Pfrimmer

Pfrimmer & Co. Pharmazeutische Werke Erlangen war der Name eines 1919 gegründeten Unternehmens, das 1991 von der holländischen Nutricia-Gruppe (später Numico) übernommen und dann als Pfrimmer Nutricia GmbH & Co. KG firmierte. Mit der Übernahme von Numico wurde Pfrimmer Nutricia am 1. November 2007 Teil der Medical Nutrition Sparte von Danone.

J. Pfrimmer & Co (1919 bis 1989)

Inhaber und Standorte

1919 gründete der Kaufmann Jacques Pfrimmer (* 24. Januar 1891 in Breuschwickersheim, Elsass-Lothringen; † 9. Juli 1953 in Erlangen)[1], zwischen 1930 und 1951 mit den Vornamen Jakob dokumentiert,[2][3] in Nürnberg das Unternehmen J. Pfrimmer & Co. Handelsgesellschaft. 1931 wurden Jakob Pfrimmer und Wilhelm Surholt als Inhaber, Dr. Walter Kohn als Teilhaber und Rechtsanwalt Dr. Julius Sienauer als stiller Teilhaber genannt.[4]

1929 firmierte das Unternehmen als Spezialfabrik steriler medizinischer Nahtmaterialien / Catgutfabrik.[5][6] Zwischen 1938 und 1951 nannte sich die Firma Catgut- und Tutofusinfabrik[7][8] und im Jahr 1951 J. Pfrimmer &. Co., Chemisch-Bakteriologische Fabrik, Erlangen. Von 1951 bis zu ihrem Verkauf durch die Nachfahren von J. Pfrimmer und W. Surholt an den schwedischen Konzern Kabi Vitrum in den Jahren 1988 bis 1991 war die Firma unter dem Namen J. Pfrimmer Pharmazeutische Werke Erlangen bekannt.[9][10]

Nachdem die Fabrikanlage in Nürnberg 1943 durch Kriegseinwirkungen zerstört worden war, siedelte das Unternehmen nach Kriegsende nach Erlangen um.[11] Ab Anfang der 1970er Jahre existierte im niederbayrischen Plattling eine Produktionsanlage für Infusionslösungen und später für Sondennahrung. Sie wurde bis in die 2000er Jahre von der Firma Baxter-Deutschland genutzt.[12]

Innovationen auf dem Gebiet der Infusionstherapie und künstlichen Ernährung

Ab 1925 wurde bei Pfrimmer in Zusammenarbeit mit Wolfgang Weichardt, Hygieniker an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen, die erste, in Deutschland industriell gefertigte Infusionslösung (Tutofusin) hergestellt.[13]

1963 wurde unter dem Namen Aminofusin die erste Infusionslösung zur parenteralen Ernährung mit allen essentiellen und semiessentiellen Aminosäuren in definierter Zusammensetzung, kombiniert mit Kohlenhydraten, Vitaminen und Elektrolyten, registriert.[14][15]

1969 wurde das als sogenannte „Astronautenkost“ entwickelte Produkt Vivasorb als erstes Produkt zur Verwendung in der enteralen Ernährung auf den Markt gebracht. Die Pfrimmer-Entwicklung fand zwar nie Anwendung in der Raumfahrt, denn sie soll wegen des unangenehmen Geschmacks von den Astronauten abgelehnt worden sein. Doch sie schuf die Grundlage für die moderne medizinische Trink- und Sondennahrung.[11] Die Einführung der ersten bilanzierten Diät in der enteralen Ernährung (Biosorbin MCT) folgte 1974.[16] 1980 wurde Pfrimmer-Viggo als Hersteller von parenteraler und enteraler Technik, von Sonden und Pumpen gegründet und die erste flüssige, gebrauchsfertige Sondennahrung der Marke Biosorb eingeführt. 1986 gründete Pfrimmer mit Ernährungsteam Pfrimmer (später etp Ernährungs-Team Pfrimmer NUTRICIA) eine firmeneigene Pflegeorganisation, die eine Versorgung mit enteraler Ernährung zu Hause ermöglicht.[17][18]

Die Innovationen der 1960er bis 1980er Jahre wurden maßgeblich durch den damaligen wissenschaftlichen Leiter der Firma, Werner Fekl, initiiert und begleitet.[19]

Pfrimmer Kabi (1989 bis 1991)

Im Dezember 1988 wurde die Deutsche KabiVitrum GmbH, Tochterfirma des schwedischen Kabi Vitrum-Konzerns, Mehrheitseigner von Pfrimmer & Co. Zum 20. Januar 1989 wurde der Name in Pfrimmer Kabi GmbH & C.KG geändert. Anfang 1991 übernahm Kabi Vitrum Pfrimmer vollständig und verkaufte noch im selben Jahr die ehemalige Diätetik-Sparte von Pfrimmer an den niederländischen Ernährungskonzern Nutricia (später Numico).[20][21] 1998 gelangte der deutsche Fresenius-Konzern über Pharmacia & Upjohn in den Besitz der ehemaligen Infusionssparte von Pfrimmer.

Pfrimmer Nutricia (1991 bis 2010)

Nach der Übernahme durch Nutricia wurde die Firmenbezeichnung in Pfrimmer Nutricia geändert.[22] Im Jahr 2002 verlieh Pfrimmer Nutricia erstmalig den Dr.-Werner-Fekl-Preis für klinische Ernährung, heute Nutricia Förderpreis für medizinische Ernährungsforschung.[23]

Nutricia (seit 2010)

Im Jahr 2010 wurde der Name Pfrimmer als Bestandteil des Firmennamens aufgegeben. Mit der Übernahme von Numico durch Danone wurde Pfrimmer Nutricia am 1. November 2007 Teil der Medical Nutrition Sparte von Danone.[10][24][25]

Jacques Pfrimmer-Gedächtnisstiftung

Pfrimmer gründete 1970 in Erinnerung an seinen Gründer die Jacques Pfrimmer-Gedächtnisstiftung zur Förderung der Forschung auf dem Bereich der Ernährung. Unter anderem finanzierte sie den Erlanger Förderpreis.[26][27] Ab Juni 2024 wurde die Stiftung liquidiert.[28]

Einzelnachweise

  1. Stammtafeln Pfrimmer: Jacques Pfrimmer, gestorben 1953 in Erlangen. In: Ancestry. Abgerufen am 22. September 2024.
  2. Jak. Kaufm Pfrimmer. In: Einwohnerbuch der Stadt Nürnberg 1930. Ancestry, 1930, S. 437, abgerufen am 22. September 2024.
  3. 25 % Anteil an der Fa. J. Pfrimmer & Co., Spezialfabrik für chem. bak. Präparate, Erlangen, Sedanstr. 20; Inhaber: Jakob Pfrimmer; ehem. jüd. Teilhaber: Wilhelm Surholt - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 22. September 2024.
  4. Angabe der Firma J. Pfrimmer und Co zu Geschäftsführung, Inhabern und Teilhabern. In: Der Stürmer. Band 9, Nr. 23, 24. Nürnberg 1931 (archive.org [PDF]).
  5. J. Pfrimmer und Co, Catgutfabrik Nürnberg, Vertretung Berlin. In: Fernsprechbuch Berlin 1929. Ancestry, 1929, S. 886, abgerufen am 22. September 2024.
  6. J. Pfimmer und Co, Nürnberg. In: Adressbuch Nürnberg 1935. Ancestry, 1935, S. 474, abgerufen am 22. September 2024.
  7. J. Pfrimmer und Co, Catgut- und Tutofusinfabrik Nürnberg, Vertretung Berlin. In: Fernsprechbuch Berlin 1938. Ancestry, S. 938, abgerufen am 22. September 2024.
  8. J. Pfrimmer und Co, Catgut- und Tutofusinfabrik Nürnberg, Vertretung Berlin. In: Fernsprechbuch Berlin 1951. Ancestry, 1951, abgerufen am 22. September 2024.
  9. J. Pfrimmer u. Co. Erlangen:. In: Handelsregister A des Amtsgerichts Fürth: Wolf Pfrimmer und Ferdinand Surholt verkaufen Pfrimmer an Kabi Vitrum (BY-Fürth_HRA_5622+HD-20240923100849.pdf). Gemeinsames Registerportal der Länder, 5. März 1999, abgerufen am 22. September 2024.
  10. a b Nutricia und Pfrimmer. In: wer-zu-wem.de. Abgerufen am 22. September 2024.
  11. a b bvolk: Nutricia: Astronautenkost im Permafrost. In: Wirtschaft in Erlangen. 9. Oktober 2019, abgerufen am 21. September 2024 (deutsch).
  12. Neuer Eigentümer für Baxter-Gelände. In: karl-gruppe.de. 31. Oktober 2008, abgerufen am 23. September 2024.
  13. Ampulle Infusionslösung Tutofusin nach Prof. Dr. med. Weichardt. In: museum-digital.de. 14. April 2024, abgerufen am 21. September 2024.
  14. C. Puchstein: Die Entwicklung der parenteralen Ernährung. In: Hans-Peter Schuster, Peter Lawin, H.W. Opderbecke (Hrsg.): Die Intensivmedizin in Deutschland. Geschichte und Entwicklung. Springer, Berlin / Heidelberg 2013, S. 111–120 (google.de).
  15. K.H. Bäßler: Nachruf auf Dr. Fekl. In: Infusionstherapie. 1990 (karger.com [PDF]).
  16. Außerirdische Nahrung für Patienten. Abgerufen am 21. September 2024 (deutsch).
  17. etp Ernährungs-Team Pfrimmer NUTRICIA. In: Markenrecherche. tmdb.eu, 25. Juni 1992, abgerufen am 23. September 2024.
  18. Herbert Stähr: Effizienz und Effektivität in der Integrierten Versorgung: Das Beispiel der künstlichen Ernährung. Springer-Verlag, 2010, ISBN 978-3-8349-8353-4 (google.de [abgerufen am 23. September 2024]).
  19. Nachruf auf Dr. Fekl. In: Infusionstherapie. Band 17, Nr. 2, 14. Oktober 2010, ISSN 1011-6966, S. 67, doi:10.1159/000222447 (karger.com [abgerufen am 22. September 2024]).
  20. J. Pfrimmer u. Co. Erlangen:. In: Handelsregister A des Amtsgerichts Fürth: Wolf Pfrimmer und Ferdinand Surholt verkaufen Pfrimmer an Kabi Vitrum (BY-Fürth_HRA_5622+HD-20240923100849.pdf). Gemeinsames Registerportal der Länder, 5. März 1999, abgerufen am 22. September 2024.
  21. J. Pfrimmer u. Co. Erlangen:. In: Handelsregister A des Amtsgerichts Fürth: Deutsche Kabi verkauft 1991 Diätetik-Geschäft an Nutricia, verschmilzt 1995 mit Pharmacia, 1997 mit Upjohn (BY-Fürth_HRA_6213+HD-20240924043351.pdf). Gemeinsames Registerportal der Länder, 1998, abgerufen am 22. September 2024.
  22. Nutricia feiert Geburtstag mit sozialem Engagement. GesundheitsJournal24, abgerufen am 22. September 2024.
  23. Nutricia Förderpreis für Ernährungsforschung 2024 verliehen. 10. September 2024, abgerufen am 23. September 2024.
  24. Fast ein Jahrhundert für den Patienten. In: Über Nutricia: Unsere Geschichte. Nutricia GmbH Erlangen, 25. September 2011, abgerufen am 22. September 2024.
  25. Gemeinsames Registerportal der Länder. Handelsregister Amtsgericht Fürth HRB 10414 (Pfrimmer Nutricia GmbH) und Amtsgericht Frankfurt am Main HRB 112989 (Nutricia Deutschland GmbH). handelsregister.de
  26. Erlanger Förderpreis der Jacques-Pfrimmer-Gedächtnisstiftung 1987. In: Infusiontherapie. Band 15, Nr. 1, 1988, S. 42 (karger.com [PDF]).
  27. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Verleihungen. 6. März 1998, abgerufen am 22. September 2024.
  28. StiftungsVerzeichnis - Jaques Pfrimmer-Gedächtnisstiftung. Abgerufen am 22. September 2024.