and matrix-infrared spectra, AB initio calculations and thermodynamic properties. In: Chemical Physics. Band21, Nr.3, 1977, S.327–347, doi:10.1016/0301-0104(77)85189-6.
↑Blandine Brissault, Antoine Kichler, Christine Guis, Christian Leborgne, Olivier Danos, Hervé Cheradame: Synthesis of Linear Polyethylenimine Derivatives for DNA Transfection. In: Bioconjugate Chemistry. Band14, Nr.3, 2003, S.581–587, doi:10.1021/bc0200529.
↑ abHans-Georg Elias: Makromoleküle. Band 1, 6. Auflage, Wiley, Weinheim 1999, ISBN 3-527-29872-X, S. 558–559.
↑ abcM. D. Lechner, K. Gehrke und E. H. Nordmeier: Makromolekulare Chemie, 4. Auflage, Birkhäuser Verlag, 2010, S. 480, ISBN 978-3-7643-8890-4.
↑Ronald W. Rousseau, James K. Ferrell, Robert F. Reardon: Synthesis of diethylaminoethyl cellulose on cotton fabric. In: Industrial & Engineering Chemistry Product Research and Development. 23. Jahrgang, Nr.2, 1. Juni 1984, ISSN0196-4321, S.250–252, doi:10.1021/i300014a015.
↑Eintrag zu Stärkeacetat. In: Lexikon der Ernährung. Spektrum der Wissenschaft Verlag, abgerufen am 15. März 2016.
↑ abcdeEintrag zu Stärkeester. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 18. März 2016.
↑Eintrag zu Stärkenitrate. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 18. März 2016.
↑H. Klaushofer, E. Berghofer, W. Steyrer: Stärkecitrate – Produktion und anwendungs‐technische Eigenschaften. In: Starch, 1978, Vol. 30, Nr. 2, S. 47–51, doi:10.1002/star.19780300204.