Margaret Raspé, geborene Ranke, (* 14. Juni1933 in Breslau; † 10. November2023[1]) war eine international arbeitende deutsche Künstlerin, Fotografin und Filmemacherin, die seit Anfang der 1970er Jahre durch ihre performativen Experimentalfilme als Wegbereiterin des feministischen künstlerischen Films bekannt wurde. Von 1971 bis 1974 entstanden Filme mit dem selbst entwickelten „Kamerahelm“. Hinzu kamen Video- und Audioarbeiten, Performances und Installationen, Malerei und Zeichnungen, Bildhauerei und Architektur, sowie Arbeiten, die in Gärten und Landschaften den Gegensatz von Natur und Zivilisation thematisierten. Beispielsweise stieg die Künstlerin als Performerin öffentlich in industriell verseuchte Flüsse.
1939 eingeschult in Berlin, machte Margaret Raspé 1951 ihr Abitur in Lindau (Bodensee). Nach einer Schneiderlehre mit Gesellenprüfung, 1951 bis 1954 in Bonn, folgte zwischen 1954 und 1957 das Studium der Malerei und Mode an der Kunstakademie München bei Kaspar, und an der Hochschule für Bildende Künste, Berlin, Mode bei Lemcke, Malerei bei Janisch. 1957 Heirat mit Gerhard Raspé, 1958–61 drei Töchter. 1958 bis 1970 Arbeit als Modedesignerin und Ausbildung bei der Atemtherapeutin Frieda Goralewski. 1969 Scheidung.
Werk
Wiederaufnahme der künstlerischen Arbeit ab 1970. Erfindung des Kamerahelms 1971, erste Experimentalfilme. 1974 Mitglied der London Filmmakers Coop und Film-Coop Berlin. Mit dem 1971 von ihr erfundenen Kamerahelm konnte sie filmen und gleichzeitig mit den Händen tätig sein. Als Eigenproduktionen entstanden Filme wie „Alle Tage wieder - let them swing“, als Aufzeichnungen weiblicher Handlungen in der Küche. 1978 wurde sie Mitglied der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst, NGBK, Berlin. Als Mitglied der NGBK Arbeitsgruppe wurde sie Mitorganisation der Ausstellung Unbeachtete Produktionsformen, und anderer Ausstellungen in Berlin und Italien, deren übergreifendes Thema „Zeit und Bewegung im Raum“ war. Erste öffentliche Installationen. Zwischen 1978 und 1985 drehte sie den Dokumentarfilm „Anasteria - Das Fest der Feuerläufer von Lagadas“ in Griechenland. 1984 bis 1993 Ausstellungen zum Thema Kunst und Natur, im Garten Rhumeweg 26, Berlin. Organisation von Ausstellungen mit Berliner Künstlern im Palazzo Ruini, Reggio nell’Emilia, Italien.
1985 bis 1990 Zeichenlehrerin am Lette-Verein Berlin, Abteilung Mode. 1991–92 Lehrauftrag an der TU Berlin, Abteilung Architektur. Weitere Lehrtätigkeit an Kunsthochschulen in London, Amsterdam, Breda, Wien, Ljubljana, Zagreb, Belgrad, Hamburg, Braunschweig.
Die Filme mit dem Kamerahelm, gedreht zwischen 1971 und 1983, dauern zwischen 4 und 30 Minuten. Als Ton gibt es nur das Geräusch des Filmprojektors. Dabei setzte die Künstlerin die damals leichtesten Kameras ein, die unkompliziert zu beschaffen waren: Agfa Super 8. Der Kamerahelm nach dem Muster von Margaret Raspé hält einen vor das Blickfeld montierten Rahmen und eine Kamera auf gleicher Höhe in Blickrichtung. Die Künstlerin sieht durch den Rahmen, was die Kamera aufzeichnet. Diese Kontrolle der subjektiven Zentralperspektive erlaubt eine besonders präzise und spontane Führung der sogenannten „Subjektiven Kamera“, eine direkt subjektive, an den Körper gebundene Kamera, die alle Bewegungen der Augen und des Kopfes einbezieht.
Inhaltlich zeigen die Filme teils die Umformung des Materials während des Kochens als symbolisch alchemistischer Prozess. Zerschneiden, zerstückeln, neu zusammensetzen. Nach den Küchenfilmen entstand ein Zeichenfilm und zwei Malereifilme.
Vorführungen und Seminare
1973: Hamburger Filmschau (Einladung durch Vlado Kristl)
1975: Kino Arsenal, Berlin
1996: Anthology Film Archives, New York, USA
1978: Dreharbeiten für Die große Woche in Olimbos, Frank Czygan und Margaret Raspé
1978: London Filmmakers' Cooperative, UK
1978: Lectures über die Filme an St.Martins School of Art, Royal College of Art, Slade School
1979: 3. Internationales Avantgarde Film Festival, London, UK
1979: Film as Film, Ausstellung in der Hayward Gallery, London, UK
1980: Seminar an der Minerva Art School, Groningen. Niederlande
1980: Filmfestival Split, Jugoslawien
1980: Bicentennial Los Angeles, Women Filmmakers of Berlin im UCLA
1981: Filmfestspiele Berlin, Internationales Forum des jungen Films, Arsenal
1981: Seminar an der Hochschule für bildende Künste, Hamburg
1981: Universität Göttingen, Institut für Publizistik
1982: Seminar Kunsthochschule Breda, Niederlande
1982: Filmfestival Caracas, Venezuela
1982: Cineclub Sorbonne, Paris, Frankreich
1983: Seminar Kunstakademie Wien, Österreich
1990: Videomiel. Videoinstallation in der Powerhouse Gallery, Montreal
1994: Ecce Homo - Modulazioni. Alpha Centauri Gallery, Parma, Italien
Neben den Filmen mit dem Kamerahelm gibt es einen Werkteil der aus Dokumentarischen Filmen, Filminstallationen und Videoinstallationen besteht. Ein Beispiel ist Fernsehfrühstück, eine Videoinstallation 1994 in der Einzelausstellung Ecce Homo - Modulazioni, Galeria AlphaCentauri, Parma.
Erster Text über die Filme mit dem Kamerahelm von der Film und Videokünstlerin Monika Treut.
1988 Colazione all'Alba. Performance nach einem Konzept von Margaret Raspe, mit Rosanna Chiessi, Wandrè, Esther Ferrer, Margaret Raspé. PicNic in Italia, internationales Performance-Projekt in Capri. Produktion Pari&Dispari, Rosanna Chiessi
1987: Un Dessert per Goethe. Galerie Pari & Dispari, Rosanna Chiessi, Cavriago, Italien
2017: Reenactment Performance 'Rückprojektion'. Kunstverein Braunschweig, ausgeführt von Clara Bausch. Zur Ausstellung APPARAT.[3]
Installationen
Das Identitätskabinett: Prototypen wie Hausfrau, Beamter, Hure, Revolutionär, Nonne, Polizist sind als halbplastischen Figuren auf Platten befestigt, die Löcher für Kopf und Arme bieten. Die Platten sind zu einem Innenraum zusammengestellt, der den Besuchern erschwert, die Figur zu erkennen, in die sie von hinten hineinschlüpfen.
2004: Margaret Raspé: Arbeiten 1970–2004, Tübingen und Berlin, Ernst Wasmuth Verlag. Mit Texten von Walter Aue, Patrizia Bisci, Michael Haerdter, Christine Hoffmann, Herbert Lachmayer, Mechthild Rausch. ISBN 3-8030-3309-8.
1982: Blau Blühende Säulen und andere Texte. Margaret Raspé im Katalog Unbeachtete Produktionsformen, NGBK, Berlin
1982: Unterbrechungen: Treppe rauf-Treppe runter. Margaret Raspe in: Ästhetik und Kommunikation, Heft Nr. 47, Jahrgang 13, 1982: Weibliche Produktivität.
1974 Die Filme mit dem Kamerahelm, Hrsg.: Berliner Filmcoop, Das Andere Kino. Auflage 100 englisch, 100 deutsch, nummeriert und signiert.
Freiluft I, Freiluft II, Kataloge zweier Ausstellungen im Garten Rhumeweg 26, Berlin, 1991. Mit Texten und illustrationen von Christine Hoffmann, Werner Klotz, Giovanni Niccolini, Ann Noël, Qin Yufen, Margaret Raspé, Otmar T. Sattel, Peter F. Strauss, Nanaé Suzuki, Dagmar Uhde and Zhu Jinshi.
Publikationen über Werk und Künstlerin
1979: Film as Film, Katalog zur Ausstellung in der Hayward Gallery, London, UK
2016: Florida magazin #2. Ein Gespräch zwischen Florida und Margaret Raspé. /A conversation between Florida and the artist Margaret Raspé. (Maximiliane Baumgartner). Florida. Ein Kunstraum der Stadt München, 2016. deutsch/englisch 168 pages.