Der Ansatz der multimodalen Schmerztherapie geht von einer kombinierten Schmerz-Behandlung aus, die eine mindestens siebentägige interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzzuständen (z. B. Wirbelsäulenleiden, einschließlich Tumorschmerzen) unter Einbeziehung von mindestens zwei Fachdisziplinen, davon eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin, nach einem ärztlichen Behandlungsplan mit Behandlungsleitung umfasst. Unter dieser Bezeichnung gibt es verschiedene standardisierte Verfahren mit einer Dauer von bis zu fünf Wochen. Einige Programme setzen zusätzlich nach einer längeren Pause eine erneute, kurze Behandlung ein, um die Behandlungsinhalte aufzufrischen.
Für Patienten mit Kreuzschmerzen soll geprüft werden, ob Risikofaktoren zur Chronifizierung vorliegen, wenn die Schmerzen über sechs Wochen bestehen und wenn Einschränkungen in der alltäglichen Lebensführung vorliegen. Liegen Risikofaktoren vor, kann eine multimodale Schmerztherapie angezeigt (indiziert) sein.
Bestehen die Schmerzen mehr als 12 Wochen, soll auf jeden Fall die Indikation für eine multimodale Schmerztherapie überprüft werden.[2]
Eine Indikation zur multimodalen Schmerztherapie ist gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
eine vorherige, weniger intensive Therapie erfolglos war
eine Änderung der Schmerzsymptomatik vorliegt (häufigere oder intensivere Schmerzen, Schmerzen in neuen Körperteilen)
eine Zunahme des Medikamentenverbrauchs auftritt
psychosoziale Risikofaktoren vorliegen
der Patient das medizinische Versorgungssystem häufig in Anspruch nimmt
Komorbiditäten vorliegen, die die Schmerzen beeinflussen oder die Therapie erschweren[2]
Für Patienten mit chronischen Kopfschmerzen liegen ebenfalls Belege dafür vor, dass eine multimodale Schmerztherapie gegenüber einer rein pharmakologischen oder rein psychotherapeutischen Behandlung besser wirksam ist. Genaue Indikationskriterien existieren bis dato jedoch nicht.[3]
Zur Sicherung des Behandlungsverlaufs wird das Ergebnis generell durch ein standardisiertes therapeutisches Assessment (z. B. über Schmerzstärke, Depressivität, Funktionskapazität und Lebensqualität) mit einer darauf folgenden interdisziplinären Teambesprechung überprüft.
Behandlungserfolge
Bei der Behandlung chronischer Rückenschmerzen: signifikant[4]
Bei der multimodalen Schmerztherapie Dachau (diagnoseunabhängig): 63 % konnten an den Arbeitsplatz zurückkehren[5]
Konventionelle, rein somatisch orientierte Behandlung chronischer Schmerzen zeigt keine befriedigende Ergebnisqualität für die Betroffenen. So profitieren nur ca. 10 % der konventionell behandelten Rückenschmerzpatienten von einer entsprechenden Therapie.[6] Nach einer umfangreichen Auswertung von Abrechnungsdaten aus den Jahren 2006 bis 2010, kam die Barmer GEK zum Schluss, dass multimodale Schmerztherapie bei Rückenschmerz gegenüber Operationen oder einer Injektionstherapie aus medizinischer und aus ökonomischer Sicht am effektivsten sei.[7] Seit 2012 führen auch die Berufsgenossenschaften vermehrt Multimodale Schmerztherapiezentren in ihren Unfallkliniken – wie etwa in Frankfurt, Duisburg, Ludwigshafen oder Murnau – ein,[8] diese Behandlungen werden jedoch in der Regel nur berufsgenossenschaftlich versicherten Patienten angeboten.
Vor diesem Hintergrund fordern nationale wie internationale Fachgesellschaften, multimodale Therapieangebote einzubeziehen, insbesondere von psychotherapeutischen Interventionen.[9][10] Leider spiegelt die aktuelle Behandlungssituation in Deutschland die wissenschaftlichen Erkenntnisse die zu dieser Forderung geführt haben nicht wider. Vielmehr stellt eine multimodale Schmerztherapie immer noch die Ausnahme in Deutschland dar.[11]
Einer Studie von Donath et al. (2015)[12] zufolge profitieren insbesondere jene Patientinnen und Patienten von einer multimodalen Schmerztherapie, die zu Behandlungsbeginn stark von ihren Schmerzen im Alltag beeinträchtigt sind, die zu Behandlungsbeginn eine hohe Schmerzstärke angeben und die in den letzten sechs Monaten vor Therapiebeginn eher weniger Arztbesuche wegen ihrer Schmerzen hatten.
Evidenz
Einem Review zufolge ist die Messung von Erfolg in der multimodalen Schmerztherapie (MMST) bisher sehr uneinheitlich. Von 70 Studien nutzte auch nicht eine Studie exakt die gleiche Operationalisierung wie eine andere Studie.[13] Im Zuge der Entwicklung von patientenbeurteilten Qualitätskriterien („patient reported outcomes“) schlagen Donath et al. (2015)[12] ein kombiniertes Erfolgskriterium für die Messung des Behandlungserfolgs in der multimodalen Schmerztherapie vor. Patientinnen und Patienten müssen sich relevant in den Bereichen Schmerzstärke, Beeinträchtigung durch die Schmerzen, Depressivität und Lebensqualität verbessern.
Ein Cochrane-Review[14] kam zu dem Schluss, es bestehe hinsichtlich der Wirkung auf den Schmerz, die subjektive Behinderung und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit kein Unterschied zu anderen aktiven Behandlungen. Eine Umbrella-Review[15] (Übersichtsarbeit auf Basis von Metaanalysen) deutete ebenfalls darauf hin, dass es an belastbaren Beweisen für die Wirksamkeit der MMST fehlt.
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