Maarten ’t Hart wurde als ältester Sohn des Totengräbers Paulus ’t Hart und dessen Ehefrau Magdalena van den Giessen geboren. Er wuchs in einer von strengem Calvinismus geprägten Umgebung auf und hegte bereits als Kind ein Interesse für Bücher. Von 1962 bis 1968 studierte er an der Universität LeidenBiologie mit dem Schwerpunkt Verhaltensforschung. 1973 veröffentlichte er eine Studie über das Verhalten von Ratten. Seine Doktorarbeit schrieb er über das Verhalten von Dreistachligen Stichlingen.[1] ’t Hart arbeitete von 1970 bis 1987 an der Universität Leiden als Dozent für Verhaltensbiologie.
1971 debütierte ’t Hart als Schriftsteller – zunächst noch unter dem Namen Martin Hart – mit dem Roman Stenen voor een ransuil. Er wurde von den Literaturkritikern gelobt, fand jedoch damals noch wenig Zuspruch bei den Buchkunden.[1] Ebenso geschah es bei seinem zweiten Roman, Ik had een wapenbroeder. Sein literarischer Durchbruch war sein erster Erzählungsband Het vrome volk („Das fromme Volk“).[1] Dafür erhielt er 1975 den Multatuli-Preis. Seinen ersten Romanerfolg erzielte er 1978 mit Een vlucht regenwulpen (dt. „Ein Schwarm Regenbrachvögel“). Er schrieb das Buch, in das seine Jugenderinnerungen einflossen, Anfang der 1970er Jahre, wartete jedoch mit dessen Veröffentlichung.[1] Binnen eines Jahres wurden in den Niederlanden mehr als 100.000 Exemplare verkauft,[1] 1981 wurde das Buch verfilmt.
’t Hart steht in der Tradition der realistischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Ihn interessieren weniger die Strukturfeinheiten des modernen Romans als die genaue und atmosphärisch dichte Beschreibung der ihm vertrauten Landschaft und der Menschen seiner Heimat. Viel von seinem Werk enthält autobiographische Elemente, seine Bücher sind überwiegend aus der Ich-Perspektive geschrieben. Ein wiederkehrendes Thema seines Werkes ist der Calvinismus. Einerseits löste sich ’t Hart am Ende seiner Studentenzeit davon und wurde überzeugter Atheist, andererseits bewahrt er damit verbundene Eindrücke wie die Erfahrung der Geborgenheit und die tiefe Wirkung der Kirchenmusik, zumal des Orgelspiels.[2] Weitere Leitmotive seiner Romane, Erzählungen und Essays sind die klassische Musik (vor allem Johann Sebastian Bach),[3] die unglückliche Liebe und die Natur.
Maarten ’t Hart gehört zu den beliebtesten Autoren der Niederlande. Seine Bücher wurden in viele Sprachen, u. a. ins Deutsche, Englische und Schwedische übersetzt. Er ist seit 1967 mit Anneke van den Muyzenberg verheiratet und lebt als Autor und Kolumnist auf dem „Teylingerhof“ im südholländischen Warmond bei Leiden.
Werke
Romane
als Martin Hart: Stenen voor een ransuil (= Steine für eine Waldohreule). De Arbeiderspers, Amsterdam 1971, ISBN 978-90-295-7953-7.
Ik had een wapenbroeder (= Ich hatte einen Waffenbruder). De Arbeiderspers, Amsterdam 1973, ISBN 90-295-1870-7.
Das Pferd, das den Bussard jagte. Übersetzt von Marianne Holberg. Arche, Zürich 2002, ISBN 978-3-7160-2295-5 (eine Auswahl von Erzählungen, die zwischen 1974 und 2001 in den Niederlanden veröffentlicht wurden, darin unter anderem Concerto Russe).
De moeder van Ikabod en andere verhalen. De Arbeiderpers, Amsterdam 2016, ISBN 978-90-295-0565-9 (18 ersichtlich autobiografische Erzählungen).[4]
So viele Hähne, so nah beim Haus. Übersetzt von Gregor Seferens. Piper Verlag, München 2019, ISBN 978-3-492-05913-8.
Autobiografie
Het roer kan nog zesmaal om. 1984.
Das Paradies liegt hinter mir. Meine frühen Jahre. Übersetzt von Gregor Seferens. Piper, München 2014, ISBN 978-3-492-05392-1.
Magdalena. De Arbeiderspers, Amsterdam 2015.
Magdalena. Eine Familiengeschichte. Übersetzt von Gregor Seferns. Piper, München 2015, ISBN 978-3-492-05718-9.[5]
Im Jahr 2009 wurde das Nationale Dokumentationszentrum Maarten ’t Hart (Nationaal Documentatiecentrum Maarten ’t Hart) in der Bibliothek von Maassluis eingerichtet. Alle vom Autor geschriebenen Werke, Hörbücher, Buchverfilmungen, Sekundärliteratur werden dort aufbewahrt. Die Website des Dokumentationszentrums liefert detaillierte Informationen wie Biografie, Bibliografie, Neuigkeiten rund um den Autor.[8]
↑ abcdeCarel ter Haar: Eine Jugend in Holland. In: Maarten ’t Hart: Ein Schwarm Regenbrachvögel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, S. 218–223, hier S. 218.
↑Carel ter Haar: Eine Jugend in Holland. In: Maarten ’t Hart: Ein Schwarm Regenbrachvögel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, S. 218–223, hier S. 219 und 221.
↑Carel ter Haar: Eine Jugend in Holland. In: Maarten ’t Hart: Ein Schwarm Regenbrachvögel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, S. 218–223, hier S. 221–222.