Diese Liste ist eine Auswahl bekannter kognitiver Verzerrungen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Da in vielen Beiträgen und auch in der Fachliteratur oft nur der englische Begriff verwendet wird, ist er ebenfalls aufgeführt.
Systematische Verzerrung bei der Urteils- und Entscheidungsfindung. Bewusst getroffene Wahlen werden von vorhandenen, auch irrelevanten Umgebungsinformationen bzw. Reizen (dem Anker) beeinflusst, ohne dass dieser Einfluss bewusst wahrgenommen wird. Die Entscheidung bzw. das Urteil werden systematisch in die Richtung der mit dem Anker verbundenen Assoziation verzerrt.[3]
Die Neigung, die Ursache für ein beobachtetes Verhalten zu oft in (feststehenden) „Charaktereigenschaften“ der handelnden Person und zu selten in den (variablen) Merkmalen der jeweiligen Situation zu suchen.
Auswirkungsverzerrung
Impact bias
Verzerrung bei der Gefühlsvorhersage (Affective Forecasting). Intensität und Dauer einer zukünftigen emotionalen Reaktion (z. B. Glücksgefühl oder Trennungsschmerz) werden überschätzt[4]
Bezeichnet die Neigung, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden.
Die Bevorzugung einer von zwei Optionen, wenn eine dritte Option (Köder) hinzugefügt wird, die einer der beiden Optionen in allen Belangen unterlegen ist.
Die Neigung, eine berufs- oder fachbedingte Methode oder Perspektive unbewusst über ihren Geltungsbereich hinaus auf andere Themen und Situationen anzuwenden.
Ein absolutes Denkmuster und eine kognitive Verzerrung, bei dem eine Person Dinge nur in zwei extreme Stufen bzw. Kategorien unterteilt und ignoriert, dass sich dazwischen noch eine Skala von Graustufen befindet. Daher wird auch vom „Alles-Oder-Nichts-Denken“ gesprochen.
Ein Verhalten, das durch die Tendenz gekennzeichnet ist, sich gegenüber einer früher getroffenen Entscheidung verpflichtet zu fühlen und weiter Ressourcen in sie zu investieren, obwohl sich diese Entscheidung bisher als ineffektiv oder falsch erwiesen hat.
Die Tendenz, etwas vermeintlich häufiger zu bemerken, nachdem es das erste Mal aufgefallen ist, was zum Glauben führt, dass das Betreffende auf einmal häufiger auftritt.
Die Neigung, selbst entworfenen oder zumindest selbst zusammengebauten Gegenständen im Vergleich zu fertig gekauften Massenprodukten mehr Wertschätzung entgegenzubringen.
Wenn Menschen, die mit einem Werkzeug (oder einer Vorgehensweise) gut vertraut sind, dazu neigen, dieses Werkzeug auch dann zu benutzen, wenn ein anderes besser geeignet wäre (auch: „Maslows Hammer“).
Das Nichtbeachten des Maßstabs eines Problems. Zum Beispiel erklären sich Menschen in einer Studie bereit, im Durchschnitt 78 US-Dollar für die Rettung von 20.000 Vögeln zu bezahlen. Werden sie hingegen zur Zahlungsbereitschaft zur Rettung von 2.000 Vögeln gefragt, kommt im Durchschnitt beinahe der gleiche Wert heraus.[13]
Die Tendenz zur nachträglichen Rechtfertigung eines Kaufes einer wenig sinnvollen Sache.
Projektionsfehler
Projection bias
Verzerrung bei der Gefühlsvorhersage (Affective Forecasting). Tendenz die eigenen Gefühle, Einstellungen und Glauben auf andere Personen oder sich selber in der Zukunft zu projizieren.
Die Annahme, dass unabhängige Ereignisse abhängig seien, sodass z. B. nach 21× Schwarz beim Roulette fälschlicherweise angenommen wird, dass die Wahrscheinlichkeit von Rot dadurch höher als 50 % sei.
Die Neigung, einen Trend zu extrapolieren, ohne ihn zu hinterfragen. Die Sicherheit wächst permanent mit dem Trend. Daher ist zum Zeitpunkt des Trendbruchs die Sicherheit am größten, ebenso wie der Schock über den Trendbruch.
Ein systematischer Urteilsfehler, der entsteht, wenn die Bewertung der Wahrscheinlichkeit (bzw. Häufigkeit) eines Ereignisses von den leicht verfügbaren Beispielen in unserem Gedächtnis oder von der Anzahl der verfügbaren Beispiele in unserem Gedächtnis geprägt ist. Beispiele, an die wir uns leicht erinnern, erscheinen wahrscheinlicher. Ein Ereignis erscheint wahrscheinlicher, wenn uns dazu viele Beispiele einfallen. Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeiten ist verzerrt.
Die Tendenz, Aussagen, die zuvor bereits gehört oder gelesen wurden, einen größeren Wahrheitsgehalt zuzusprechen als solchen, die erstmals gehört werden.
Wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit kleiner Risiken falsch eingeschätzt wird. Kleine Risiken werden entweder komplett ignoriert oder aber stark überschätzt.
Die Neigung, situative Hinweisreize zur Kausalattribution von Emotionen heranzuziehen.
Literatur
Rüdiger F. Pohl (Hrsg.): Cognitive Illusions: Intriguing Phenomena in Thinking, Judgement and Memory. 2. Auflage. Routledge, London (UK) 2017, ISBN 978-1-138-90341-8.
↑D. T. Gilbert, E. C. Pinel, T. D. Wilson, S. J. Blumberg, T. P. Wheatley: Immune neglect: A source of durability bias in affective forecasting. In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 75, 1998, S. 617–638, Online-Text (PDF; 2,5 MB).
↑Shari Jager-Hyman, Amy Cunningham, Amy Wenzel, Stephanie Mattei, Gregory K. Brown: Cognitive Distortions and Suicide Attempts. In: Cognitive Therapy and Research. Band38, Nr.4, August 2014, ISSN0147-5916, S.369–374, doi:10.1007/s10608-014-9613-0, PMID 25294949, PMC 4185206 (freier Volltext).
↑Carrie L. Yurica, Robert A. DiTomasso: Cognitive Distortions. In: Stephanie Felgois, Arthur M. Nezu, Christine M. Nezu, Mark A. Reinecke (Hrsg.): Encyclopedia of Cognitive Behavior Therapy. Springer US, Boston, MA 2005, ISBN 978-0-306-48580-0, S.117–122, doi:10.1007/b99240.
↑Martin Seager, John A. Barry: Cognitive Distortion in Thinking About Gender Issues: Gamma Bias and the Gender Distortion Matrix. In: John A. Barry, Roger Kingerlee, Martin Seager, Luke Sullivan (Hrsg.): The Palgrave Handbook of Male Psychology and Mental Health. Springer International Publishing, Cham 2019, ISBN 978-3-03004384-1, S.87–104, hier: S. 101, doi:10.1007/978-3-030-04384-1_5.
↑W. Michael Hanemann: Valuing the environment through contingent valuation. In: The Journal of Economic Perspectives. 1994, 8. Jg., Nr. 4, S. 19–43.