Carl Friedrich Paul Ernst war Sohn des Grubenaufsehers Johann Christian Friedrich Wilhelm Ernst und seiner Ehefrau Emma Auguste Henriette Dittmann. Er wurde am 18. März 1866 getauft. Ernst verbrachte Jugendjahre in Clausthal und besuchte ab 1876 das dortige Gymnasium in der Graupenstraße. Da er mit dem Gymnasium nicht zurechtkam, wechselte er 1884 auf das Gymnasium von Nordhausen, wo er ein Jahr später die Reifeprüfung ablegte.[1] Anschließend studierte er Theologie und Philosophie an den Universitäten in Göttingen und Tübingen. Ein weiteres Studium der Literatur und Geschichte in Berlin schloss sich an. 1892 promovierte er in Bern. Er wurde Mitglied des progressiven Berliner Literatenvereins „Durch“.
Frühzeitig schloss Paul Ernst sich der Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied der SPD, aus der er 1896 wieder austrat. Im Berliner Volksblatt[2] kennzeichnete ihn Friedrich Engels als einen oberflächlichen und wehleidigen Opportunisten. Im Ausbleiben des internationalenKlassenkampfes in der Zeit vor und während des Weltkriegs und im Reproduktionsprozess des Kapitals sah Ernst den Zusammenbruch des Marxismus.
Anfang des 20. Jahrhunderts hielt sich Paul Ernst in Weimar auf. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Dramen und Erzählungen. 1905/1906 war er als Dramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig. Später widmete er sich freiberuflich ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit. 1916 heiratete er die Schriftstellerin Else von Schorn, geb. Apelt.
Literarisches Schaffen
Sein literarisches Schaffen ist umfangreich und vielfältig. Es umfasst sowohl Romane, Erzählungen und Novellen als auch Dramen, Essays und Epen. Sind seine frühen Werke noch dem Naturalismus zuzuordnen, sind seine späteren, vor allem in den 1920er-Jahren entstandenen Schriften Bestandteil der Neuklassik, zu deren Hauptvertretern Paul Ernst gezählt wird.
Sechs Geschichten. Insel, Leipzig 1900 (Digitalisat)
Prinzessin des Ostens. [23] Novellen. Müller, München 1918 (Digitalisat im Internet Archive)
Komödianten- und Spitzbubengeschichten. 1920 (60 Erzählungen)
Occultistische Novellen. Müller, München 1922 (Digitalisat im Internet Archive)
Die Hochzeit
Die selige Insel und andere Erzählungen aus dem Süden
Der weiße Rosenbusch. Geschichten. Bertelsmann, Gütersloh 1953 (Digitalisat im Internet Archive)
Geschichten von Deutschen Menschen, in Flensburger Ganzschriften, Heft 19, enthaltend: Der Blinde. Der Steiger. Der Meister. Das Largo von Händel. Ein Straßenvorgang. Emil Schmidt Söhne, Flensburg 1954
Dramen
Lumpenbagasch (1898)
Im Chambre Séparée (1899), Einakter
Die schnelle Verlobung (1899), Einakter
Wenn die Blätter fallen (1899), Einakter
Demetrios (1905)
Ariadne auf Naxos. Ein Schauspiel in drei Aufzügen (Weimar 1912)
Canossa
Brunhild. Fünf Traktate in Versen
Childerich
Chriemhild
Preußengeist (Uraufführung 27. Januar 1915)
Essays
Henrik Ibsen (1904)
Der Weg zur Form (1906)
Das deutsche Volk und der Dichter von heute (1932, veröffentlicht 1933)
Ein Credo (1935)
Lyrik
Polymeter (1898)
Beten und Arbeiten (1932)
Lebenserinnerungen und Tagebuch
Jugenderinnerungen (1928); Neuauflage beim Sigbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959
Tagebuch eines Dichters (1934)
Literatur
Adolf Potthoff: Paul Ernst. Einführung in sein Leben und Werk. Albert Langen / Georg Müller, München 1935.
Paul Ernst. In: Das kleine Buch der Dichterbilder (= Die kleine Bücherei). Albert Langen / Georg Müller, München 1938, S. 11.
Ernst, Paul. In: Ingrid Adam, Gisela Preuß (Hrsg.): Meyers Handbuch über die Literatur. Ein Lexikon der Dichter und Schriftsteller aller Literaturen. 2., neubearb. Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim 1970, ISBN 3-411-00935-7, S. 270–271.
Helmut Olles (Hrsg.): Paul Ernst. In: Literaturlexikon 20. Jahrhundert. Band 1. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1971, ISBN 3-499-16161-3, S. 248–249.
Paul Hübscher: Der Einfluss von Johann Wolfgang Goethe und Paul Ernst auf Ludwig Wittgenstein (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 20, Philosophie. 185). Lang, Bern u. a. 1985, ISBN 3-261-03536-6.
Jutta Bucquet-Radczewski: Die neuklassische Tragödie bei Paul Ernst (1900–1910). Königshausen & Neumann, Würzburg 1993, ISBN 3-88479-823-5.
Beate Hörr: Tragödie und Ideologie. Tragödienkonzepte in Spanien und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (= Epistemata; Reihe Literaturwissenschaft. 222). Königshausen & Neumann, Würzburg 1997, ISBN 3-8260-1303-4.
Hildegard Châtellier: Verwerfung der Bürgerlichkeit. Wandlungen des Konservatismus am Beispiel Paul Ernsts. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2175-4.
Horst Thomé (Hrsg.): Paul Ernst. Außenseiter und Zeitgenosse. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2200-9.
Norbert Fuerst: Paul Ernst. Der Haudegen des Geistes. Nymphenburger, München 1985, ISBN 3-485-03500-9.
Georg Noth: Paul Ernst und die Erneuerung des Christentums. Stollberg, Merseburg 1997.
Zoë Ghyselinck: Form und Formauflösung der Tragödie. Die Poetik des Tragischen und der Tragödie als religiöses Erneuerungsmuster in den Schriften Paul Ernsts. De Gruyter, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-037171-0
Paul-Ernst-Gesellschaft
Die 1933 und erneut 1956 gegründete Paul-Ernst-Gesellschaft befasst sich mit dem Leben und Werk des Schriftstellers.
↑Peter Schramm zum Artikel Paul Ernst zum 150. Geburtstag. In: Unser Harz: Geschichte und Geschichten aus dem gesamten Harz. Clausthal-Zellerfeld, Heft 8/2016.