In den 1930er-Jahren unternahm Kohl-Larsen, teils im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zahlreiche Expeditionen, zum Beispiel in polare Gegenden und nach Ostafrika zum Volk der Hadzabe. 1934 begab er sich im einstmaligen Deutsch-Ostafrika auf die Suche nach dem „Urmenschen“. Im Gebiet des heutigen Staates Tansania fand er 1935 u. a. das Fossil Eyasi 1, das heute tatsächlich als früher anatomisch moderner Mensch (Homo sapiens) gilt. 1938/39 entdeckte er in Laetoli (Tansania) die ersten Knochen des später so benannten Australopithecus afarensis (u. a. das Fragment eines Oberkiefers, das sogenannte Garusi-Fragment, heute meist Garusi 1 genannt),[5] ohne sich über deren Bedeutung im Klaren zu sein und einen neuen Artnamen zu vergeben. Mit ein paar Teilen eines Kieferknochens versuchte er, wieder zurück in Deutschland, bei vielen Organisationen Geld für seine Forschungsarbeit in Ostafrika zu erbitten.
Kohl-Larsen war überzeugter Nationalsozialist, er war bereits zum 1. November 1930 der NSDAP beigetreten (Mitgliedsnummer 355.846),[6] und Kolonial-Revisionist; er versuchte zu beweisen, dass alle Menschen zwar einen gemeinsamen Ursprung hätten, jedoch die afrikanischen Völker auf dem Stand des „Urmenschen“ zurückgeblieben wären, während sich die „arischen“ Völker weiterentwickelt hätten. 1939 wurde Kohl-Larsen Professor für Völkerkunde an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Im Zuge der Entnazifizierung verlor er seine Professur, arbeitete aber ab 1949 wieder am Institut für Ur- und Frühgeschichte in Tübingen. Sein mehrere tausend Objekte umfassender Nachlass ist in der Kohl-Larsen-Sammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte bzw. des Museums der Universität Tübingen zusammengefasst.
Seine Heimatstadt Landau in der Pfalz ernannte ihn 1964 zum Ehrenbürger. Die Ehrenbürgerwürde wurde Kohl-Larsen aufgrund seiner „erheblichen nationalsozialistischen Belastung“ am 4. Juni 2024 vom Stadtrat postum aberkannt.[7][8]
Schriften (Auswahl)
Die Issansu, Ackerbauer und Viehzüchter im abflußlosen Gebiet Deutsch-Ostafrikas. Medizin und Kult. Veröffentlichung der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm. Reichsstelle für den Unterrichtsfilm, 1941
Auf den Spuren des Vormenschen. Forschungen, Fahrten und Erlebnisse in Deutsch-Ostafrika. 2 Bände. Strecker und Schröder, Stuttgart. 1943
Ludwig Kohl-Larsen: Das Elefantenspiel. Mythen, Riesen und Stammessagen. Volkserzählungen der Tindiga. Erich Röth-Verlag, Eisenach • Kassel 1956.. Eine Sammlung von Mythen der Hadzabe: Riesen, Origin der Ordnung in der Welt, Stammessagen, anekdotische Märchen.
Der große Zug nach Mitternacht. Eine Wanderung mit den Lappen zum Nördlichen Eismeer. Kassel 1958
Literatur
Cornelia Lüdecke: Kohl-Larsen, Ludwig 1884–1969. In: David Tatham (Hrsg.): The dictionary of Falklands biography (including South Georgia) : from discovery up to 1981. D. Tatham, Ledbury, Hereford 2008, ISBN 978-0-9558985-0-1 (englisch, falklandsbiographies.org).
Kohl-Larsen, Margit, in: Bettina Beer, Frauen in der deutschsprachigen Ethnologie. Ein Handbuch, Böhlau, Köln 2007, ISBN 978-3-412-11206-6, S. 124–127
↑Robert Headland: The Island of South Georgia. CUP Archive, 1992, ISBN 0-521-42474-7 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 21. März 2022]).
↑Kurt Hassert: Die Polarforschung. Geschichte der Entdeckungsreisen zum Nord- und Südpol. Wilhelm Goldmann Verlag, München 1956, S. 198.
↑Pierre-François Puecha, François Cianfaranic and Helga Roth: Reconstruction of the maxillary dental arcade of Garusi Hominid 1. Journal of Human Evolution 15/5, July 1986, S. 325–332,doi:10.1016/S0047-2484(86)80015-X.