Das Dorf Ottersburg liegt abgelegen an der Straße von Windberge nach Brunkau 15 Kilometer südwestlich der Kreisstadt Stendal am Rande der Colbitz-Letzlinger Heide im Niederungsgebiet des Lüderitzer Tangers in der Altmark.[4]
In der ersten urkundliche Erwähnung von 1375 im Landbuch der Mark Brandenburg wird das Dorf als Ostirburg bezeichnet mit 24 Zinshufen und zwei weiteren dem Pfarrer gehörenden Hufen. Die Hälfte des Ortes gehörte der Familie von Lüderitz die andere Hälfte den Söhnen eines Johannes Junge aus Stendal.[5] Es sollen hier vier Rittersitze bestanden haben.[6] Ab dem Jahr 1459 wurde Ottersburg als Wüstung geführt.[5] Im Jahre 1547 wurde eine auf der wüsten Feldmark vorhandene Schäferei verwüstet. 1634 wurde eine Neue Schäferei genannt. 1686 gehörte ein Vorwerk den von Lüderitz.[1]
1718 war das im 16. Jahrhundert auf wüster Feldmark errichtete Gut der von Lüderitz vom Kurfürsten zum Amt Neuendorf erworben worden.[7] Eine königliche Domäne entstand. Die heute noch vorhandenen Gutsgebäude aus der Zeit um 1850 und stehen unter Denkmalschutz.
Zwischen 1750 und 1754 sind Württemberger Kolonisten in Ottersburg angesetzt worden.[7]
1908 erwarben Friedrich von Lüderitz und seine Ehefrau Marie das seit 1718 nicht mehr im Eigentum der Familie stehende Gut zurück.[8] 1909 wurde Ottersburg von Kaiser Wilhelm II. zum Rittergut erhoben,[9] jedoch nur für die Besitzzeit der von Lüderitz.[1]
Landwirtschaft
Bei der Bodenreform 1945 wurde das Gut, eine 326 Hektar große Besitzung, vollständig enteignet. Davon wurden 126,6 Hektar aufgeteilt auf fünf landarme Bauern und 14 landlose Bauern und Kleinpächter. 1946 wurde ein Provinzialgut mit 146 Hektar genannt, das später an Bauern aufgeteilt wurde. Im Jahre 1953 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft vom Typ III, die LPG „Karl Marx“, die später in der LPG Tierproduktion „7. Oktober“ Lüderitz aufging[1] und bis 1993 aktiv war. 1999 kaufte der heutige Besitzer Parzellen der aufgesiedelten Hofanlage zurück und saniert seither die erworbenen Gebäude und Flächen.[8]
Kirche
Im Mittelalter verfügte Ottersburg über eine eigene Kirche,[10] die als Wallfahrtskirche diente. Vor der Reformation fand zwischen Ostern und Pfingsten wöchentlich eine Prozession aus Lüderitz zu der Kirche in Ottersburg statt. 1753 gab es nur noch Reste von der Kirche.[6] 1802 berichtete Heinrich Christoph Steinhart über die „Trümmer einer ehemaligen Kirche“ beim Vorwerk Ottersburg.[11] Die Lage der Kirche ist nicht überliefert.
Schlossberg – der Burgwall der Ottersburg
Knapp einen Kilometer östlich Dorfes liegt ein Hügel, im Volksmund Schlossberg genannt. Dort wurden bei archäologischen Ausgrabungen im Jahr 2007 Reste einer Burganlage, der sogenannten Ottersburg gefunden. Die Burg bestand ursprünglich aus einem von Wällen und Gräben umgebenen Kastell. Mit Hilfe dendrochronologischer Bestimmungen konnten gefundene Holzgegenstände, darunter ein Paddel, auf das 9. Jahrhundert datiert werden. Ein Reitersporn stammt aus dem 10. Jahrhundert.[12]
Die Ergebnisse dieses Kooperationsprojektes zur Erforschung der Ottersburg zwischen dem örtlichen Kulturverein und Forschern des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Johann Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt/M. wurden in mehreren Artikeln in der Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte dokumentiert. Beschrieben werden die früh- und hochmittelalterliche Burg, gefundene Tierreste, Pollenanalysen und die geologischen Verhältnisse.[13]
Frühere Erwähnungen
Der Historiker Peter Rohrlach[1] hält die von Johann Friedrich Danneil genannte erste urkundliche Erwähnung von 1080 als Osterburgk nach der Handschrift Orig. Guelf. IV. 150[14] für unpassend. Demnach hätten die Grafen von Osterburg-Veltheim den Ort als Lehen des Helmstedter Kloster St. Ludgeri besessen.
Ab dem 25. Juli 1952 gehörte die Gemeinde Ottersburg zum Kreis Tangerhütte. Am 14. September 1963 wurde das südlich gelegene Brunkau der Gemeinde Ottersburg als Ortsteil zugeordnet. Am 1. Januar 1974 wurde die Gemeinde Ottersburg in die Gemeinde Windberge eingemeindet.[16] So gelangten beide Ortsteile zur Gemeinde Windberge.
Seit dem 31. Mai 2010 gehört der Ortsteil Ottersburg zur Ortschaft Windberge und zur „Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte“, da an dem Tag Windberge in Tangerhütte eingemeindet wurde.[17]
Die evangelischen Christen aus Ottersburg gehörten ursprünglich zur Kirchengemeinde Ottersburg mit eigenem Pfarrer und einer Kirche vor Ort. Bereits 1720 war die Kirche nur noch eine Vagans zur Kirche in Lüderitz.[1] Das spätere Dorf Ottersburg, war nach Lüderitz eingekircht.[22] Ottersburg gehört damit heute wahrscheinlich zum Pfarrbereich Lüderitz des Kirchenkreises Salzwedel im Bischofssprengel Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Die ältesten überlieferten Kirchenbücher für Ottersburg stammen aus dem Jahre 1797.[23]
Das Rittergut Ottersburg ist als Baudenkmal ausgewiesen.[4]
Der Schlossberg östlich des Dorfes, eine eingeebnete Niederungsburg mit der Wüstung des alten Dorfes, steht als Bodendenkmal unter Schutz.[4]
Vereine
Im Jahr 2007 gründete sich der Kulturverein zur Erforschung der Geschichte der Ottersburg e. V. der vor allem der Erforschung der ehemaligen Burg verpflichtet ist und anfangs ein Historisches Sommer- und Kinderfest veranstaltete.
Wirtschaft
Auf Grund der landschaftlich schönen und abgeschiedenen Lage wird das frühere Gut touristisch genutzt. Die umgebauten alten Gutsgebäude dienen als Unterkünfte.[8]
Im Jahre 2010 wurde eine Legehennenanlage mit 39.900 Legehennenplätzen im Dorf genehmigt.[26]
Verkehr
Es verkehren Linienbusse und Rufbusse der Regionalverkehr Westsachsen (RVW) unter dem Markennamen stendalbus.
Literatur
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1625–1627, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.198 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
A. Parisius, A. Brinkmann: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Gardelegen. Otto Hendel, Halle an der Saale 1897, S.138.
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.412, 65. Ottersburg (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abcdefghPeter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1625–1627, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
↑ abcBirgit Schulze: So wenig Babys wie noch nie. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker (E-Paper). 13. Januar 2024, DNB1002381223, S.18.
↑Stadt Tangerhütte: Hauptsatzung der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte. 15. Dezember 2020, §17 Ortschaftsverfassung (tangerhuette.de [PDF; 399kB; abgerufen am 17. Januar 2021]).
↑ abWilhelm Zahn: Die Wüstungen der Altmark. In: Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Band43. Hendel, Halle a.S. 1909, S.164–165, Nr. 169 (uni-jena.de).
↑ abLieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts). In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band56. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-1504-3, S.216, 234, doi:10.35998/9783830529965.
↑Felix Biermann, Thomas Weber: Ottersburg: ein Burgwall in der Tangerniederung (südliche Altmark). Kooperationsprojekt Humboldt-Universität zu Berlin / Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. 29. Februar 2012 (archiviert auf archive.org (Memento vom 8. Mai 2020 im Internet Archive)).
↑Johann Friedrich Danneil: 4. Die Wüsten der Altmark. In: Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte. 13. Jahresbericht, 1863, S.77, 155. Ottersburg, Osterburg (altmark-geschichte.de [PDF]).
↑Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S.201.
↑Landkreis Stendal: Gebietsänderungsvertrag zur Bildung der neuen Stadt Tangerhütte aus allen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft „Tangerhütte-Land“. In: Amtsblatt für den Landkreis Stendal. 20. Jahrgang, Nr.13, 30. Mai 2010, ZDB-ID 2665593-7, S.183–194, §1, §7 (landkreis-stendal.de [PDF; 2,0MB; abgerufen am 6. Januar 2021]).
↑ abWilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.198 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
↑ abBirgit Schulze: Abwärtstrend wird gebremst. In: Stendaler Volksstimme. 14. Januar 2015, S.20.
↑ abBirgit Schulze: Tangerhütte verliert weiter Einwohner. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker. 13. Januar 2022, DNB1002381223, S.17.
↑Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S.116 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
↑Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S.17 (genealogy.net [Volltext und Scan]).