Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts

Episode 416 der Reihe Polizeiruf 110
Titel Jenseits des Rechts
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Länge 89 Minuten
Produktions­unternehmen Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen mbH im Auftrag des BR
Regie Dominik Graf
Drehbuch Tobias Kniebe
Musik
Kamera Hendrik A. Kley
Schnitt Amina Lorenz
Premiere 29. Dez. 2024 auf Das Erste
Besetzung
Episodenliste

Jenseits des Rechts ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Polizeiruf 110. Der vom Bayerischen Rundfunk produzierte Beitrag ist die 416. Polizeiruf 110-Episode und wurde am 29. Dezember 2024 im Ersten ausgestrahlt. Die Münchner Kommissarin Cris Blohm ermittelt in ihrem dritten Fall.

Handlung

Das Münchner Ermittlerduo Blohm/Eden untersucht den Todesfall des jungen Lucky, Akteur und Regisseur von Amateurpornos. Die Rekonstruktion des Tathergangs deutet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Mit Sicherheit hat ein Kampf stattgefunden, dessen wichtigste Spur Abtragungen unter den Fingernägeln des Opfers sind, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Täter stammen. Dieser hat offenbar die Filmausrüstung geraubt samt der Festplatten mit den Pornos, deren Popularität, seit Lucky mit einer neuen Partnerin filmte, rasant gestiegen war. Beide waren nach übereinstimmenden Aussagen ineinander verliebt und wirkten daher echt. Das bestätigt auch die Partnerin selbst – Mia Horschalek. Ihre Mutter starb zwei Jahre zuvor an Krebs; seitdem lebt ihr Vater nur noch für den Erfolg seines ebenso einflussreichen wie umstrittenen Finanzunternehmens München Gold AG; ihre noch schulpflichtige jüngere Schwester Sasha kommt als Influencerin ganz nach ihm. Augenscheinlich ist Mia im Begriff, sich vom Lebensstil beider nicht nur verbal zu distanzieren. Gegenüber ihrem Therapeuten, der sie seit ihrer Magersucht mit 14 betreut, bekennt sie sich wiederholt zu Lucky; durch ihn habe sie zu sich selbst gefunden.

Die heißeste Spur, die Blohm und Eden verfolgen, führt über die am Opfer sichergestellte DNA des vermutlichen Täters. Um diese abzugleichen, holen sie von Luckys bekannten Kontaktpersonen zustimmungspflichtige DNA-Proben ein – allesamt negativ. Auch die Suche im Vorstrafenregister endet ergebnislos. Währenddessen macht die leitende Forensikerin Franca Ambacher eine Entdeckung: Die Übereinstimmung der DNA des Täters mit der Mias ist so stark, dass er ein Verwandter ersten Grades sein muss. Dafür kommt nur eine Person in Betracht – Mias Vater. Doch was als Lösung des Falls erscheint, bringt Ambacher in größte Bedrängnis. Sie macht sich strafbar, wenn sie den Ermittlern ein solches „nicht verdachtsbegründendes“ Wissen mitteilt. Dies jedenfalls ist bestehendes deutsches Recht seit einem Präzedenzfall von 2012. Auf Anraten lässt sich Ambacher krankschreiben – in der Hoffnung, der Schuldige könne auch auf anderem Weg aufgespürt werden. Zufällig läuft sie Blohm in die Arme, die ihre Verunsicherung bemerkt und nicht locker lässt, bis sie selbst im Besitz des „verbotenen“ Wissens ist und einen Rechtsexperten aufsuchen muss. Dessen Rat: die DNA unter Wahrung strengster Diskretion illegal zu beschaffen.

Blohm ist von Horschaleks Täterschaft überzeugt. Zwar hat er drei Zeugen, die sein Alibi beglaubigen, zugleich aber das stärkste Motiv: Dubiose Waffengeschäfte, von Politaktivisten öffentlichkeitswirksam angeprangert, setzen ihm aktuell massiv zu; Pornos mit seiner Tochter wären skandalträchtig genug, um ihm nachhaltig zu schaden. Blohms Versuch, über eine persönliche Begegnung mit ihm in seiner Firma zum Ziel zu kommen, scheitert. Im zweiten Anlauf, den Trubel einer wilden Party zu Sashas 16. Geburtstag ausnutzend, schleicht sie sich in dessen weitläufiges Haus ein, dringt in sein Bad vor, entnimmt seiner Haarbürste die gewünschte Probe und läuft dem Hausherrn dann doch in die Arme. Seinen Angriff pariert sie, indem sie ihn fesselt und knebelt – auch um zu verhindern, dass er seine Anwälte einschaltet, bevor seine Haarprobe geprüft ist. Damit beauftragt sie Ambacher mit der Bitte um sofortigen Vollzug. Auf deren Rückfrage, ob die Echtheit der Haare zweifelsfrei sei, verschafft sich Blohm noch gewaltsam eine Speichelprobe von ihm. Umso schockierender ist das Ergebnis für sie: negativ! Daraus folgt, dass Horschalek nicht der Täter sein kann – aber auch nicht Mias leiblicher Vater. Allerdings könnte er diesen gekannt haben, sodass Blohm, zuvor schon mit ihm auf Entspannungskurs, seiner Erinnerung auf die Sprünge hilft, bis sie ihn finden: der langjährige Therapeut seiner Frau und Mia. Noch vor dem polizeilichen Zugriff jedoch hat er sich Mia gegenüber vollumfänglich geoutet und anschließend einen Suizidversuch unternommen. Ob er ihn überlebt, bleibt offen.

Hintergrund

Der Film wurde vom 9. April 2024 bis zum 13. Mai 2024 in München gedreht.[1] Die Premiere fand am 25. Oktober 2024 auf den Hofer Filmtagen statt.[2]

Die Rechtslage, die die Ermittlungen im Film prägt, basiert neben § 81h der Strafprozessordnung (StPO) auf einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) von 20. Dezember 2012 (BGH 3 StR 117/12).[3]

Thomas Gehringer geht in seiner Rezension darauf noch genauer ein. Seit dem Präzedenzfall von 2012, in dem der Bundesgerichtshof die Art und Weise, wie die DNA des Täters ermittelt worden war, überraschend als rechtswidrig eingestuft hatte, wodurch dessen Verurteilung nur aufgrund der bis dahin unklaren Rechtslage Bestand hatte – seither, so Gehringer, sei sie geklärt: „Polizei und Strafverfolgungsbehörden dürfen Muster, die in einer DNA-Reihenuntersuchung auf einen Verwandten als Täter hinweisen, nicht einfach mit dessen DNA abgleichen. Man muss den Täter-Nachweis auf andere Weise führen. Zum weiteren Verständnis erläutert der von Blohm befragte Anwalt im Film noch, es sei in Deutschland ein hohes Rechtsgut, dass man vor Gericht Angehörige nicht belasten müsse.“[4]

Das Lieblingslied von Mia Horschaleks Mutter war Golden Brown von der britischen Rockband The Stranglers.

Einschaltquoten

Die Erstausstrahlung von Jenseits des Rechts am 29. Dezember 2024 wurde in Deutschland von 6,12 Millionen Zuschauern gesehen und erreichte einen Marktanteil von 24,0 % für Das Erste.[5]

Einzelnachweise

  1. Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts bei crew united, abgerufen am 3. April 2024.
  2. Jenseits des Rechts. In: 58. Internationale Hofer Filmtage. Rushlake Media, abgerufen am 19. November 2024.
  3. BGH 3 StR 117/12 – Urteil vom 20. Dezember 2012.
  4. Thomas Gehringer: Polizeiruf 110 – Jenseits des Rechts. In: tittelbach.tv. 30. November 2024, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  5. Felix Maier: Primetime-Check: Sonntag, 29. Dezember 2024. Quotenmeter.de, 30. Dezember 2024, abgerufen am 30. Dezember 2024.