1872 wurde in Linden die Eisengießerei von A. G. Dickert[4] zur Herstellung von Gusswaren aller Art gegründet.[2] Daraus entstand zwischen 1873 und 1879 die Lindener Eisen- und Stahlgießerei[5] am „Bernhard-Caspar-Weg“.[6] 1887 wurde das Unternehmen umfirmiert in Lindener Eisen- und Stahlwerke AG.[2][3] Mitglied des Aufsichtsrates war unter anderem der jüdische BankierBernhard Caspar.[7]
Die großen Fabrikhallen am Lindener Berg zogen sich von der Badenstedter Straße bis zur Davenstedter Straße[8] und entlang der 1919 angelegten Bernhard-Caspar-Straße.[9]
Unter anderem wurden Hartzerkleinerungsanlagen sowie Kreisel- und Backenbrecher für die Zement- und Steinindustrie gefertigt sowie hydraulische Pressen.[10] 1892 wurde der Stahlformguss in die Produktionspalette aufgenommen. 1920 Armaturen aus eigener Fabrikation. Die wichtigsten Produkte waren Gussstücke für den Maschinenbau und den Schiffbau, Zahnräder bis zu einem Durchmesser von 6 Metern sowie Chromstahl und „LES-Hartstahl“ für stark beanspruchte Verschleißteile.[2]
Inzwischen markierten ab 1917 die beiden verbundenen Direktoren-Villen des Unternehmens in der Niemeyerstraße 16 und 17 den Beginn der Bebauung der dortigen südlichen Straßenseite.[5] Heute steht die Gruppe unter Denkmalschutz.[11]
Am 28. Februar 1932 kam infolge der Weltwirtschaftskrise „das Ende für die Lindener Stahlwerke“.[12]
Erst nach der Übernahme 1952 durch den KonzernPhoenix-Rheinrohr wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Nun wurden Fertigungsprogramme für den Bergbau entwickelt und der Stahlformguss für Zement- und Kalkwerke sowie Walz- und Hüttenwerke wieder aufgenommen. Zusätzlich wurde dem Maschinen-, Fahrzeug- und Schiffbau zugeliefert. Obwohl die Produktion insgesamt erfolgreich war, wurde die Fertigung in Hannover 1968 eingestellt.[2]
Kanal- und Gullydeckel
In den Straßen der Stadt Hannover finden sich vielfach noch unterschiedlich beschriftete Kanaldeckel und Gullys aus der Produktion des Unternehmens. Sie wurden in den 1890er Jahren und noch bis in das 20. Jahrhundert hinein mit den entsprechenden Jahreszahlen gegossen. Viele der Deckel sind durch den Straßenverkehr bis zur Unleserlichkeit „plattgefahren“, auf einigen Deckeln sind noch Anhaltspunkte auf das Datum der Anlage des jeweiligen Straßenabschnittes vorhanden.
Albert Lefèvre: Der Beitrag der hannoverschen Industrie zum technischen Fortschritt. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge 24 (1970), S. 187, 218f.
Paul Hirschfeld: Die Lindener Eisengießerei Bokelmann, Riechers & Comp. Kommandit-Gesellschaft in Linden vor Hannover In ders.: Hannovers Grossindustrie und Grosshandel, mit Unterstützung des Königlichen Oberpräsidiums und der Provinzialbehörden der Provinz Hannover herausgegeben von der Deutschen Export-Bank, Berlin, Leipzig: Duncker u. Humblot, 1891, S. 88; Digitalisat über Bayerische Staatsbibliothek
↑Foto des Kürzels an einem Relief über den Direktorenvillen
↑ abcdefWaldemar R. Röhrbein: Lindener Eisen- .... s. Abschnitt Literatur
↑ abAnm.: Davon abweichend werden die Jahre 1870 und 1873 als Gründungsjahre genannt; Quelle: Geschichte der Stadt Hannover… (s. Abschnitt Literatur), Tabelle 10, S. 378f. sowie Fließtext S. 379.
↑Anm.: Unklar ist derzeit, ob die Lindener Eisen- & Stahlwerke oder ein anderer Betrieb gemeint sind. Quelle: Waldemar R. Röhrbein, Klaus Mlynek (Hrsg.): Geschichte der Stadt Hannover: Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart…, S. 447, (online)