Madeleine Jeanne Lemaire (* 1845 in Les Arcs-Sainte-Roseline im Département Var als Madeleine Jeanne Coll oder Colle; † 8. April1928 in Paris)[1] war eine französische Malerin, Grafikerin und Salonnière. Die Künstlerin schuf Gemälde im Stil der Académie des Beaux-Arts und ist besonders für ihr Rosenstillleben bekannt. In dem von ihr geführten literarischen Salon verkehrten namhafte Adlige, Politiker und Künstler. Zu ihnen gehörte der Schriftsteller Marcel Proust, dessen Buch Les plaisirs et les jours sie illustrierte und der sie als Vorbild für eine seiner Romanfiguren wählte.
Die im südfranzösischen Les Arcs geborene Madeleine Lemaire kam 1857 im Alter von zwölf Jahren nach Paris, wo sie Unterricht in der Zeichenschule von Jeanne-Mathilde Herbelin (1820–1904) und bei Charles Chaplin nahm. Sie debütierte 1864 im Salon de Paris und stellte hier fortan regelmäßig ihre Werke aus, für die sie 1877 und 1900 Auszeichnungen erhielt. Zudem stellte sie ihre Arbeiten 1879 in der Société des Aquarellistes aus. Sie schuf Pastelle, Aquarelle, Zeichnungen und Gemälde, die neben Landschaften und Porträts auch Genrestücke im akademischen Stil zeigen und nach dem Vorbild der Kunst des 18. Jahrhunderts. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Blumenstillleben, wobei sie sich besonders der Darstellung von Rosen zuwandte. Robert de Montesquiou bezeichnete sie entsprechend als „l’impératrice des roses“ (Kaiserin der Rosen).[2] Zudem illustrierte sie Bücher wie Les plaisirs et les jours von Marcel Proust und L’Abbé Constantin von Ludovic Halévy oder Gedichte von Robert de Montesquiou.[3]
Der Proust-Biograf George D. Painter identifizierte sie als die Frau, die als eines der Vorbilder, wohl das wichtigste, für die äußere Erscheinung, die Umgangsformen und den Charakter der Madame Verdurin diente, einer bedeutenden Salonnière in seinem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.[3] Ihre Tochter Suzette Lemaire stand Édouard Manet für zwei Bilder Modell.[4][5] Madeleine Lemaire wurde 1906 in die Ehrenlegion aufgenommen. Dreißig ihrer Werke zeigte 2010 das Musée Marmottan Monet in Paris als Teil einer Ausstellung über Malerinnen in Zeiten von Marcel Proust.
Madeleine Lemaire: Un moment musical
Madeleine Lemaire: Roses
Madeleine Lemaire: Ophelia
Madeleine Lemaire: Phoebe
Madame Lemaire als Gastgeberin
Madeleine Lemaire gehörte zu den bedeutenden Gastgeberinnen der Belle Epoque. In ihrem Pariser Hôtel particulier in der Rue de Monceau Nr. 31 empfing sie Adlige, Politiker, Künstler und weitere namhafte Persönlichkeiten ihrer Zeit. Von April bis Juni eines Jahres lud sie jeweils am Dienstag in ihren Salon, wobei es sich hierbei weniger um aufwendig eingerichtete Räumlichkeiten handelte, sondern um ihr im Haus befindliches Atelier, in dem die Gäste ihre aktuellen Bilder begutachten konnten.[6][7] Neben der gepflegten Konversation gaben die anwesenden Künstler gelegentlich Kostproben ihres Könnens. So rezitierten Schriftsteller aus ihren Werken, der Pianist Harold Bauer (1873–1951) oder die Komponisten Reynaldo Hahn, Camille Saint-Saëns und Jules Massenet spielten am Klavier und die Ballerina Rosita Mauri tanzte vor den Anwesenden.
In den Sommermonaten empfing Madeleine Lemaire Gäste im Château de Réveillon an der Marne oder in einem Haus in Dieppe am Ärmelkanal, wo sie beispielsweise Marcel Proust und Reynaldo Hahn besuchten.
Werke in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)
Fleurs dans un vase à deux anses, Gouache, Louvre, Paris
Maître d'hôtel apportant une lettre sur un plateau, Zeichnung, Musée du Louvre, Paris
Portrait de femme, Zeichnung, Musée d'art d’archéologie et de sciences naturelles, Troyes
Stillleben, Gouache, Musée Louis Senlecq, L’Isle-Adam
Emmanuelle Levesque: Femmes peintres et salons au temps de Proust, de Madeleine Lemaire à Berthe Morisot. Ausstellungskatalog Musée Marmottan Monet, Hazan, Paris 2010, ISBN 2-7541-0454-2.
↑Geburtsname Coll und Sterbedatum und -ort gemäß AKL-Online, Geburtsname Colle und Geburtsort nach Inventaire de Département des Arts graphiques, Musée du Louvre. Als Geburtsdatum gibt das AKL neben 1845 alternativ den 28. Mai 1846 an.
↑André Germain: Les Clés de Proust. éditions Sun, Paris 1953.
↑ abDavid R. Ellison: A Reader’s Guide to Proust’s ‘In Search of Lost Time’. Cambridge University Press, Cambridge / New York 2010, ISBN 978-0-521-72006-9, S.12.