Von 1904 bis 1921 war er nichtbeamteter, außerordentlicher Professor für Phonetik und Allgemeine Sprachwissenschaft, 1919 kam das von ihm schon zuvor beschäftigende[3] Fach Deutsche Mundartforschung hinzu. 1905 leitete er einen phonetischen Kurs im siebenbürgischen Hermannstadt.[2] 1906 heiratete er Karoline Lange (geb. Brömmel). Mit ihr hatte er eine Tochter, zudem zwei Stiefkinder aus der ersten Ehe seiner Frau.[4] Otto Bremer gründete 1910 die Phonetische Sammlung, die ab 1922 den Status einer selbstständigen Einrichtung der Universität Halle-Wittenberg hatte.[2] Er betätigte sich auch als Sprachpfleger, von 1910 bis 1925 war er Vorsitzender des Zweigvereins Halle im Allgemeinen Deutschen Sprachverein (ADSV). In mehreren Schriften sprach er sich scharf gegen den Gebrauch englischer und französischer Fremdwörter in der deutschen Sprache aus.[1]
Bremer hatte eine konservativ-patriotische Grundeinstellung.[2] Während des Ersten Weltkriegs verfasste er im Auftrag des Generals Erich Ludendorff eine Denkschrift für eine neue Sprachpolitik in Litauen (Ober Ost). Er war Mitglied der Deutschen Vaterlandspartei, des Vereins für das Deutschtum im Ausland (VDA)[5] und ab deren Gründung 1918 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).[2] Nach Kriegsende war er in der hallischen Bürgerwehr aktiv. Vor der Volksabstimmung in Schleswig 1920 warb Bremer für die deutsche Seite und wurde von der Internationalen Kommission ausgewiesen.[5] Ab 1921 war er beamteter, außerordentlicher Professor. 1928 wurde er zum Ordinarius ernannt und zugleich emeritiert. Als Emeritus lehrte er weiter und betreute seine Phonetische Sammlung.[2] Wegen seiner jüdischen Herkunft stellte er seinen Unterricht 1934 ein.[5] Im Jahr darauf wurden ihm die Lehrbefugnis und die Dienstbezeichnung entzogen.[1]
Er starb an einer Krebserkrankung.
Werk
Als Phonetiker interessierte sich Bremer besonders für die norddeutschen Dialekte, vor allem aber für den, bis 1930 noch auch auf Wangerooge und bis 1950 in Varel („Neu-Wangerooge“) gesprochenen Dialekt der Friesischen, das Wangerooger Friesisch. Er selbst bereiste die Insel, um Interviews mit Sprechern aufzunehmen.[1] In den Jahren 1893 bis 1926 publizierte er die „Sammlung kurzer Grammatiken deutscher Mundarten“. Für die 14. und 15. Auflage von Brockhaus’ Konversations-Lexikon (1894 und 1929) erstellte er eine Darstellung der deutschen Mundarten und entwarf eine Mundartenkarte. Bremer stand mit seiner dialektologischen Arbeit in Konkurrenz zu Georg Wenker und seinem Projekt eines Deutschen Sprachatlas, über den er sich kritisch äußerte.[4]
Claas Riecken: Jüdische Wissenschaftler als Erforscher des Friesischen und des Niederdeutschen. In: Fiete Pingel / Thomas Steensen (Hrsg.): Jüdisches Leben und Judenverfolgung in den Frieslanden. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2001 (Nordfriisk Instituut; 166), ISBN 3-88007-287-6, S. 122–130.
↑ abcdefHans-Joachim Solms: Bremer, Otto. In: Christoph König (Hrsg.): Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Band 1. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, S. 268–269.
↑Vgl. etwa Otto Bremer: Beiträge zur Geographie der deutschen Mundarten in Form einer Kritik an Wenkers Sprachatlas des Deutschen Reichs. Leipzig 1895.
↑Geschichte des Instituts, Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
↑Kenneth G. Peterson: The University of California Library at Berkeley, 1900-1945. Berkeley: University of California Press 1970, ISBN 9780520092112, S. 31