Oswald Veblen wurde 1903 von der University of Chicago mit einer Dissertation über A System of Axioms for Geometry promoviert. 1905 wurde er Mitarbeiter an der Princeton University, ab 1910 als Professor für Mathematik. 1917 ging er zur Armee und leitete als Hauptmann und später Major ein Team von Mathematikern, bestehend unter anderen aus Norbert Wiener und dem Astronomen Forest Ray Moulton, das am neu gegründeten Aberdeen Proving Ground ballistische Probleme untersuchte. Unter anderem berechneten sie Schusstafeln und entwickelten neue Berechnungsverfahren für die äußere Ballistik, über die klassischen Methoden von Francesco Siacci hinaus.
1926 wurde Veblen zum Henry B. Fine Professor für Mathematik in Princeton ernannt. 1928/29 war er im Tausch mit Godfrey Harold Hardy, der dafür nach Princeton ging, Professor in Oxford. 1932 war er Gastprofessor an verschiedenen deutschen Universitäten (Göttingen, Berlin, Hamburg).
Ab 1932 war Veblen Professor am neu gegründeten Institute for Advanced Study, das er mit aufbaute. Dort sorgte er auch dafür, dass Emigranten, die vor den Nationalsozialisten aus Deutschland geflohen waren, eine Anstellung fanden. Albert Einstein, Hermann Weyl und John von Neumann kamen damals ans Institute for Advanced Study und trugen wesentlich zu dessen Ruf bei.
Veblen lieferte wertvolle Beiträge in der Topologie, der Projektiven Geometrie und der Differentialgeometrie, der er sich in den 1930er Jahren unter dem Eindruck der Allgemeinen Relativitätstheorie zuwandte. Er schrieb einflussreiche frühe Lehrbücher der Topologie und der Grundlagen der Differentialgeometrie (mit John Henry Constantine Whitehead). Später wandte er sich Spinoren in der (Allgemeinen) Relativitätstheorie zu (teilweise mit John von Neumann und Abraham H. Taub) und einer Erweiterung der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Projektiven Relativitätstheorie.
Nach Veblen und John Wesley Young ist das Axiom von Veblen-Young in der projektiven Geometrie benannt und die Veblen-Hierarchie in der Theorie großer Ordinalzahlen. Der „Satz von Veblen und Young“ besagt, dass projektive Räume in drei und mehr Dimensionen als Vektorräume über Schiefkörpern konstruiert werden können.[1][2] In einem 1933 mit John Henry Constantine Whitehead veröffentlichten Buch gab er die erste strenge Definition differenzierbarer Mannigfaltigkeiten.
Veblen, der selbst in seinen letzten Lebensjahren teilweise erblindete, erfand auch einige Hilfsmittel für Blinde, die von der US-amerikanischen Blindengesellschaft vertrieben wurden.
Familie
Oswald Veblen war seit 1908 mit Elizabeth Richardson, der Schwester von Owen Willans Richardson, verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos.
Geometry of two component spinors. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Jg. 19 (1933), S. 462, 503.
mit John von Neumann und Abraham H. Taub: The Dirac equation in projective relativity. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Jg. 20 (1934), S. 383–388.
Literatur
American Mathematical Society Semicentennial Publications, Band 1, 1938, S. 206–211.
R. C. Archibald: A semicentennial history of the American Mathematical Society 1888–1938. New York, 1980, S. 206–211.
W. Aspray: Oswald Veblen and the origins of mathematical logic at Princeton. In: Perspectives on the history of mathematical logic, Boston 1991, S. 54–70.
L. B. Feffer: Oswald Veblen and the capitalization of American mathematics. Raising money for research, 1923–1928. Isis, Band 89, 1998, S. 474–497.
D. A. Grier: Dr Veblen takes a uniform. Mathematics in the First World War. American Mathematical Monthly, Band 108, 2001, S. 922–931.
Saunders MacLane: Oswald Veblen. Biographical Memoirs National Academy, Band 37, 1964, S. 325–341.
A. F. Monna: Oswald Veblen. The Mathematical Intelligencer, Band 16, 1994, Heft 1, S. 50–51.
Deane Montgomery: Oswald Veblen, Bulletin of the American Mathematical Society, Band 69, 1963, S. 26–36.
Deane Montgomery: Oswald Veblen. In: A century of mathematics in America, Band 1, American Mathematical Society 1981, S. 118–129.online hier
Jim Ritter Geometry as Physics: Oswald Veblen and the Princeton School, in Karl-Heinz Schlote, Martina Schneider (Hrsg.) Mathematics meets physics: a contribution to their interaction in the 19th and the first half of the 20th century, Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2011, S. 145–180.
↑In zwei Dimensionen gibt es Nicht-Desarguesche-Ebenen, die Gegenbeispiele für das Theorem liefern.
↑Oswald Veblen, John Wesley Young: A Set of Assumptions for Projective Geometry. In: American Journal of Mathematics, Band 30, 1908, S. 347–380, und Oswald Veblen, John Wesley Young: Projective Geometry, 2 Bände. Ginn & Co., Boston und London 1910, zahlreiche Neuausgaben.
↑Oswald Veblen: Theory on Plane Curves in Non-Metrical Analysis Situs. In: Transactions of the American Mathematical Society, Jg. 6 (1905), S. 83–98.