Bereits im Alter von 9 Jahren nahm Louis Sclavis Klarinettenunterricht und spielte in einer örtlichen Blaskapelle, bevor er das Musikkonservatorium in Lyon absolvierte. Von 1975 bis 1988 schloss er sich dem Lyoner Musikerkollektiv Association à la Recherche d’un Folklore Imaginaire (ARFI) an und spielte mit so namhaften Gruppen der dortigen Szene wie Workshop de Lyon, Marvelous Band oder Marmite Infernale.
1982 gründete Louis Sclavis seine erste eigene Band mit dem Namen Le Tour de France, zusammengesetzt aus sechs Musikern aus ganz Frankreich. 1984 folgte sein erstes Soloalbum mit dem Titel Clarinets. Im selben Jahr begann er eine langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem KontrabassistenBruno Chevillon in einem Quartett mit François Raulin und Christian Ville. Diese Formation machte sich in den folgenden Jahren einen Namen als gefragte Festivalband. Gleichzeitig spielte er mit Jacques Di Donato und Armand Angster im Trio des Clarinettes.
Louis Sclavis ist seit den 80er Jahren einer der aktiven Kristallisationspunkte der französischen Jazzszene, gemeinsam mit so namhaften Künstlern wie Bruno Chevillon, Marc Ducret, Michel Portal, Yves Robert, Michel Godard, Dominique Pifarély oder Jean-Louis Matinier. Aus Kunstmusik und Volksmusik schmiedet Sclavis nach dem ARFI-Konzept der „imaginären Folklore“ eine leicht eingängige Musik, die rhythmisch geschickt verpackt, sowohl eine beschwingte Heiterkeit als auch eine tiefe Melancholie umfasst. Für sein Album Les Cadences du Monde (2022) arbeitete er mit den Cellisten Bruno Ducret und Annabelle Luis und dem Perkussionisten Keyvan Chemirani zusammen.[2]
1988 erhielt Louis Sclavis den Prix Django Reinhardt, eine Auszeichnung, die alljährlich an den besten französischen Jazzmusiker verliehen wird. 1990 folgte der British Jazz Award, und 1996 erhielt er den Nationalen Musikpreis des französischen Kulturministeriums. Sein Album Ellington on the Air wurde 1993 als bestes französisches Jazzalbum mit dem Django d’Or bedacht. Sein Album Sources wurde 2012 in die Vierteljahres-Bestenliste des Preises der deutschen Schallplattenkritik aufgenommen.
Zitate
„Es ist müßig zu erwähnen, dass Louis Sclavis’ Musik immer wieder dadurch besticht, dass sie keine amerikanischen Vorbilder kopiert und sich trotzdem eine Leichtigkeit bewahrt, die tief in dem Boden verwurzelt ist, in dem sie entsteht. Sclavis erfüllt alle Kriterien des Prädikats Jazz, und doch ist seine Musik nichts weniger als afroamerikanisch. … Der Klarinettist erreicht mit seiner Band ein Höchstmaß an motivierter Interaktion, die von gruppendienlichen Soli durchzogen wird. … Kein Solo findet nur um des Solos Willen statt, sondern alles hat einen vorbestimmten Platz im Ganzen.“
„Nirgends ist der Jazz lebendiger als an den Rändern. Von dort her erneuert er sich, und am Ende ist es gleichgültig, ob diese Musik am Ende noch so heissen wird – Hilfsbegriff war das Wort, das vielen seiner Protagonisten ein Unwort scheinen wollte, schon immer. Louis Sclavis ist dafür das jubelndste Beispiel.“