Der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV) ist einer von fünf Regionalverbänden des Deutschen Fußball-Bundes. Präsident des NFV ist Ralph-Uwe Schaffert. Sitz des Verbandes ist Bremen. Im Bereich des Norddeutschen Fußball-Verbandes waren Ende 2020 insgesamt 3.736 Fußball anbietende Vereine und 1.009.559 Mitglieder organisiert.[1]
Die Vorläuferverbände sollten sich ab sofort als Bezirke des NFV verstehen und organisieren, was sie unterschiedlich zügig taten. 1907 teilte der Verband sein Gebiet in nunmehr neun Bezirke neu auf: Schleswig (Bezirk I), Holstein (Bezirk II), Hamburg-Altona (Bezirk III), Mecklenburg (Bezirk IV), Altmark (Bezirk V), Braunschweig (Bezirk VI), Hannover (Bezirk VII), Bremen (Bezirk VIII), Oldenburg (Bezirk IX). Zu Mecklenburg gehörte Vorpommern, nachdem sich dort die ersten Vereine gegründet hatten. Vorübergehend hatte auch das Gebiet um Cassel (damalige Schreibweise) zum NFV gehört, dessen Vereine waren aber schon 1906 in den Rheinisch-Westfälischen Spiel-Verband gewechselt; später wurde die Altmark „abgetreten“.
Im äußersten Norden reichte der Einfluss des NFV de facto nur bis an die heutige deutsch-dänische Grenze, da es nicht gelang, die Vereine aus Nordschleswig zu integrieren. Diese waren seit 1903 im Nordslesvig Fælles-Idrætsforening organisiert, der 1911 zum Eintritt in den Verband aufgefordert wurde, dies aber ablehnte. Daraufhin disqualifizierte der NFV die nordschleswigschen Vereine und meldete dies auch dem dänischen Verband Dansk Boldspil-Union.[2] Nach der Volksabstimmung von 1920 wurde das Gebiet dänisch, der dortige Verband hieß fortan Sønderjysk Idrætsforening.
Schon früh gab es zahlreiche „wilde“ Vereine, die zwar im Verbandsgebiet ansässig waren, aber vorerst nicht dem NFV oder einem seiner Vorläufer beitraten, sondern nur Freundschaftsspiele austrugen oder in privaten Ligen spielten. Ein Teil dieser Vereine (sofern sie den Weltkrieg überstanden hatten) trat nach 1919 in den NFV ein, da dies häufig die Voraussetzung wurde, kommunale Sportstätten (kostenlos oder zumindest preisgünstig) benutzen zu dürfen.[3]
Anders verhielt es sich mit den Spielabteilungen der Deutschen Turnerschaft, von denen etliche schon vor dem Ersten Weltkrieg als Mitglieder des NFV gelistet waren und in dessen Bezirken an Meisterschaften teilnahmen, sei es mit Einverständnis des Muttervereins (z. B. Eimsbütteler TV) oder als Ausgliederungen (1. Kieler FV, SpVgg. Blankenese).[4]
Der NFV war – außer für Fußball – in den ersten 28 Jahren auch für die Leichtathletik in seinem Gebiet „operativ“ zuständig und führte zum Beispiel die alljährlichen norddeutschen Meisterschaften in dieser Sportart durch. Als in der Zeit der Weimarer Republik immer mehr seiner Mitgliedsvereine weitere Sparten gründeten, trug er dem 1927 Rechnung, indem er sich in Norddeutscher Sport-Verband umbenannte.
Meisterschaften bis 1933
Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde der Norddeutsche Meister – mit Ausnahme der Saison 1913/14 (Norddeutsche Liga) – in einer Endrunde ausgespielt. Teilnehmer waren bis einschließlich 1920 nur die Meister der Bezirke, deren Zahl und Namen im Laufe der Jahre variierten. Später wuchs das Teilnehmerfeld auf bis zu 16 Teams an, auch der Austragungsmodus wurde mehrfach geändert. Zuletzt gab es sechs Bezirke: Schleswig-Holstein, Lübeck-Mecklenburg, Groß-Hamburg, Nordhannover (mit Harburg und Wilhelmsburg), den Südbezirk (Hannover/Braunschweig) und Weser-Jade.
1915 fiel die Meisterschaft kriegsbedingt aus, 1916 und 1918 fand hilfsweise ein Wettbewerb mit den Auswahlteams der Bezirke statt (Sieger jeweils: Groß-Hamburg).
Nach dem 10. Mai 1933 wurden als Folge der nationalsozialistischen Machtergreifung die sieben bestehenden traditionsreichen Regionalverbände (Baltischer Rasensport-Verband, Südostdeutscher Fußballverband, Verband Brandenburger Ballspielvereine, Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine, NFV/NSV, Westdeutscher Spielverband und Verband Süddeutscher Fußballvereine) aufgelöst und somit auch keine Regionalmeisterschaften mehr ausgetragen. Der NFV – seit 1927 Norddeutscher Sport-Verband (NSV) – vollzog seine förmliche Selbstauflösung am 16. Juli 1933 beim Verbandstag in Altona. An Stelle der Regionalverbände traten die 16 Sportgaue mitsamt der Gauligen, im Norden waren das Nordmark und Niedersachsen, und zum ersten Mal gab es damit eine reichsweit einheitliche Spielklasse. Die beiden norddeutschen Gau-, später Bereichsligen bestanden von 1933/34 bis 1941/42, anschließend gab es bis 1944/45 mehrere kleinere Gaue. Bis zur Gründung der Fußball-Oberliga Nord 1947/48, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Norden von 1945/46 bis 1946/47 auf Bezirks- oder Landesebene gespielt. Eine norddeutsche Meisterschaft 1946 musste auf Geheiß der britischen Militärregierung abgebrochen werden, nachdem bereits zuvor die Vereine aus Kiel und Umgebung keine Reisegenehmigung erhalten hatten.
NFV ab 1948
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte am 4. Dezember 1948 die Neugründung, jetzt wieder als Norddeutscher Fußball-Verband, mit seiner heutigen Mitgliederstruktur und verkleinertem Gebiet (ohne Mecklenburg).
2009–2018 Eugen Gehlenborg (Garrel, am 20. Juni 2015 erneut im Amt bestätigt[5])
2018 bis 2021 Günter Distelrath
seit 2021 Ralph-Uwe Schaffert
NFV-Pokal
1924 veranstaltete der NFV erstmals einen Pokalwettbewerb für seine Vereinsmannschaften. Er wurde vier Mal ausgetragen, ehe er aufgrund des geringen Zuschauerzuspruchs vorerst eingestellt wurde. Zwischen 1952 und 1974 wurde der Wettbewerb erneut ausgespielt, dieses Mal diente er zur Ermittlung der norddeutschen Teilnehmer am DFB-Pokal; dementsprechend fanden – mit Ausnahme der Jahre 1953 sowie 1955 bis 1960 – auch nur so viele Runden statt, bis alle Teilnehmer für die erste DFB-Pokal-Hauptrunde ermittelt waren. Der Austragungsmodus des Wettbewerbs änderte sich häufig, weshalb es beinahe jährlich zu einer anderen Anzahl an Teilnehmern, Siegern und Runden kam. Zehnmal endete der Pokal mit einem Finalspiel, das drei Vereine gewannen (HSV 6, Holstein Kiel 3, VfL Osnabrück 1).
Siegreiche Mannschaften
Übersicht über die zehn NFV-Pokalsieger (sowie die für den DFB-Pokal qualifizierten Vereine)
Präsident des Verbandes war von 1989 bis zum Verbandstag am 18. März 2006 Engelbert Nelle (Hildesheim). Auf dem Verbandstag wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. Als Nachfolger wurde in Lübeck gewählt: Dieter Jerzewski, Präsident des Bremer Fußball-Verbandes. Karl Rothmund (Barsinghausen), Präsident des Niedersächsischen Fußballverbandes, wurde Schatzmeister. Spielausschuss-Vorsitzender wurde Hans-Rainer Hansen (Wanderup/Schleswig-Holstein).
Geschäftsführer war seit dem 1. Januar 2007 Rüdiger Lorenz. Der 63-Jährige war davor Geschäftsstellenleiter des Bundesligisten Energie Cottbus. 2009 hat ihn Stefan Lehmann abgelöst.
Seit dem Verbandstag am 6. Juni 2009 war Eugen Gehlenborg aus Garrel neuer Präsident. Ihn wählten sämtliche 198 Delegierten. Vorgänger Jerzewski trat nicht wieder an und ist nun ebenfalls Ehrenpräsident. Gehlenborgs Nachfolger war ab 2018 Günter Distelrath.
Kontakt-Daten: Norddeutscher Fußball-Verband, Franz-Böhmert Str. 1 B (Weserstadion), 28205 Bremen
Literatur
Walter A. Cordua: 50 Jahre Norddeutscher Fußball-Verband 1905–1955. Hrsg. v. Norddeutschen Fußball-Verband e. V., Hamburg 1955.
Bernd Jankowski, Harald Pistorius, Jens R. Prüß, : Fußball im Norden. Geschichte – Chronik – Namen – Daten – Fakten – Zahlen. Hrsg. v. Bernd Jankowski im Auftrag des NFV zum 100-jährigen Jubiläum, Peine 2005, ISBN 3-89784-270-X.
Jens Reimer Prüß (Hrsg.): Spundflasche mit Flachpaßkorken: Die Geschichte der Oberliga Nord 1947–1963. 1. Auflage. Klartext Verlag, Essen 1991, ISBN 3-88474-463-1.